Siebenter Auftritt.

[203] Baronin kommt aus dem Nebenzimmer, Sophie folgt.


BARONIN. Schweig! um Gottes willen, schweig! Du wirst mich noch anstecken mit deiner Raserei. Feuer gespien? Ist das nicht baarer Unsinn?[203]

SOPHIE. Ach, gnädige Frau, ob er grade wirklich Feuer gespien hat, will ich nicht beschwören, aber er hätte gewiß Feuer speien können, wenn er gewollt hätte. So ein gräßlicher Mensch. Er wurde immer größer, je länger er sprach; und ich denke, zuletzt wuchs er schon über die Bäume hinaus. Er sprach von nichts als von Mohren und Dämonen, von Mord und Todtschlag. Gott! Gott! was soll aus uns werden! Es ist gewiß eine ganze Bande, und die Beiden schlichen nur hinter dem Garten herum, um die Gelegenheit auszuspähen.

BARONIN. Du hast Recht – das ist sehr wahrscheinlich. Welch ein Unglückstag! – Auf den Director ist nicht zu rechnen. Schicke nach Till, – ich muß ihn sprechen.

SOPHIE. Ich will nach ihm schicken. Aber das ist nicht der rechte Helfer: ich kenne einen bessern.

BARONIN. Wen?

SOPHIE. Als ich vom Director kam, sah ich im Schwan am Fenster den Herrn Baron von Riedberg.[204]

BARONIN. Riedberg? – Wunderbar!

SOPHIE. Ihm müssen Sie sich anvertrauen; er wird Sie vertheidigen, bis zum letzten Blutstropfen; er wird sein Leben für Sie lassen.

BARONIN. Ich glaube selbst: – aber – es ist unmöglich. Womit könnte ich ihm diesen Dienst vergelten? womit, als mit der Erfüllung seines Wunsches? ja, mich seinem Schutze anvertrauen, hieße, ihm ein feierliches Versprechen geben.

SOPHIE. Nun, das sollen Sie ja auch, gnädige Frau.

BARONIN. Nimmermehr. Mein Leben ist Höherem geweiht.

SOPHIE. Heiliger Himmel! Menschenfresser und Seelen-Verkäufer stellen Ihnen nach, und Sie wollen sich einem Manne nicht anvertrauen, der Sie von ganzem Herzen und von ganzer Seele liebt, und der Ihnen doch auch nicht gleichgültig ist?

BARONIN. Wer sagt das?

SOPHIE. Ach, liebe gnädige Frau, wie sollte unsereins[205] das nicht merken? Nicht wahr, ich darf ihn her bitten lassen?

BARONIN. Nichts mehr davon! Es ist unmöglich!

SOPHIE. Unmöglich? Nun wenn Sie nicht reden wollen, so will ich reden. Ich gehe jetzt zu ihm, und entdecke ihm Ihre Noth, ich bitte ihn um Hülfe.

BARONIN. Unverschämte! dann komme mir nie wieder vor die Augen.

SOPHIE. Auch das. Aus mir mag werden, was da will; Sie sollen aber nicht Verderben.


Sie will gehen.


BARONIN sie haltend. Höre, Sophie, gutes Mädchen. Wolltest Du mir diesen tödtlichen Gram verursachen? Ich habe ich doch immer geliebt; dich mehr als Freundin, denn als Dienerin behandelt, Dich, wenn Du krank warst, eben so treulich gepflegt wie Du mich –

SOPHIE wirft sich weinend in ihre Arme. Ja, das haben Sie. – Helfe uns Gott!


Ein Bedienter tritt in.
[206]

BEDIENTER. Der Herr Baron von Riedberg – – –

BARONIN leise. O Himmel! Laut. Führe ihn hierher, und bitte ihn, einen Augenblick zu verziehn. Der Bediente geht. Ich muß mich sammeln.

SOPHIE. Ach, liebe gnädige Frau, überwinden Sie –

BARONIN. Um Gottes willen, schweig!


Sie geht in Nebenzimmer, Sophie folgt. Bald darauf tritt ein.


Quelle:
Ernst Raupach: Dramatische Werke komischer Gattung. Hamburg 1829, S. 203-207.
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