Actus 2.

[54] IRENE. Nvn du höchster Gott / allergütigster Herr Vater / O Jupiter, auff deinen befehl vnnd gutachten aller Heiligen im Himmel / muß ich diese gefährliche Reise für die Hand nehmen / mich auß dem klaren Gebäw deß Himmels auff den Erdbodem begeben / der von nichts anders als von den vier wiederwertigen Elementen zusammen gesetzet ist / da der grawsame vnd blutige Mars der erschreckliche Gott deß viehischen Krieges / mein abgesagter Feind vnd geschworner Verfolger jetzo wohnet / vnnd die vnbendige Menschen in seinen wilden Stricken führet; Ja wol vnd recht hat der Anacharsis pflegen zu sagen / daß das Schiff am sichersten sey / welches seinen Port vnd Anfuhrt schon erreichet / wolt Gott / ich hette auch O du Herrscher aller Dinge / dein befehl außgerichtet vnd zum Ende gebracht / damit ich gleich einem sehr geängstigten vnd vom Wind vnd Bülgen hin vnd wider getriebenen Schifflein die Anfuhrt deines Throns wiederumb erreichet hette! Dann ob ich schon auff dem H. Parnasso viele Dinge gesehen / deren ich auff Erden nimmermehr vermuthend gewesen / als Kräuter vnd Bäume / Thier vnd Vögel / auch allerley harte Gestein vnd dergleichen / darunter eine solche Concordia vnd Einigkeit zuspüren / daß ein Baum dem andern / ein Bladt vnd Graß dem andern so ehnlich / daß man eins für dem andern nicht zu vnterscheiden wüste! die grawsamen wilden Thier stunden vnd lecketen einander / spielten mit einander / vnd ein Wolff fraß den andern nicht / sondern wahren jhrer Sachen eins! der sinnloser Magnetstein hielt ein solche beständige freund- vnd gemeinschafft mit dem Eisen / daß er solches mit gewalt zu sich zohe. Solte dannenhero ich nicht vnfüglich zu schliessen haben / daß weil die[55] Natur vnter den vnvernünfftigen Thieren vnd sinnlosen Creaturen eine sothane Concordiam operiret / vielmehr ich die Menschen auff Erden / welche an Seel vnd Verstand den H. Göttern ehnlich / zur Einigkeit vnd zum Frieden geneigt vnd willig finden würde / so sagens mir dennoch meine Gedancken viel anders / vnnd muthmasse ich / daß mein eusserster Verfolger / Mars der Gott deß Krieges / vornemblich die Teutschen / dahin ich insonderheit gesandt / wie sie jhn ohne das von anbeginne geehret vnd geliebet haben / gar zu sehr eingenommen / vnnd ihre Hertzen deß Kriegeswurtzel dergestalt gefasset haben / daß es schwer seyn wird / solche Vneinigkeit wiederumb herausser zubringen. Dennoch getröste ich mich dessen / daß sie vernünfftig erschaffen / vnd nicht zum Kriege gebohren seyn: denn da andere Thier rauch vnnd grawsamb gebohren worden / vnnd jhr Gewehr mit sich auff die Welt bringen / als die Ochsen jhre Hörner / die Lewen jhre Starcke schwäntze vnnd spitzige Klawen / andere jhre gifftige vnnd schädliche Zähne vnd sonsten / so wird doch der Mensch nackend / schön vnd bloß / ohn schädlich Glied gebohren / darumb daß er sol freundlich / gütig vnnd ohne alle Vneinigkeit sein Leben zubringen. Vber dieses werden sie sich auch ohne allen zweiffel zu Gemüthe führen / die vielfältigen Gutthaten so ich jhnen erzeige / denn der Friede eintzig vnnd allein ernehret / da hergegen der Vnfriede nichts thut / denn daß er das erworbene verheeret / würget / vmbbringet / vnd auch die wolangestelleten formen der allerbesten republicken verwirret / vnd vber einen hauffen wirfft /


Diogenes tritt auff.


Aber siehe da seh ich einen Menschen! ich muß zu jhm vnnd mein Heyl versuchen; Was wil der machen? bey hellem liechten Tage mit der Leuchten zugehen? mich deucht es sey ein feiner Mann / Er hat weder Spieß[56] noch Schwerdt / was mag er verlohren haben? Er suchet gewaltig fleissig / hilff Gott es ist Diogenes! Woher mein lieber Alter?

DIOGENES. Jch weiß nicht anders als auß dem Bade.

IRENE. Was machen die Menschen inn Teutschland?

DIOGENES. Jn Teutschland sind keine Menschen / darinne habe ich lange gesucht nach Menschen / vnnd suche noch / kan aber so glückselig nicht werden / daß ich einen eintzigen darinne finde.

IRENE. Du sprichst du kommest auß dem Bade / hastu denn allein gebadet?

DIOGENES. Nein.

