57. Schön Dank!

[343] In Drömsacht lewt vör Johr un Dag

En Kopmann Bäuk; was ok Ökonomus

Dor bi de Kirch, dat hei nah'n Rechten sach.

Doch nennt kein Deuwel em »Ökonomus«,

Kamm Bur un Börger bi em taum Besäuk,

Denn säden s': »Morg'n, Herr Komes Bäuk!«

Uns' Komes Bäuk bedrew ok Ackeri,

Un wil sin Hofrum knapp man wesen ded,

Führt hei sin Wagens för sin Dör

Up apen Mark un let s' dor stahn.

Dat wull'n sei eig'ntlich nich recht liden,

Doch in de ollen gauden Tiden

Hett nümms em dorüm grot wat dahn,

Denn wenn de Herr'n von'n Magistrat

Des Abends von den Keller kemen,

Denn gung'n sei 'ne ganz anner Strat,

Wo sei meindag nich Schaden nemen,

De Knipers kregen ehren Snaps

Un nemen't denn nich so genau

Un deden hübsch de Ogen tau,

Un lep en annern dummen Taps

Des Abends up den Distel rup,

Denn säd uns Komes Bäuk: »Dauh Hei de Ogen up!«


Nu is't in Drömsacht anners word'n:

Mit Fuhrwark un mit Wagens is dat dull,[343]

De stahn nu unner streng Kuntrull,

Nu ward'n an jeden Sünndagsmorg'n

De Straten spunnt mit Stricken un mit Keden,

Dormit de Framen känen beden,

Dormit ehr jo bileiw nicks stürt;

Un wenn wer Frömds hendörch passiert,

De möt denn dörch dat Scheperhürn

Un dörch de Arm- und Bein-Strat führ'n.

't is beter, dat ein Arm un Bein riskiert,

As dat sin Jammern äwer'n slichten Damm

Un sihn Gestähn so'n säutes Gotteslamm

In sine frame Andacht stürt.


Na, as ick seggt, dunn süll dat ok nich sin,

Dat Nachts en Wagen för de Dören stünn;

Un, as ick seggt, was't mal gescheihn,

Bi Komes Bäuk würd dörch de Fingern seihn.

Na, einmal 's Winterabends lat

Geiht Unkel Rühl – wer hett em kennt?

Gelgeiter Rühl, dor ut de Achterstrat –,

Ward Unkel Rühl dor rümmer bistern

Un torkelt up den Mark herüm un rönnt

Up einen Distel los in'n Düstern

Vör Komes Bäuken sine Dör.

Hei wringt sick irst nu hen un her

Un riwwt un drückt un kned't de Mag',

Doch endlich geiht hei in den Laden

Un seggt: »Herr Komes Bäuk, ick bün

Sihr in Verlegenheit üm eine Sag',

So'n oll lütt Handsag' blot – up ein Minut;

Ick bring' Sei s' glicksten wedder rin.«

Hei kriggt de Sag' un geiht nu rut,

Un as't en beten her deiht sin,

Dunn kümmt hei rinne in de Dör

Un slept wat Sweres achter her.

»So, Herr, hir is de Sag ok wedder,[344]

Un hir legg ick den Distel nedder,

Den kän S' as Kaffeeholt verbrennen:

Nu kann doch kein mihr mit sin Mag'

Up den verdammten Distel rönnen.

Adjüs! Schön Dank ok för de Sag'!«

Quelle:
Fritz Reuter: Gesammelte Werke und Briefe, Band 2, Rostock 1967, S. 343-345.
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