Eilfter Auftritt.

[32] Vorige. Der Burggraf, hinter ihm Theobald in der Kleidung eines kaiserlichen Kriegers, gefesselt und von zwei Trabanten begleitet.


BURGGRAF ein Schreiben emporhaltend.

Und Hochverräther!

Dies Blatt vom Löwen an den Sohn fand man

Bei diesem –


Überreicht das Schreiben dem Kaiser, indem er Theobald bezeichnet.


HEINRICH

Theobald, mein treuer Diener![32]

KAISER nachdem er das Schreiben gelesen.

Wie, der Löwe Meister schon des Rheins,

Und uns're Vorhut greift er tollkühn an?

THEOBALD.

Des Vaters That, sie blieb ihm fremd, ich schwör's!

HEINRICH.

Du mordest Deinen Sohn, o Vater!

KAISER.

Fürsten!

Jetzt gilt's zu halten Euren Schwur! – Trabanten,

Ergreifet ihn, dem Schwert ist er verfallen!

FÜRSTEN.

Nein, nicht das Schwert, die Fürsten werden sprechen,

Er ist ein Fürst! Ihn richtet unser Recht!

KAISER.

Nicht Euer Recht, zu groß ist sein Verbrechen!

HEINRICH.

Unschuldig bin ich! hier mein Haupt als Pfand!

KAISER.

Verfallen ist dein Haupt!

ALLE.

O Gnade, Herr!

[33] KAISER.

Wer's wagt für ihn zu sprechen,

Erzürnet unsre Macht!

Solch Majestätsverbrechen

Kann nur vollgültig rächen

Des Todes ew'ge Nacht!

KÖNIG zum Kaiser.

Nicht folge dem Verbrechen

So schnell die Todesnacht!

Erst muß ich an ihm rächen

Sein schmähliches Verbrechen,

Dann folge Bann und Acht.

IRMENGARD zu Agnes.

Er darf so schwer nicht rächen

Was heißes Blut vollbracht.

Nichts soll den Glauben schwächen!

Wenn alle Stützen brechen

Hält uns der Fürsten Macht.

AGNES.

Wer darf noch thöricht sprechen,

Daß dort ein Engel wacht?

Du willst, o Herz! nicht brechen?

Erstirb in Thränenbächen:

Ringsum ist Grabesnacht!

PHILIPP zu Heinrich.

Dein Weh ist mein Verbrechen;

Ich stieß Dich in die Nacht;

Doch höre mein Versprechen:

Den Kerker werd' ich brechen

Und wenn die Hölle wacht![34]

HEINRICH.

Nicht wird den Muth mir brechen

Des Kerkers finst'rer Schacht;

Doch daß in Thränenbächen

Ihr Auge nun wird brechen,

Ist mehr als Todesnacht!

BURGGRAF.

Wer's wagt für ihn zu sprechen,

Erzürnt des Kaisers Macht.

Solch Majestätsverbrechen

Kann nur vollgültig rächen

Des Todes ew'ge Nacht!

CHOR DER FÜRSTEN UND DEUTSCHEN RIT TER.

Kein Fürst wird das ertragen,

Was seinen Rechten droht;

Darf er zu richten wagen,

Die Fürsten nicht mehr fragen,

So ist's der Freiheit Tod!

CHOR DER UEBRIGEN.

Wie walten Schmerz und Zagen,

Wo Freude jüngst gebot,

Den Tag beschließen Klagen

Und neues Leid zu tragen

Weckt sie / uns das Morgenroth.

Ende des ersten Aufzugs.
[35]

Quelle:
Gaspare Spontini: Agnes von Hohenstaufen. Berlin 1837, S. 32-36.
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