Falsche Friedes-Hoffnung

An seinen Herrn Rüstigen.

[30] Zu dem Abzug hör Jch blasen der Trompeten Freudenschall /

Es erklingt in meinen Ohren des erwünschten Friedenshall.

Jch erseh' / als mich bedünkt / Bilder in Trompeten Fahnen /

Die uns auff verblühmte weis' an die Friedensfreude mahnen /

Dieses ist der Kasten Noe / der sich durch die Wellen schwingt:

Dieses ist die weisse Taube / so des Oelbaums Blätter bringt.

Nun / des Höchsten hohe Huld zeigt der bunte Regenbogen /

Welcher ohne Pfeil und Sehn' ist Opalfarb auffgezogen /

Und beglaubet uns den Frieden. Niemand sol erscheinen leer;

Sondren alle GOtt zu danken Opfergaben bringen her.

Rüstig / Rüstig Einer komt / der und Jenner lässig säumet /

Ach! wie trügt der falsche Wahn / es hat leider mir geträumet!


In Nürenberg schrieb dieses

Der Spielende

Klage und hertzlicher Friedens-Wunsch

über das Nothleidende Teutschland.

Sol dann unsre gantze Zeit

unter solchen Kriegeswaffen /

Unter welchen Sie bereit

grau geworden / gar entschlaffen?[30]

Wil der Fried' im Werden sterben /

Und in der Geburt verderben?

Dann Saturnus seinen Kreiß /

Den Er einmahl durch gegangen

Über unser Blut und Schweis /

Hat schon wieder angefangen.

Jst dem Schwerd / das uns verletzet /

Dann so gar kein Ziel gesetzet?

HERR / dein Wort und freie Kunst

Hat bei frechen Kriegeswaffen

Wenig Platz und schlechte Gunst /

Laß den Krieg doch einst entschlaffen /


Laß die Spiesse Spaden werden

Zu erbauen Hoff und Erden.

Ach erhör doch unsern Rist /

Der an statt des Vaterlandes

wünschend auffgetreten ist /

Denke doch des Liebes-Bandes

Durch das an dir hängt ein jeder /

Und gib uns den Frieden wieder.


Seinem hochgeehrten Herrn

Risten übersendet dieses

von Gottorff

M. Adamus Olearius,

Hoch Fürstl. Gottörffischer

bestalter Hoffmathematicus.

An das Unempfindliche Teutschland.

O Wehrtes Vaterland / wie wirst du doch verheeret!

Es ist dein Mark und Bein auff weinig noch verzehret /[31]

Dir / dem das Edle Gut / der güldne Fried' entbricht /

Und du / O Teutsche Welt / empfindest diß noch nicht?

Mein hochberühmter Rist der weisets ja mit Spielen;

Du fühlest zwahr die Noht / und wilst sie doch nicht fühlen /

Ach stürtze Thränen aus / stimm' an dein Klagelied:

Mein GOtt / Erhöre mich / gib Friede / Friede /Fried!


Seinem hochwehrten Freunde und

Brudern schrieb dieses zum Jork

M. Frantz Müller.

Johannesrjstjvs /

Prediger Göttliches Wohrtes zu

Wehndel an der Elbe / und vom Käyserlichen

Hofe aus Edelgekröhnter

Poeta.

Durch richtigen kurtzlangen Letterwechsel.

O / ohne Kampf hat Ewre Kunst /

Und alles das Jhr nur gedichtet /

Geist / Loob / Ansehen / Preyß / je Gunst

Trotz! Neid vool were / der es richtet.


Erklärungs-Sonnet

An den

Edlen und Weltberühmten

Herrn Risten.

Bei Tugend ist der Neid / der / was Sie thut / vernichtet

Durch Mißgunst angereitzt. Doch einen tapfren Muht[32]

Er niemahls unterdrükt / weil für sein höchstes Guht

Er GOtt und Kunst erwählt: Wie diesem Jhr verpflichtet

Mit Treü und Ernst / Herr Rist / So das Jhr nur gedichtet /

Auch Ewre Kunst / und was Jhr sonsten lehrt und thut /

Hat ohne Kampf / auch wol / bei hohem Fürsten Bluht

Lob / Preiß / Ansehen / Gunst. Trotz deme /der es richtet /

Der wäre Neides vool; Was für ein hoher Geist

Jn Eüch sich regt / ohn was Jhr sonsten schreibt / beweist

Was Jhr dem Käyser singt / und was Jhr uns zu Schauen

Jm Friedenwunsch fürtragt / den Teutschland sehnlich bringt

Durch Eure Kunst jtz für. Wahr bleibt es was Jhr singt /

Herr Rist / hat Lob und Geist; Aus dem wir uns erbauen.