IRENE. Hastu denn nit mit Menschen gebadet?

DIOGENES. Nein / aber mit einem hauffen Volcks habe ich gebadet.

IRENE. Ey du spottest mein.

DIOGENES. Nein warlich ich spotte dein nicht / du solts alsbald sehen! hört / hört / kompt zu mir jhr Menschen. Etliche Bawren kommen gelauffen.

DIOGENES. Siehe lieber! da siehest du selbst / daß ich dich nicht bespotte Ad Rust[icos]. Packet euch ich habe keine purgamenta oder Vnflat geruffen / sondern Menschen habe ich geruffen.


Die Bawren gehen ab.
[57]

IRENE. Ey Diogenes sinds doch Menschen.

DIOGENES. Du wirst warlich selbst kein Mensch seyn / oder nicht wissen was ein Mensch recht ist oder seyn sol.

IRENE. Freylich bin ich kein Mensch; Diogenes kennestu mich nicht?

DIOGENES. Hoho / jetz sehe ich erst wer du bist; du bist der Friede!

IRENE. Ja ich bin der Friede / ich bin vom Himmel kommen / daß ich jetzo auff Erden vnd vornemlich in Teutschland wohnen wil.

DIOGENES. Du darffst dich warlich nicht beklagen daß ich deiner spotte / denn wenn ich mich recht besinne / so spottestu meiner / vnd weiß ich wol / daß du hie nicht wohnen wilt.

IRENE. Wie so?

DIOGENES. Ja wenn Teutschland noch were wie es wol ehe gewesen! jetz hast du keine wohnung daselbst.

IRENE. Warumb? sind es doch Christen! wenn ich den Namen Mensch betrachte / mache ich mir grosse Hoffnung / ich geschweige der Christen / welche jhr Haupt der Friedefürst / insonderheit zur Einigkeit vermahnet / vnnd die hertzliche Liebe als seinen letzten willen für seinem hingang zum Vater / seinen getrewen Nachfolgern als ein gewiß Merckzeichen der seinigen hinterlassen. Sie sind ja Glieder Christi / vnd er jhr Häupt / können die Glieder mit dem Häupt wol streiten? muß nicht wenn das eine Glied schaden leidet / das ander trawren / vnd ein hertzliches mitleiden haben?[58]

DIOGENES. Es solte billich so seyn Irene, Aber schwerlich würde es so seyn / wenn nur einerley Christen wehren! vnd jhnen der Christenthumb recht von Hertzen gienge!

IRENE. Aber Gott hat mir befohlen bey jhnen zu wohnen: damit ich nu dessen willen verrichte / wie düncket dich denn Diogenes, wenn ich mich in eine Stadt begebe? da wohnen die Leute nahe aneinander / die sind in einer Ringmawren beschlossen / die müssen ja Friede bey sich haben / sonst kan jhr Regiment nicht bestehen / vnd die werden ja auch von einerley Gesetzen regieret / gleich wie ein nothleydendes Schiff im wütendem Meer von einem erfahrnen Steührmann?

DIOGENES. Weit gefehlet mein liebe Irene! denn daselbst wirst du kaum ein einig Hauß finden / da Einigkeit anzutreffen / da murret das Gesinde wider Herrn vnd Frawen / da sind die Haußherren dem Gesinde zu vnbillich / da sind die Kinder wider die Eltern / die Eltern wider die Kinder / die Fraw lehnet sich auff wider jhren Ehemann / ist jhm vngetrew / vnnd ampelt nach dem Hudt / der Mann thut deßgleichen / vnd ob sie schon gute Gesetze vnnd Rechte haben / Thut dennoch ein jeder was jhme beliebet / vnd wird auch nicht sonderlich darüber gehalten.

IRENE. Es ist wahr daß in Stätten viel vngeschliffene Leute seyn / so mehr darnach trachten / daß sie Reich seyn wollen / als Seelig / insonderheit da der gemeine Pöbel häuffig ist / Darumb bin ich bedacht mich an eines vornehmen Herrn Hoff zubegeben / da werde ich gute Wohnung haben / dann daselbst sind verständige vnd politische Leute / so etwas mehr wissen als der gemeine Mann / seyn auch liechter / ja die Augen selbst der Welt / da siehet man wie freundlich einer dem andern vnter die Augen gehet / wie sie die Hände küssen / mit was prächtigen Worten sie Freundschafft anbieten / vnnd wie sie sich nicht schewen wollen vor jhre[59] Freunde in den Todt zugehen / mit hertzrührenden vnd beweglichen Zusagungen verheissen / vnnd sind dieselben auch jo die Erhalter vnd Seugammen deß Friedes vnd Einigkeit.

