Achter Auftritt


[341] Vorige. Habakuk.


SOPHIE. Diese gemeinen Äußerungen hören zu müssen! Habakuk, ist mein Mann auf seinem Zimmer? Ist Malchen schon zu Hause?

HABAKUK. Der gnädige Herr ist schon wieder im Gartenzimmer, er hat sich selbst seinen Schreibtisch und seinen Stuhl hinübergetragen und geht mit sieben Ellen langen Schritten auf und ab. Ich versichere Euer Gnaden, ich war zwei Jahr in Paris, aber ein solcher Herr ist mir nicht vorgekommen.

SABINE im schwäbischen Dialekt. Nu da habe wirs, jetzt trau ich mich nicht in den Garte hinaus, er hat den Schlüssel von der Hofgartetür abgezogen. – Ich kann nicht koche –

SOPHIE. Nun so geh Sie durch das Gartenzimmer.

SABINE. Ja wer traut sich denn hinein? Wenn der Herr drinne ist? Da geh ich ja eher zu einem Leopard in die Falle. Er jagt ja alles hinaus. Wenn er in die Kuchel kommt, so wärs notwendig, ich schliefet unter den Herd.

HABAKUK. Nun ja, und da sind so schon so viel Schwaben unten.[341]

KUTSCHER. Mich kann er gar nicht leiden, ich muß mich immer unters Heu verstecken.

HABAKUK. Mich haßt er doch nur bis daher Zeigt den halben Leib. Er sagt, ich wär nur ein halbeter Mensch.

SOPHIE. Aber er beschenkt euch ja so oft.

SABINE. Ja aber wie? Er tut einem dabei alle Grobheiten an und wirft einem das Geld vor die Füß.

HABAKUK. Oh, da ist er noch in seinem besten Humor, aber neulich nimmt er seine goldene Uhr, ich glaub, er macht mir ein Präsent, derweil wirft er mir s' an den Kopf. Hochdeutsch. Ja, das sind halt Berührungen, in die man nicht gern mit seiner Herrschaft kommt, ich war zwei Jahr in Paris, aber das hab ich nicht erlebt. Zu was brauch ich zwei Uhren, ich hab meine Uhr im Kopf, aber am Kopf brauch ich keine.

SABINE. Kurz, in dem Haus ist nichts zu mache, wenn man nicht einmal in den Garten kann –

HABAKUK. Wie soll man denn da auf ein grünes Zweig kommen!

ALLE. Kurzum, wir wollen alle fort.

SOPHIE. Also wollt ihr eure Frau, die euch immer so menschenfreundlich gewogen war, so plötzlich verlassen, da ihr doch seht, daß sowohl ich als meine Tochter eine gleiche Behandlung zu erdulden haben? Ich kann euch nicht fortlassen, weil zwischen heut und morgen mein Bruder ankömmt, der vieles über meinen Mann vermag. So lange müßt ihr die Launen eures Herrn noch ertragen.

ALLE. Es geht nicht, Euer Gnaden, es ist nicht zum existieren.

SOPHIE. Nun, so nehmt dieses kleine Geschenk Sie gibt jedem einige Silberstücke. und stärkt eure Geduld damit, vielleicht geht es doch.

ALLE. Ach! Wir küssen die Hand, Euer Gnaden.

KUTSCHER. Wir werden halt sehen, ob wir auskommen können mit ihm.

HABAKUK. Solang wir mit dem Geld auskommen, kommen wir schon mit ihm auch aus.[342]

SABINE. Und wisse Euer Gnade, er wär nicht gar so übel, der gnädge Herr –

KUTSCHER. Ach gar nicht – wenn er nur anders wär.

HABAKUK. Freilich, das ist der einzige Umstand.

SOPHIE. Doch jetzt geht beruhigt an eure Geschäfte.

ALLE. Gleich, gnädige Frau.


Ab.


KUTSCHER. Euer Gnaden sind halt eine gscheide Frau. Ich sag immer, Euer Gnaden sind einmal ein Kutscher gwesen, weil Euer Gnaden so gut wissen, daß man einen Wagen schmieren muß, wann er fahren soll.


Lacht dumm und geht ab.


SABINE küßt ihr die Hand. Das ist wahr, Euer Gnaden sind eine Frau, die man in der ganzen Welt suche darf. Ab.

HABAKUK. Ich versichere Euer Gnaden, ich war zwei Jahr in Paris, aber ein Herz, wie Euer Gnaden zu haben belieben, das ist wirklich, wie man auf französisch sagt, nouveau!


Quelle:
Ferdinand Raimund: Sämtliche Werke. München 1960, S. 341-343.
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