Das Elende und Jämmerliche

Teutschland beklaget seinen

zerrütteten Zustand.

Ach Jammer! Jammer! Noht! Ach! wie hat mich gestürtzet

Der jehe Glükkesfall und unverhofft verkürtzet

Mein Himmelbreites Lob! Jch war der Helden Ohrt /

Der grossen Völker Hauß / bei mir war fohrt und fohrt

Der Tugend Sitz und Stell. Jch war der Schätze Kammer /

Jtz ist mein Überfluß nur lauter Noth und Jammer /

Vor war Jch Herr / jtz Knecht / vor eine reine Magd;

An meine Jungfrauschafft Gewalt sich jtz gewagt /

Die führt das Regiment / Der muß Jch / Ach! herhalten

Und über mich / O Pein! die Fremden lassen walten

Die gantz zergliedern Mich. Daß / wo Jch wende hinn

Mein' Augen / seh' Jch Noth und Elend zuem Gewinn /

Beinahe gahr den Todt. Jch bin in steter Straffe[33]

Vielleicht nicht ohne Schuld: Wie / wenn der Wolff die Schaaffe

Der Geyr das Huhn zerreist; So handelt itz die Welt

Mit mir / der stost mich hin / der Ander dort mich hält

Und muß Jhr Schauspiel seyn. Ach! Ach! Die Zier der Alten

Jst mit Gewalt geraubt! Sol Jch nicht gar erkalten

Und gantz zu drümmern gehn / so endre meinen Stand

O GOtt! Du kanst es thun und gib uns Fried' im Land'!

Gib daß Auffrichtigkeit an statt der Falschheit wohne

Bei mir / wie Ja geschehen. Ach HERR / Ach HERR verschone

Doch meiner endlich noch! Laß seyn für Zwang und List

Die Freiheit / wie mir wünscht mein Treuer Teutscher Rist.


Seinem hochwehrten Herren und Freunde

übersendet dieses von Gerdau aus dem

Fürstenthum Lüneburg am 1. Tage des

Herbstmohnden 1647.

Bartholomeus Bohte /

Perdiger Göttliches Wohrtes

daselbst und Gekröhnter

Käyserlicher Poet.


O Wehrtes Vaterland / daß du so gar zerstöret /

Und von dem grimmen Mars auffs ärgste bist verhehret /

Daß deine Städte so erbärmlich seyn verderbt /

Und was von deinem Volk du vormahls hast geerbt

Geworden ist zutheil der fremden Völker Schaaren /

Die ja für diesem nicht bey dir zu finden waren:

Daß deine Freyheit weg / und dieses Edle Landt

Das vor in aller Welt das beste ward genandt /[34]

Umb allen seinen Schmuk und Herrligkeit gekommen

Daß seine Frewde ist so gahr hinweg genommen /

Dies alles mein Gemüht und Sinne also kränkt

Daß es mich offtermahls in tieffsten Unmuht senkt.

Dennoch was ist zuthuen / der Höchster hat zerschlagen /

Und dir o Armes Land auffbürdet viele Plagen /

Es ist der Sünden Schuld / es ist der Sünden Lohn /

So billich dich gebracht in solchen Spott und Hohn.

Doch der dich bloß gemacht / der kan dich auch wol zieren /

Und dein verjagtes Volk zu hause wieder führen.

Es wird doch noch geschehn / daß Ehre / Güte / Trew;

Ja Redligkeit und Fried' in dir wird werden new.

Der Allerhöchster wird nach seufftzen / heulen / weinen /

Und nach dem Ungemach die Sonne lassen scheinen

Den Frieden geben uns / und nach so vielem Leyd'

Uns überschütten gantz mit dessen Liebligkeit.


Dieses wünschet dem auff den eussersten

Grad außgesogenen und nach

Friedeseufftzenden Teutschlande von

grunde seines Hertzens

Georg Reiche.