DIOGENES. Billich solten sie es seyn? Aber leyder / leyder / all das wiedrige ist wahr / sie sagens vnd meynens nicht / sie heuchlen auß vneinigem Hertzen / sie küssen die Hände / mit dem Munde / aber das Hertz ist fern davon / auch dergestalt daß mir für dem Wort politisch grauset! der Mund spricht ich grüsse dich / das Hertz aber hüte dich / hat also Joab auß der maß viel Brüder in der Welt! vnd das sind jetzo die besten Politici.

IRENE. Warlich das sind böse Katzen / die vornen lecken vnd hinden kratzen! aber wie nennest du die die besten Politicos?

DIOGENES. Ja warlich ein Politicus ist jetz nicht anders denn ein falscher betrieglicher Heuchler.

IRENE. Ach leyder! wie hat sich dann die heilige Politica verendert! aber vnter den Gelehrten wirds nicht so seyn / die werden getrew vnd einig seyn?

DIOGENES. Es deucht mich war zu seyn / was der gemeine Mann saget / die Gelehrten seyndt die Verkehrten / die können einen Zanck vnter sich anfangen / auch von einem Dinge das nicht ein Bohnen werth ist / daß sie einer dem andern so spinnefeind werden / daß sie in Ewigkeit nicht zu verzeihen oder zu vergessen wissen.

IRENE. O wehe mir! Diogenes du machst mir fast bange! solt ich denn nicht bey einem eintzigen Menschen wohnung haben können?

DIOGENES. Hab ichs dir doch gesagt Irene, inn Teutschland findestu keinen rechten Menschen.[60]

IRENE. Du magst auch wol von einem Menschen fodern / das kein Mensch præstiren kan / als vollkommen zu seyn in allen Tugenden / das ist vnmüglich: Aber solte ich nicht wohnen können bey einem eintzigen Menschen in teutschland / der nur ein Leib vnd Seel hat / der muß ja mit jhm selber eins seyn?

DIOGENES. Wenn ich dir schon solches nachgebe / daß ich viel von einem Menschen foder / wiewol ich nicht mehr begehr / als was ein natürlicher Mensch außrichten kan / so sage ich doch / daß du niemand finden wirst / der nit mit jhm selbst vneins ist / dann die Vernunfft streitet jmmerdar mit den affecten, der Glaube aber vnd die Religion mit beyden / vnd sind dennoch in einem Menschen!

IRENE. Solt mein allwissender H. Vater solches nicht gewust haben!

DIOGENES. Wer?

IRENE. Der höchste Gott Jupiter, der ein Hertzenkündiger ist / vnnd welchem nichts verborgen seyn kan!

DIOGENES. Freylich hat er das wol gewust! aber er ist freundlich / wolte gerne daß niemand solte verlohren werden / denn er ist barmhertzig vnd gnedig / darumb hat er dich hieher gesandt / wenn nun die Leute darnach weren / kondten sie wol Friede behalten.

IRENE. Weil es nun meines H. Vatern ernster Befehl ist / daß ich sol auff Erden vnnd sonderlich in Teutschland wohnen / du aber gute kundschafft hast wegen der Leute / wie ich nicht anders vernehme. Als bitte ich wollest doch mir gute anleitung geben / wor ich denn noch endlich Menschen finden sol / bey denen ich nur ein zeitlang bleiben konte.[61]

DIOGENES. Jn Teutschland wüste ich nirgendt / denn fast alle universitäten sind zerstöret / du müchtest dich näher Athen machen / wenn die noch wehre wie sie vor Alters gewesen / würdestu noch ohne zweiffel allda halbe Menschen antreffen: aber ich muß weiter gehen / ich habe mehr zuschaffen.

IRENE. Jch sage dir danck mein lieber Alter / ich muß mich hin machen naher Athen, vnnd allda mein Heyl versuchen.

DIOGENES. Das kanst du thun? vnd es gehe dir wol. Abit.

IRENE. Meine Gedancken haben mirs gnug vorher gesagt / daß mirs auff dieser Reise nicht anders gehen würde! Der Bawr trit auff. Aber da sehe ich einen Mann / mit dem muß ich reden / vnd vernehmen / ob der mir nicht wisse besser Nachrichtung zu geben; glück zu Vater.

RUSTICUS. Wat bringestu godes? ha?

IRENE. Jch wünsche dir den Frieden.

RUSTICUS. Wo ydt ys yo all Frede.

IRENE. Das wehre sehr gut / so biete ich dir einen guten Tag.

RUSTICUS. Wolstu my biten / einen Dreck warstu menen?

IRENE. Hörstu Mann / kanst du mich nicht beherbergen?

RUSTICUS. Beharbargen kan ick wol / wenn vse Möme wil.

IRENE. Jch bitte thue es doch / es sol dich nicht gerewen.[62]

RUSTICUS. Wat segt men nicht / ick bin wol ehr mit der Wegen weget. bistu allene?

IRENE. Nein ich habe alle Tugenden bey mir.

