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[118] Ach, es ist keine Kunst, wenn Wald und Heiden

Und Berg' und Ströme, die dazwischen rollen,

Und Meeresfluten, die, im Sturm erschwollen,

Dazwischen brausen, dich von Liebe scheiden;


Doch eine Kunst ist's, eine Kunst zu leiden

Ist's, wenn von ihr nichts als dein eignes Wollen

Dich scheidet, und die stillen Wünsche sollen

Die Scheidewand zu überspringen meiden.


Ja eine Kunst ist's, über alle Künste,

In also freigewählter Selbstverdammung,

So fern von ihr zu sein in solcher Nähe,


In solcher Nähe, daß, wenn diese Brünste

Mein Haus hier setzen könnten in Entflammung,

Ganz gut aus ihrem obern Stock sie's sähe.


Quelle:
Friedrich Rückert: Werke, Band 1, Leipzig und Wien [1897], S. 118.
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