37. Du dröggst de Pann weg

[290] Wenn einer sick 'ne Fru hett fri't,

Denn kümmt tauirst 'ne schöne Tid,

Un »Stutenwochen« nennt man sei;

Doch wohrt dat gor nich all tau lang,

Mit einmal is de Pott intwei,

Un ein kümmt in so'n Äwergang,

Wo Mann un Fru dat beid probieren,

Dat Rug' nah buten rut tau kihren,

Un wo sick dat d'rüm handeln deiht,

Wer woll de Hosen anbehöllt,

Un hett sick dat denn rute stellt,

Denn kümmt, wenn't gaud geiht, Einigkeit.[290]

De junge Schaustermeister Hank

Un sine Fru, geburne Brümmer,

De wiren in den Äwergang

Un streden sick recht nüdlich rümmer.

»Korlining«, seggt de Schauster, »hüt

Künnst uns woll mal Pannkauken maken,

Ick heww dorup so'n Appetit«,

Un ward dorbi ehr äwerstraken.

Doch Lining schüwwt sin Hand taurügg.

»Dat geiht hüt nich,

Du quälst di nich un hest gaud snacken;

Worin sall ick den Kauken backen?

Ick heww kein Pann.«

»Ih«, seggt de Mann,

»Du kannst jo nah Fru Schulten gahn,

De hett uns ehr jo ümmer dahn.«

»Un wer bringt s' ehr denn wedder rümmer?«

Fröggt em Korlin, geburne Brümmer,

»Oll Schultsch, de lurt dor orndlich up

Un seggt, dat sei nahgradens einen

Pannkauken kreg för't Pannenleinen.

Ne, du kriggst hüt Pantüffelsupp.«

Sei striden sick, sei kiben sick

Un schellen sick twei breid, twei lang,

Un schadt ok nich, so helpt ok nich,

Denn sei sünd in den Äwergang.

Na, endlich, as s' nich anners kann,

Dunn geiht de Fru un halt de Pann;

Doch bi dat Backen brummt sei ümmer

För sick: »Ick bring' s' nich wedder rümmer.«


De Kauken is nu t'recht, schön knusperig;

De Schauster frett denn lästerlich,

Doch as hei bi den letzten kümmt,

Dunn röppt sin Fru: »Holt! Desen einen,

Den kriggt oll Schultsch för't Pannenleinen.«[291]

»Ih, wo«, seggt Schauster Hank, un nimmt

Den Kauken sick, »Korlining, segg!

För de oll Zanzel ok noch Kauken?

Ne, ganz allein upfreten dau'ck en.«

Un putzt den letzten ok noch weg.

»So«, seggt Korlin, »nu kannst du s' rüm besorgen,

För mi steint s' hir bet äwermorgen.«

»För minentwegen steiht s' en Johr.«

»För minentwegen steiht s' en por.«

»För mi in alle Ewigkeiten.

Nu holl din Mul, ick will nicks wider weiten.«

»Min Mul? Min Mul? Hest du mi reden heiten?

Wo? Du willst mi den Mund verbeiden?«

»Wiw! Du entfamtes! Willst du swigen,

Sall ick mi irst den Spannreim kriegen?«

»Ick swigen? Oh, ick kann woll swigen,

Doch du möst ümmer zaustern, snacken;

Wenn ein di ok all unner hett

Un sinen Bein up't Mul di set't,

Denn bittst du em noch in de Hacken.«

»Dat will'ck di wisen«, seggt de Mann,

»Ick wis' di, dat ick swigen kann.

Ick künn nich swigen? – Dat wir slimm!«

»Schön«, seggt Korlin, »de Wedd, de gelt!

Un wer tauirst dat Mul nich höllt,

De bringt oll Schultsch de Pann herüm.«

Un halt ehr Spinnrad sick hervör

Un lacht ingrimmig vör sick her –

»Haha, haha!« – un spinnt un deiht

All'ns in de schönste Zornigkeit.


Un nu de Schauster, wo hei treckt!

As müßt't em doch tauletzt gelingen,

Mit Pickdraht sinen Grimm tau dwingen.

Doch kein von ehr ein Würdken spreckt.