Auff das SchauSpiel des hochbedrängten Friedeseufftzenden Teutschlandes.

Von meinem hochgeehrten Herren Risten beschrieben.

Du Menschen Freund / Du FriedeFürst / HERR Jesu dich erbarme[35]

Des hochbedrängten Teutschen Reichs! Greiff in die starken Arme

Den Friedenstürmern / daß sie doch das wehrte Christenbluht

So grausam nicht vergiessen mehr! wünsch Jch / wie Rist hier thut.


Joachimus Pipenburg /

Gerichts-Sekretarius

der Stadt Lüneburg.

Kling-Gedichte

An das schlaffende Teutschland.

Wje / Teutschland / schlaffst du noch? ô aller Länder Trohn;

(Ach leider vormahls zwar) Auff! Auff! du hast geschlaffen

Fast mehr dann allzuviel / ergreiff noch itzt die Waffen /

Es ist sehr hohe Zeit: Du bist ein Spott und Hohn

Der Leute / der dir stehn nach deinen Sitz und Thron:

Wirst du sie nunmehr nicht aus deinem Reiche schaffen /

Sie drükken dich zu todt / aus Liebe / wie die Affen

Die Jungen manchesmahl; ô schone deiner / schon!

Und so du ja nicht mir wilt glauben oder trauen /

So komm' Herr Ristens jetzt sein Schau-Spiel anzuschauen /

Das Er mit grossem Ruhm dir hat vortragen lassen

Jn Hamburg öffentlich / da kanstu sehen recht

Wie andre Herren sind / du aber nur ihr Knecht.

Wer nicht ein Midas ist / wird Herren Rist nicht hassen.


Seinem höchstgeehrten Herrn und vornemsten

liebwersten Freunde zu

Ehren setzete dieses aus

Schuldigkeit

Michael Jacobi.[36]

An den mißgünstigen

Neidhard.

1.

Neidhard man hat schon vernommen /

Daß du kommen

Nattren Gifft und bittre Gall

Außzugiessen überall:

Doch halt' ein /

Hier ist klahrer Augenschein.


2.

Dieses Buch dich überwindet /

So dir bindet

Deine Zunge / daß fortann

Dir mißtrauet Jedermann /

Drum halt ein

Dieses kan Beweißthum seyn.


3.

Daß du vielmahls Rauch verkauffest

Jmmer lauffest

Herren Rist zu geben ann /

Solches weis der Grosse Mann /

Doch halt ein

Unschuld lindert Jhm die Pein.


4.

Zwahr / wenn Jch bei mir bedenke

Solche Renke

Welche Neidhard immer fohrt

Schmiedet fast an allem Ohrt /

Find' Jch kaum

Meiner Rede Sinn und raum.
[37]

5.

Ach! Jch werde gantz verrükket

Und entzükket

Wenn Jch höre / daß Herr Rist

Abermahl belogen ist.

Lügen sind Anders nichts als Rauch und Wind!


6.

Bei dem Himmel / kan Jch sagen

Ohne fragen /

Daß der all zu Teutsche Rist

Gahr zu sehr verleumdet ist

Kan auch fein

Seiner Unschuld Zeüge seyn.


7.

Darum Neidhart laß dein schmähen

Und doch gehen

Leute die dir nichts gethan /

Diß ist nicht der Tugend Bahn:

Still! halt ein

Teutscher Naso der ist Rein


Dieses schrieb aus Schüldigkeit

seines hochgeehrten Herren

Kinder Præceptor

Christianus Christiani,

der heiligen Schrifft

Beflißner.[38]

An den WolEhrwürdigen / Edlen und Hochgelahrten Herren

Johan Risten /

Als Er sein Friedewünschendes

Teutschland heraus gab.

Dem Jüngst Der Ferdinand hat einen Krantz geschenket /

Wie komts / daß dieser noch was höher aus gedenket?

Die Tugend und die Kunst ist sie nicht gnug belohnt /

Wenn sie der Käyser selbst zu preisen nicht verschont?

Ein Kluger kan die Kunst aus Mißgunst nicht vergraben /

Daß sie nicht nach dem Tod' auch solt ein Ander haben /

Er thut so viel Er kan und mehret den Verstand /

Jn dem' Er trefflich schreibt durch die gelehrte Hand

Das nach dem Himmel schmekt. Hat Er gleich viel gegeben /

Dadurch Er Ewig kan auch nach dem Tode leben /

So fährt Er dennoch fohrt und denket / daß ein

Mann Der hoher Sinnen ist / nicht gnugsahm schreiben kan.