RUSTICUS. Tugenden wat ys dat vor Tuch? stickt mand vp den Hoed / edder yth mand / segge doch / wat sint yd vor Kerls / edder sint yd ock Fruwens nahmen?

IRENE. Ach weissestu nit was Tugenden sein? Liebe / Warheit vnd Gerechtigkeit sind bey mir.

RUSTICUS. Hoho / kümstu dar hyr mit her? bistu nicht eine Dörin / wat den Düuel deß Packs möchte wol tho veel wesen / wo mennich Mandel sindt yuwer? syndt ydt alle Wifestücke?

IRENE. Wie ich bin so seind meine Gefertinnen auch.

RUSTICUS. Jungens Minsche hore gy nicht ein lüttyck?

IRENE. Gar gerne Mann / was wiltu?

RUSTICUS. Ydt ys vnses Volckes! Jck hebbe bym Element ein Encken edder vyue / de schölen dy Warckes genoch schaffen / vnd wann vse Möme schlepe / ick wolle süluest nicht schlim by schlan / ydt js eine gawe Teuelwo hestu?

IRENE. Jch heiß Irene oder pax.

RUSTICUS. Dat sindt jo keine Nahmens / ydt sints:

IRENE. Jst Friede dann ein Nähme / so heiß ich auch?[63]

RUSTICUS. Wo ja / Frereck heet vse Schulte.

IRENE. Jch heisse aber vnd bin der Friede.

RUSTICUS. Dat höre ick wol / ick daus: wen / vse Parner Friederich heet / den heete wy Frereck / dat ys yo ein Manns nahme / hyr hörstu nicht tho Huß / dat düchte my nicht / ydt deyts:

IRENE. Nein mein Heimbt ist nit von dannen.

RUSTICUS. Ys se dann van Führen edder van Eicken / edder van Böicken?

IRENE. Du bist gar ein vngeschickter Mann: ich gehöre hier nicht zu Hauß.

RUSTICUS. Segge ick doch dat ock: Auerst wor hörstu denn tho Huß? du magst wol wydt her syn / dyne Spracke vorredt dick.

IRENE. Jn meine Heimbt kanstu nit kommen.

RUSTICUS. Dat were de Düuel / ydt werdt wor vth der werlt wesen? ys ydt wor vp jensiet Eimesbüttel?

IRENE. Ach lieber ich bin nicht von der Welt.

RUSTICUS. Dat sehe ick ock wol / du bist dar midden inne.

IRENE. Jch meyne es nicht also / ich gehöre allhie nicht zu hause.

RUSTICUS. Du werst de Düuel jo wol nicht wesen? wor denn?[64]

IRENE. Höre Mann / der höchste Gott Jupiter hat mich / die Göttin deß friedens / vom Himmel gesandt / daß ich jetzo bey Menschen auff Erden wohnen sol.

RUSTICUS. So bistu vam Hemmel kamen / du bists?

IRENE. Ja von dem hohen Berge Olympo, da der Himmel auffligt / vnd dem Jovi geopffert wird / da bin ich herunter gestiegen.

RUSTICUS. Wat hefft men denn godes nyes im Hemmel / ys ydt dar noch godt Frede?

IRENE. Du thust närrische Fragen!

RUSTICUS. Auerst hyr gy Minsche / sy gy de Frede wor?

IRENE. Ja ich bin die Göttinne deß Friedes / ein Tochter deß höchsten Jovis.

RUSTICUS. Woll gy denn by vns hyr wohnen?

IRENE. Ja.

RUSTICUS. Vp dem dütschen Boddem?

IRENE. Jn Teutschland hat mir Gott befohlen zu wohnen / vnnd vnter den Leuten stetig zu wandlen.

RUSTICUS. Ey dat docht nicht! Frede! dat docht nich! dat ys nist!

IRENE. Wie so?

RUSTICUS. Ey also.[65]

IRENE. Wie denn / ist der Friede nicht gut?

RUSTICUS. So wat hen.

IRENE. Warumb?

RUSTICUS. Höret einmahl / dewyl gy so scharp fraget / so wil ick ydt yuw wol seggen:

IRENE. Sage her.

RUSTICUS. Höret / do ydt noch nich Frede was / da dorffte ick vsem Junckern nich deynen / do gaff ick de tributie vnd howede so veel Holtes wedder als ick woll / wat ick ouer hadde / dat was myn / dar seden my de böuersten nichts van / Wann se ehre tributz kregen / auerst nu ydt ein weinig na dem Frede rucket / nu moth ick de Poten sugen: do ydt noch nich Frede was / do dorffte men flöken / schweren / Horery dryuen / wat men woll / dar seden einem de Kriegers nichts van / vpper stede darff ick kum vse Maget eins pipen / de Pape wil flucks dull darauer werden / vnde vse Auericheit weten nicht wo se vs armen Hußlüde scheren wilt / darumm ysset yo beter gudt Krieg als solck böß Frede.

