29. De Reknung ahn Wirt

[271] »Gu'n Morgen, Herr Avkat, mi is dor wat passiert,

Mi hett dor up de Strat so'n unverschamtes Dirt

Von Köter in de Beinen beten

Un mi en Stück ut mine Büxen reten.

Dat is 'ne ganze nige Hos',

Un ick wull Sei doch blot man fragen,

Ob ick den Kirl nich künn verklagen,

De so'n betschen Hund lett los'

Hir up de Straten rümmer gahn?«

»Gewiß, mein lieber Freund, das können Sie,

Der Eigentümer von dem Vieh,

Das Ihnen solches angetan

Und Ihre Hose riß in Fetzen,

Muß Ihnen selbige ersetzen.«

»Süll'ck woll drei Daler föddern känen?«

»Gewiß, das können Sie! Für diese schönen

Und neuen Hosen ist das nicht zuviel.«

»Na, Herr Avkat«, seggt Möller Thiel,

»Denn geben S' man drei Daler her,

Wil't Ehr oll Köter wesen ded.«

»Mein Hund? – Mein Pollo biß Sie in die Waden?

Nun gut! Ich glaub's und stehe für den Schaden:

Hier sind drei Taler für die Hosen,

Was Recht ist, muß als Recht bestehn,

Und sollt die Welt in Stücken gehn!«

De Möller lacht so recht gottlosen

Un denkt: Den hest du richtig namen!

Strickt sick dat lütte Geld tausamen

Un will gehursamst sick empfehlen.

»Halt, lieber Freund!« seggt de Avkat,

»Ich kann es Ihnen nicht verhehlen,

Daß in beregter Sach' für Müh und guten Rat

Drei Taler sechzehn Groschen mir gebühren.

Man wedder rut mit de drei Daler[272]

Un sößteihn Gröschen bi geleggt!

Denn kümmt de Sak irst richtig t'recht.

Recht, Fründting, möt as Recht bestahn,

Un süll de Welt in Stücken gahn!«

Quelle:
Fritz Reuter: Gesammelte Werke und Briefe, Band 2, Rostock 1967, S. 271-273.
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