Erster Auftritt

[511] Vorsaal in Flottwells Schloß. Mit Mittel- und vier Seitentüren, vorne ein Fenster. Dienerschaft in reichen Livreen ist im Saale beschäftigt. Einige tragen auf silbernen Tassen Kaffee, Tee, Champagner, ausgebürstete Kleider nach den Gemächern der Gäste. Fritz und Johann ordnen an. Ein Paar Jäger putzen Gewehre.

Chor.


Hurtig! Hurtig! Macht doch weiter!

Holt Champagner! Kaffee! Rum!

Bringt den Gästen ihre Kleider,

Tummelt euch ein wenig um.

Alles sei hier vornehm, groß

In des reichen Flottwells Schloß.


Im Hofe ertönen Jagdhörner.

Alle ab bis auf Fritz und Johann, welche ans Fenster treten.


FRITZ. Ja blast nur zu! Da könnt ihr noch lange blasen. Die Herrschaften sind erst aufgestanden. Heute wird es eine späte Jagd geben.

JOHANN. Das Spiel hat ja bis zwei Uhr gedauert.

FRITZ. Ja wenn sie nach dem Souper zu spielen anfangen! Da ist kein Ende.

JOHANN lachend. Aber heute Nacht haben sie den Herrn schön gerupft.

FRITZ. Ich kann mich ärgern, daß er so viel verspielt.

JOHANN. Warum denn? Er wills ja nicht anders. Die reichen Leute sollen die Langeweile bezahlen, die sie andern verursachen.

FRITZ. Ah, über den gnädgen Herrn ist nichts zu sagen. Das ist ein wahrhaft nobler Mann. Er bewirtet nicht nur seine Freunde, er unterstützt die ganze Welt. Die Bauern, hör ich, zahlen ja fast niemals eine Abgabe.[511]

JOHANN. Er hat mir nur zu heftige Leidenschaften. Wart, bis du ihn einmal in Wut erblickst. Da schont er weder sein noch eines andern Glück. Da kann alles zugrunde gehen.

FRITZ. Aber wenn er sich besinnt, ersetzt ers sicher dreifach wieder.

JOHANN achselzuckend. Ja! Wenns nur immer so fortgeht.

FRITZ. Wer ist denn der junge Mann, der gestern angekommen ist? Ein scharmanter Mensch.

JOHANN. Das weiß ich nicht. Das wird sich schon noch zeigen. Für mich gibt es nur zweierlei Menschen. Menschen, die Trinkgeld geben, und Menschen, die keines geben. Das bestimmt meine Dienstfertigkeit.

FRITZ. Ich finde, daß er sehr höflich ist.

JOHANN. Da wird er vermutlich sehr wenig geben. Wer mich mit Höflichkeit beschenkt, macht mich melancholisch. Aber wenn mir so einer einen Dukaten hinwirft und zuruft: Schlingel, heb ihn auf! da denk ich mir: Ha! welch eine Lust ist es, ein Schlingel zu sein!


Quelle:
Ferdinand Raimund: Sämtliche Werke. München 1960, S. 511-512.
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