IRENE. Hilff lieber Gott / wolt jhr lieber Krieg als Friede! nur daß jhr ewre Bößheit treiben müget / vnd die nicht gestraffet werden! Were es nicht besser daß ein jeder thete was sich gebürete vnd lebete im Friede.

RUSTICUS. Dat were ydt wol / auerst wol kan dat dohn! Jck kan ydt nicht laten / wenn my vse Heren noch vmb dörtich Marck straffeden.

IRENE. Es ist nicht gudt? Jch mercke so viel / bey dir kan ich keine Wohnung haben.[66]

RUSTICUS. Wahnung hebben? wo ys dat mögelick? Wo du heffst jo men vmb Herberge beden! du schost my wol eine wesen / du schosts! wenn men dy ein fingerbret vorlöuede / so nehmestu wol eine gantze Hande breet / Ne by my kanstu nicht wohnen / ick woll dy wol eine Nacht beherbergen / wenn vse Möme ock wolde.

IRENE. Will deine Fraw nicht was du wilt?

RUSTICUS. Du bist ock eine dumme Alheidt! Wilt de verbolgen Wiuer wol dohn wat de Männer hebben wilt? Neen vorwar / der findt man nicht veel / vnd myne dat ys ein bösen tarant, ick mene se deyth my wat int Lichte / se deyths.

IRENE. So werde ich bey dir schwerlich bleiben können?

RUSTICUS. Dat begehre ick ock nicht / dat du alletydt by my blyuen scholst / eine Nacht dat ginge hen: Auerst ick hebbe mehr tho dohn / wultu mit / vnde wult vorsöcken / wer dy myne Fruw im Huse lyden wil / so kumm. Abit.

IRENE. Ach Gott! was sind das für Leute? die begehren keinen Friede / O Diogenes was hastu recht geredet / dieser war ja warlich kein Mensch / sondern vielmehr ein vnvernünfftiges Viehe: Aber siehe dah! was ist da? was wil da werden! Jch muß ein wenig vber seitt gehen / vnd sehen was die kleinen pygmæi anfangen werden!


Hie tretten die Knaben auff mit jhrer Compagni.


CAPITANEUS PUERORUM befihlet dem tamburirer stille zuhalten / vnnd spricht zum Lieutenant. Monsieur Lieutenant habt jhr die Knechte alle beyeinander?[67]

LIEUTENANT. Ja Herr Hauptmann.

CAPITANEUS. Wol / so stellet sie in ordor vnd exerciret sie ein wenig.

LIEUTENANT. Ja Herr Hauptmann / Ad milites pueros. Allo Bursch / das Gewehr schön / oder ich werde oleum pumpoleum außtheilen. Offnet ewer Glieder. Rechts vmb. Her stellt euch. Rechts vmb kehret euch. Her stellet euch. Lincks vmb. Her stellet euch. Lincks vmb kehret euch. Her stellet euch.

IRENE. Mein Sohn komm doch vnnd sage mir / was sol diß wesen? Jsts nicht gnug daß die Alten Kriege führen? Jhr Jungen müst euch auch darzu gewehnen?

CAPITANEUS. Die Fraw ärgere sich nicht daran / wir spielen nur.

LIEUTENANT. Wolt jhr vns das Spielen verbieten?

IRENE. Jch wil euch das spielen nicht verbieten; Aber ehrliche Spiel / so Kindern geziemen sollet jhr spielen.

CAPITANEUS. Jst diß denn ein vnehrlich Spiel?

IRENE. Solche Spiel gebühren euch nicht zuspielen / denn worzu ein Knabe in der Jugend gewehnet wird / darzu hat er sein lebenlang lusten.

LIEUTENANT. Jst denn das nicht gut / daß man sich in der Jugendt zum Kriege gewehnet? so kan man sich darein schicken wenn man groß wird.

IRENE. Es were aber viel besser / daß jhr dazu gehalten würdet / wie jhr lernen könnet Frieden zuerhalten als gefährliche Kriege zuführen.[68]

CAPITANEUS. Jetzund aber ist jmmer Krieg in der Welt.

IRENE. Das kompt daher / daß niemand weiß den Frieden zuerhalten / darumb soltet jhr lernen wie man den verlornen Frieden wider erlangen solle / denn daran were ewerm Vaterland mercklich gelegen!

SIGNIFER. Last vns nur fort spielen H[err] Hauptmann / was haben wir mit dem Weibe zuthun?

CAPITANEUS. Monsieur Lieutenant / exerciret nur fort.

LIEUTENANT. Recht verdoppelt ewre Glieder. Herstellt euch. Lincks verdoppelt ewre Glieder. Herstellt euch. Schliesset ewre Glieder.

CAPITANEUS. Nun Monsieur Lieutenant / lassets nur seyn / es ist gnug. Er schlage nur einen krinck vnd das Fähnlein mitten drin. Wenn das geschehen / spricht der Capitan.

