Dritter Auftritt

[243] Klunte und Fortunatus.


KLUNTE. Glück zu, Herr Kapitänleutenant, Glück zu!

FORTUNATUS. Großen Dank, Mutter Klunte, großen Dank. Was bringet denn Ihr Guts?

KLUNTE. Was soll ich bringen? Ich wollte nur bei dem Herrn Kapitänleutenant vernehmen, ob des Herrn Grafens seine Sachen nicht etwan heute oder morgen wieder könnten eingelöset werden.

FORTUNATUS. Ja, Mutter Klunte, ich zweifele, ob es sobald wird sein können, denn mein gnädiger Herr ist itzt ganz nicht bei Gelde.

KLUNTE. Ei ei, das ist ein schlechter Trost.

FORTUNATUS. Ja, ich wollte Euch gerne helfen, wenn nur einige Möglichkeit da wäre.

KLUNTE. Mein Herr Kapitänleutenant, Er kann mir's nicht glauben, wie mich die Leute ängstigen, wo des Herrn Grafens Sachen stehen, sie kommen alle Augenblick zu mir in mein Haus gelaufen und geben mir die allerleichtfertigsten Wort.

FORTUNATUS. Die närrischen Leute haben ja Pfand genug für ihr geliehen Geld, und warum dringen sie denn so auf die Einlösung?

KLUNTE. Sie sprechen dieses: Die gesetzte Zeit wäre um, keinen Zins bekämen sie weiter, und also müßte auch das Wort gehalten sein.

FORTUNATUS. Das Wort gehalten sein? Als wenn sich ein großer Herr, wie mein Grat ist, solcher Lappereien halber eben an das Wort binden müßte. Ich dächte, sie könnten ja wohl noch ein acht oder vierzehn Tage warten.

KLUNTE. Das habe ich ihnen alles schon gesagt, sie wollen sich aber durchaus nicht weisen lassen,

FORTUNATUS. Und wenn sie nicht wollen, so müssen sie doch warten, bis mein gnädiger Herr Geld kriegt.[244]

KLUNTE. Davon habe ich ihnen auch gesagt, allein sie gaben mir zur Antwort: Das ließen sie wohl bleiben. Und wenn heute oder morgen der Herr Graf seine Sachen nicht wieder bei sie würde einlösen lassen, so wollten sie sie übermorgen entweder verkaufen oder auf den Trödel hängen.

FORTUNATUS. Ei, das wäre eine schöne Schraube, wenn meines Herrn seine versetzten Sachen sollten vertrödelt werden.

KLUNTE. Alleine, mein Herr Kapitänleutenant, was ist aber hierinnen zu tun?

FORTUNATUS. Hört, ich will mit Ihro Exzellenz, meinem gnädigen Herrn, aus der Sache reden. Kommt nur nach Mittage um zwei oder um drei Uhr vor sein Zimmer, da ist er zu Hause, und als dann sollt Ihr bei ihm Audienz haben.

KLUNTE. Es ist ganz gut, mein Herr Kapitänleutenant, ich will gleich hingehen und die Leute so lange vertrösten, bis ich mit dem Herrn Grafen selbst geredet hätte.

FORTUNATUS. Das tut, und saget denen Leuten, daß sie ohne Vorbewußt meines Herrn kein Getrödele mit seinen Sachen vornehmen sollten, oder mein gnädiger Herr würde sie auf öffentlicher Gasse in den Bock spannen lassen.

KLUNTE. Ganz wohl, mein Herr Kapitänleutenant, ich will gleich hingehen und nach Mittage um zwei oder drei Uhr dem Herrn Grafen aufwarten. Gehet ab.

FORTUNATUS. Das könnt Ihr tun. Ich weiß auch nicht, wie mein gnädiger Herr ist, daß er vor gar nichts sorget. Er bekömmt doch so manchen schönen Dukaten und so manch schönes Kleid von Ihrer Königlichen Majestät geschenket, allein es ist ihm so viel nütze als den Kindern ein spitziges Hölzchen, denn es weiß kein Henker nicht, wo er das Geld alle hintut. Er hat zwar auf meine Rekommendation einen Kammerjungen angenommen, welchen er nur seinen Hausdieb nennet. Derselbe Vogel hat ihn auch schon so viel verschleppt, daß er den Galgen wohl zehenmal verdienet hätte, und mein Herr Graf ist so gnädig und sagt der Kröte deswegen[245] nichts; ja er heißt's ihn vielmehr, als daß er's ihn verbieten sollte. Ich will noch gerne sehen, wie er künftig den Staat fortführen will. Das Kostgeld fällt auch nicht allemal richtig, einen Diener nach dem ändern nimmt er an, und wundert mich nur, daß die bravsten Leute von der Welt bei ihm so gerne in Diensten sein wollen. Ich will mich meiner Qualitäten halber zwar nicht rühmen und es meinem Herrn Grafen auch nicht vorgeworfen haben, dennoch aber muß er selbst gestehen, daß ich ihn vor etlichen Jahren unter den Lüneburgischen kommandieret habe. Er war anfänglich mein Musketier, hernach mein gefreiter Korporal, und ich war sein Fähndrich. Itzund aber ist er mein gnädiger Herr, und ich bin sein getreuer Kapitänleutenant. Was er itzund mir befiehlt, das muß ich tun. Ich kann aber sagen, daß ich alle Libertät bei Ihrer Exzellenz und Hochgräflichen Gnaden habe, und was er seinen geheimbden Räten nicht wissen lassen will, dasselbe vertrauet er mir. Warum? Er weiß wohl, daß sein Herr Kapitänleutenant verschwiegen ist.


Quelle:
Christian Reuter: Werke in einem Band. Weimar 1962, S. 243-246.
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