Wir lesen viel von Euch was frei und daß gebunden /

Daraus ein Teutsches Hertz hat offtmahls Lust empfunden /

Weil Jhr O Edler Rist / voraus beflissen seyd

Zu retten durch die Kunst der Sprachen Zierligkeit /

Die fast bei Jedermann war gantz und gahr vergessen /

Ja die der Zeiten Rost nun schier hatt' auffgefressen /

Jhr thuts / und die mit Euch so manchen Tag und Nacht

Um unsrer Sprachen Glantz habt Rüstig zugebracht

Nun stellet Jhr uns vor gantz Teutschland / das schon lieget

Und wird von mancher Hand so grausahmlich bekrieget /

Wie Friede nöhtig sei / wodurch man Jhn erhält

Eh daß gelähmte Reich sich gantz zu Tode fält.

Diß lobet wer es sieht / es ist auch hoch zu loben /

Weil unser Vaterland sehr wird dadurch erhoben /[39]

Jhr schaffet / daß man spricht. Seht / wie der Edle Rist

Die Sonne / Krohn' und Haupt der klügsten Dichter ist.


Aus dankbarem Gemühte und Treümeinendem

Hertzen übersendet dieses

aus Hamburg

Johan Garmers.

Offver Her Johan Ristis

Fredynskende Tyskland.

Vaar Karret det er suldt / (saa pleyer mand ak sige /)

Da Vandet gierne sig vil offver Bredden snige /

Naar HErren voris Gud med stoer Tolmoedighed

Harlœnge nock anseet vor Synd och Ondskab leed /

Och ingen Poenitentz hos os er at forvente /

Da hand med Straff paa sidst' ey pleyer lasng at lente /

Saa er det / Tydskland / dig och gangen hidindtil /

Du har Synd och Last bedreff vet DaaeSpill /

J ald Lætfærdig hed du stedsedig har øffvet /

med Synder mangeleed och Englerne bedrøffvet /

saa lidet tænckt paa Boed / saa lidet actet Gud /

man slaget hen i Vind vor HErris Ord och Bud /

Derfor / der du dig saa fortrædelig har voffved

Och dig mod HErren satt med it haardnacket Hoffved /

Da har omsider hand udi fin Vrede optænd /

Sin Plage / mangelund nu offver dig udsend /

Med Hunger / Brad Død / Kryg / i mange Aar dig plaget /

Dertil sin Naadsens Haand och gandske fra dig taget /

Och Straffen trycker dig endnu paa denne Daeg /

saa du vel Aarsag har / at føre Suck och Klag /

Atraab äff Hiertens grund / at bede Gud om Naade /[40]

at hand vil sende Fred och fr eise dig aff Vaade.

Saadant dend ælde Rist udi sit Skue-Spill

Dig til Paamindelse her forestille vill.

Ach følge dog hans Raad! vend om / vend om i Tide /

Säst Synd och Sickerhed / ald Ondskab til en Side /

Giør Poenitentz och Boed / fatt dig it andet Sind /

Och slae Guds Ord och Straff saa læte ey hen i Vind /

Saa skalt du ochsaa see / at HErren snaert vil komme

med stoer Forbarmelse / och dig til megen fromme /

Dend ynskelige Fred dig sende i dit Land

och føre dig med Fryd udi din forig Stand /

At du med dine Børn skalt haffve Roe och Glæde /

for Krijgs och Freydis Fryct din Oyn miere væde /

men udi dit Paulun / och hos dit Figen Trœ/

i Fred och Roelighed kandst sidde udi Lœ.

Det giffve dig vor Gud / din Sorrig hand omvende

Til Glœde / Fryd och Lyst / sin Fred hand snaert dig sende /

Hand frelse dig aff Nød / hand jo bønhøre dig /

at du med Hiert' och Mund kandst tack' ham inderlig.


Dette ynskis det betrœngte och udi Krigen

forderffvede och udsuuede effter Freden

suckende Tydskland.

aff

Dend udlændske Celadon.[41]


Quelle:
Johann Rist: Sämtliche Werke. Berlin und New York 1972, S. 30-42,44.
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