Edle / veste / mannhaffte / vnd jhr ehrliche Soldaten / sampt vnd sonders / demnach auß befehl vnd gutdüncken vnsers gnedigen Herrn / beider löblichen armeen zu Roß vnd Fuß H[err] Generaln, wegen deß numehr getroffenen Friedens / vnnd gnugsamer Zahlung vnsers restirenden Soldes / wir vnserer Dienste erlassen / (MILITES murmurantes. da schlag Hagel vnnd Donner zu / mit dem leichtfertigen Frieden / etc.) thue ich mich in deroselben namen für die getrewe vnd gutwillige dienste bedancken / absonderlich auch für meine Person / daß sie jederzeit in allen occasionen meinem commendo gern gehorsamet / erbiete mich hinwiderumb einem jeden nach Standes gebühr / solchen erzeigten gehorsamb vnd dienste zu recompensiren / vnnd in andern occasionen / (Wem mein commendo belieben wirdt)[69] seine Tractamente zuverbessern / vnnd nach manieren zubefodern. Da auch etliche verbanden / so auff mein commendo etwas zusprechen heften / die tretten jetzo in præsentz meiner vnd dieser ehrlichen Soldaten herfür / vnnd lasse mich in meinen abwesen vngeoffendirt, wie das einem redlichen Soldaten zustehet.


Ebenmessiges reden auch der Lieutenant vnd Fendrich.


MILITES. Wir wissen nichts als Geld / Geld Geld / etc.

CAPITANEUS. Nicht vnbillich / jhr ehrlichen Soldaten / fodert jhr vmb den rest, sie kommen nur vmb ein Stund oder zwey für mein Quartier, alsdenn wil ich einem jeden / seinen rest, was jhm gebühret / wie einem redlichen Chevalier zustehet / geben. Abeunt.

IRENE. Jch sehe wol den Kindern so wol als den Alten stincket der Athem nach Kriege.

ANGLUS. Das den Deubel das Kerls musse holen / dar den Schelm ys! bin ich so böß von das loß Boßwicht / das Frantzoß / von sinnen möchte ick komm; A hette ich der Schelm / den Deubel solt es der Wambs neyen! Jck wol min erhencken lassen / wenn ich dar solt wieder beykommen; A / den Weibsbild sol ich bald zerrissen haben / wenn ich an myn dull sinne gedacht! Jch gehe vnd wiln schlaga!

IRENE. Halt / halt / Herr besinnet euch!

ANGLUS. Heddestu nicht gespracke / ick wolde dir worwar geschlage habe!

IRENE. Warumb Herr?[70]

ANGLUS. Vmb dinen Ohr du solt gefühlet habe!

IRENE. Aber auß was Vrsach.

ANGLUS. Jch kan der vrsach dich nicht seggen / denn min kop is all zudoll vff der heuchlisch Frantzoß.

IRENE. Was hat der gesündiget?

ANGLUS. Was gesündiget? jhn daz weiß werden sol / hette ich der deubels kind.

IRENE. Hat er euch jrgend Leyd gethan?

ANGLUS. Was solt den Pluckfinck gedahn hebben? ick mag solch Mann nicht leiden.

IRENE. Was für ein Mann möget jhr nicht leyden?

ANGLUS. Den deubels geschmeiß / das Frantzoß / den falschen Hunden! den sagen nicht was den meynen / der sind mein nicht gut / vnd hette ich der! ich wolte daß vor dollheit vfffressen!

HISPANUS. Pfui! was der hellischen Gaist / kan das Frantzoß den Halß nicht zerschlagge? daß den mir so molestir muß? ick kain Cujon nicht seyn dann der ist / mi nobleza ist viel groß als sin dusent Fürst stand / ick wil mir selber erwürgen / wann ick der wider in min adlick Aug bekommen sol.


Wil sich selbst erstechen.


IRENE. Was wolt jhr machen Herr? thut das doch nicht!

HISPANUS. Was der Satan? wen ist dar? wer wolt jhr Fraw?[71]

ANGLUS. Der Spansch Mann ist den Kop auch perturbirt mit der Frantzoß.

IRENE. Ach Herr thut euch selber kein leyd / kan euch nicht geholffen werden?

HISPANUS. Ja wenn aller Frantzosen für den teubel auß das Welt geschafft werden / ick kan das Leute nicht leyden!

ANGLUS. Worwar jhn meynet das Frantzoeß / dat iß gut! hört Sir yuw müssen zufrienden stellen: min bin ock mall in den Höuet;

HISPANUS. Hui siet euch den Schelm / den Frantzoeß / ten vorn wol ick min vmbbringen / Nu wil ick le truhan descarado rein doet metzgen.

ANGLUS. A! nieta sir, ick bin niet den Mann / so yuw stecken solt / ick bin den Cunterman / den gut Jngelsch Mann.