Nu fängt Korlining an tau singen:[292]

»Ra-derida lallal-lallal-lallah!«

Un lacht denn wedder: »Haha, haha!«

Dat lett de Schauster sick nich beiden,

Hei fängt nu lustig an tau fläuten:

»Fü-terü-terü tütü-tütü-tütüh!«

Un't ward dor in de Schausteri

Nu so en idel lustig Lewen,

As hadd't mindag nich Strid dor gewen.

Korlining lacht un singt un deiht,

Dat Spinnrad snurrt, de Schauster fläut't

Un kloppt den Takt mit sinen Hamer,

Hui! pfeift de Pickdraht hell dortwischen,

Un't is 'ne Lust dor in de Kamer!

Un ümmer wedder los von Frischen!


De Dör geiht up, ein Herr kümmt rin.

»Mein lieber Meister Hank, ich bin

In gräßlicher Verlegenheit,

Ich hab den Stiefel mir zerrissen,

Sie werden mir ihn flicken müssen,

Doch, Meister, gleich, ich hab nicht Zeit.«

De Schauster lett sin Schausteri –

»Fü-terü-terü tütü-tütü-tütüh!« –

Un winkt den Herrn, dat süll gescheihn,

Hei wull den Stäwel runne teihn.

De Herr, de seggt: »Antworten Sie,

Woll'n Sie mir gleich den Stiefel flicken?«

De Schauster fläut't sin Melodi:

»Fü-terü-terü tütü-tütü-tütüh!«

Nickt mit den Kopp un ward sick bücken

Un kriggt den Herren bi den Bein,

Den Schaden irst mal nahtauseihn.

»Na, dauert's mir auch wohl zu lang?«

De Schauster äwer bliwwt dorbi:

»Fü-terü-terü tütü-tütü-tütüh!«

»Mein Gott, mein lieber Meister Hank,[293]

Was heißt denn dies? Was haben Sie?«

De Schauster kickt, de Schauster nickt,

Sitt up den Hüker, pickt un flickt,

Doch Antwurt, ne, de giwwt hei nich,

Doch fläuten deiht hei meisterlich.

De Herr up sinen einen Socken,

De wend't sick nu an uns' Korlin:

»Süll hei verrückt woll worden sin?«

Korlin steiht up un schüwwt den Wocken

Bi Sid un lacht: »Haha, haha!

Ra-derida rallal-lallal-lallal-lah!«

De Herr, de seggt, de Herr, de fröggt,

Ob sei em woll kein Antwurt gew?

Doch all ümsünst, je ja, je ja!

Sei kloppt sick von de Schört de Schäw.

»Ra-derida rallal-lallal-lallal-lah!«

De Herr, de weit nich, wat dat heit,

Hir de Gesang, un dor de Fläut.

Na, endlich fängt hei an tau lachen.

»Was«, seggt hei, »ist dabei zu machen?

Hier herrscht ja solche Lustigkeit,

Da wird gepfiffen, hier gesungen,

Warum nicht auch herumgesprungen?«

Korlin, de was en smuckes Wiw,

Hei sleit den Arm ehr üm dat Liw,

Un nu geiht't los, hest nich geseihn!

Up Socken mit den einen Bein.

De Schauster reistert, neiht un neiht,

Un ümmer düller geiht sin Fläut:

»Füterü-terü-tütü tütü-tütüh!«

Un sine Fru, de singt dortwischen:

»Raderida rallal-lallal-lah!«


Un wedder danzen s' rüm von Frischen,

De Schauster kickt in Arger nah,

Doch hett hei noch kein Würdken spraken.[294]

Nu ward de Herr Korlinen straken,

Wo brennt de Hüker unsen Schauster!

Wo nörrickt hei herüm, wo haust'e!

Wo smitt hei mit dat Warktüg rüm

Vör luter Arger un Verdruß!

Swabb! giwwt de Herr Korlin en Kuß,

Dunn springt de Schauster up in Grimm.

»Dor sall en Dunner rinne slagen!«

Dunn dreiht sin leiwe Fru sick üm:

»Du möst de Pann herümmerdragen!«

Quelle:
Fritz Reuter: Gesammelte Werke und Briefe, Band 2, Rostock 1967, S. 290-295.
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