HISPANUS. A bona sera signor, Jch bitte ewer vmb verzeignuß / ich habe gemeint den seyt ein Frantzoß.

GERMANUS stricto ense. Was Frantzoß! Frantzoß! ist ein Frantzoß da? der soll vnd muß sterben für meinen Feusten / wor ist der Frantzoß?

IRENE. Ach Herr es ist kein Frantzoß hie!

GERMANUS. Weib was wiltu? gehe du vnd spinne den Wocken. Ha sasa! du ehrlicher Vogel bistu da? ich habe dich lange gesucht.[72]

HISPANUS. Wer habt ewer gesucht? mir?

GERMANUS. Ja dich du Frantzosischer Hundt.

ANGLUS. A Sir, der niet Frantzoß ist / worwar niet / den ist den Spansmann / vnd ick den Jngelsch Mann.

IRENE. Jhr Herrn ich bitte fleissig / haltet doch Friede / vnd bedencket doch / was groß Vnheil auß Vneinigkeit entstehet; Darumb ists müglich!

HISPANUS. La Ramera wegstossen; signor wen hat ewer der Kopff dull gemacht?

GERMANUS. Was sol ich mich nicht rechnen am leichtfertigen Frantzosen? das Leben begehr ich nicht zuhaben!

ANGLUS. Wel / wel Sir, daß Frantzoß zusammen suchen wil / ich auch das heuchlisch Dieb zumetschen wil.

GERMANUS. Jmmer fort / jmmer fort / der Teuffel sol jhn bescheissen / kompt er vns vnter vnsere Hände.

HISPANUS. Jch das sein nicht rathen wil!


Abeunt.


IRENE. Hilff lieber Gott Jupiter, allerhöhester H. Vater / wie wüten vnnd toben die Leute in der Welt / was magstu doch in dem hohen Himmel gedencken! soltestu nicht / vnnd jhr dapffern Indigetes im Himmel alle miteinander / der armen ohnmächtigen Würmlein vnd Maden / so in sothanem grawsamen Sturm auff dem nichtigen Punct deß Erdbodens herumb kriechen / spotten vnd dieselbe belachen? Warlich wenn ein Mensch bedechte / was doch ein Mensch were in der Comparation deß Erdbodems / so gegen das[73] mächtige Gebäw deß Himmels / kaum als ein körnlein Sandes gegen den gantzen Erdbodem zu achten / würde er sich in sein Hertz hinein schämen / wenn er allein ist / daß er einen solchen vermeynten stürm anfangen solte! Dennoch bilden sie sich vberauß grosse Sachen ein! Aber hör da / was ist da für ein geprall? Hilff Gott was mag da werden wollen?


Hie muß getrummelt werden / vnd etzliche schösse geschehen.


MARS furiosus intrat, Jrene gehet vber seit stehen. Mars wischet das Blut von dem Degen vnd spricht. Wol mir wanns so zugehet! Denn Warlich das krachen / brausen vnnd gepral / ja das donnern vnnd blitzen der groben Stücke vnnd Mußquetten / das regnen deß schwartzen vnnd durch Pantzer vnnd Harnisch dringenden Hagels (Wenß auch das hellscheinende Liecht der Sonnen bedecket /) das schimmern vnd blitzen der blossen vnd wol außpolirten Degen vnd Pistolen / macht mir eine ergetzliche Frewde in meinem behertzeten Hertzen! Wann ich mich mag in Menschen Blut baden / ist es mir eine anmutige Erquickung! vnd ist mir nimmermehr mit eines Menschen Todt gedienet / ich laß mich nicht wie das monstrum zu Troja jährlich mit einer Jungfrawen Todt befriedigen / nein warlich ein gar geringes ists / wenn mir alle Tage etzliche hundert Menschenköpffe heimbgebracht werden! Was sind mir hundert verhäutte? lauter nichts! wenn mir nicht alle Tage alle Stunde viel tausent behertzter tapffer Helden vnd Krieger Cörper auffgeopffert werden / bin ich kaum halb ersättiget!

IRENE. Ja warlich du bist leyder grawsam gnug! vnnd magst noch wol groß davon rühmen!

MARS. Ja der Dampf! auß meiner schnaubenden Nasen zündet Dörffer / Schlösser vnd grosse wolerbawete Stätte an / vnnd[74] ist mir ein gewünschtes Frewdenfewr / wenn vnzehliche Dörffer vnd Stätte in die Aschen gelegt werden / vnnd also pflege ich meiner getrewesten Diener Hütten vnnd Häuser im Rauch gen Himmel zuschicken!

IRENE. Wehe denen den du schnaubender Mordtbrenner zu Hause kompst.

MARS. Meine Herrschafft gehet nicht vber eine Stadt / vber ein Land / vber ein Königreich / die gantze Welt ist vnter meiner grawsamkeit: kein Winckel kan in der weiten Welt gefunden werden / da nicht meine Macht vnd Heroische Gewalt grawsamlich gespüret vnd empfunden wird.

IRENE. Davor werden dich warlich die Götter straffen.

MARS. Heut ist weder der erste noch der letzte Tag.

IRENE. Vielleicht der letzte.

MARS. Diß Jahr ist nicht das erste auch nicht das letzte Jahr / darin mein grawsamkeit sol ein ende nehmen.

IRENE. Ob Gott wil / das letzte.

MARS. Nein warlich Krieg vnnd Blutvergiessen muß vnnd sol nicht auffhören / so lange die Welt stehet. Aber wie ists hie so still? hie hört man ja weder Trommel gereusch / noch Trompetten klanck / viel weniger einen hellrauschenden Büxenschuß / ja kaum ein Feldgeschrey kan man hier empfinden! Wie mag das zugehen? Jch hoffe nicht daß Friede hie sey!

IRENE. Das hast du wol zu hoffen.[75]

MARS. Wenn ich das wuste / wolt ich der bald Stricke vnd Fallbrücken stellen.

IRENE. Aber vmbsonst: denn Gott hat mir befohlen auff Erden zuwohnen.

MARS. Horch! wer redet da? wer ist da?

IRENE. Das wirstu mehr dann zu früe erfahren / vnd mit deinem grossen Schaden.

MARS. Du seyest wer du wilt / du wirst mir heut ein Raub vnd Opffer werden. Haha bist du da? sich da Fraw Sibille! stehet jhr da vnd habt Naseweise Wörter?

IRENE. Ja Mars ich habe dein vnzeitiges frolocken vnnd rühmen lange angehöret / biß ich mich nicht mehr habe enthalten können.

MARS. Packe dich.

IRENE. O nicht so geschwinde Herr struntzer!

MARS. Auß meinen Augen / ehe ich dich mit Zehnen zerreisse / vnd dein Fleisch den Vögeln vnter dem Himmel zufressen gebe.

IRENE. Enthalt dich dessen ein weil.

MARS. Bald packe dich oder!

IRENE. Aber harr ein wenig / hör erstlich mein werben.

MARS. Geschwinde / oder ich wil dir Füsse machen.

IRENE. Jch hab ein Bottschafft an dich.[76]

MARS. Was? Bottschafft? entfleuchst du nicht wie der Blitz / werde ich dir dergestalt Biergeldt geben / daß dir die Schue entfallen.

IRENE. Der höchste Gott Jupiter, mein H. Vater hat mich hieher gesandt.

MARS. Mich in meiner function zu turbiren?

IRENE. Auff Erden zu wohnen.

MARS. Allhie in Teutschland?

IRENE. Jm Teutschen Lande: Darumb mustu weichen.

MARS. Weichen! Jch rathe dir daß du dich packest / vnd geschwind von hinnen fliehest;

IRENE. Höre Mars, es wil mit keinem stürmen vnd pralen gethan seyn / du hast lang gnug gewütet vnd getobet / Gott wil sich der Leute in Teutschland nun wieder erbarmen / denn es gerewet jhn nun der Straffe.

MARS. Was sagstu? Halt dein lügenhafftiges vnd lästerliches Maul / oder ich werde ein andern process mit dir anfangen! Was sagstu gerewen? Nein warlich Gott ist kein Mensch / daß jhm etwas gerewe.

IRENE. Ja freylich gerewet es jhm / wenn er gnug gestraffet / vnd sich die Leute bekehren / alsdenn nimbt er die Ruthe / damit er gesteupet / vnnd wirfft die ins Fewr.

MARS. Das ist ein Crimen læsæ Majestatis, daß du Gott wilt zu einem Menschen machen / dessen will doch vnwandelbar; vnd welcher mir einmal befohlen / die Leute zu züchtigen / ich aber befinde noch keine besserung an jhnen /[77] darumb kan mein Regiment noch nicht auß seyn / ich muß weiter steupen / damit ich deine Gotteslästerliche Worte repetire.

IRENE. Das ist keine Gotteslästerung oder Crimen læsæ Majest[atis]; besondern Gott ist selbst gewohnet / sich dem verstand der Menschen in seinen drewen vnd verheissungen zu accommodiren / vnd weiß ich selber wol / daß Gott kein Mensch ist / aber du thust wie alle Struntzer / vnd ist neben andern Kriegsgurgeln deine gewohnheit / alles was einfeltig vnd gut gemeinet zu lautern schädlichen Boltzen zudrehen / vnd zu gifftigen Pfeilen zumachen.

MARS. Gehe baldt / oder ich reisse dir deine lästerliche Zunge auß dem Halse / was meynestu / du dürffst reden was du wilt? weil du ein Weib bist? so müsse man dir alles zu gute halten?

IRENE. Jch lästere Gott / auch dich nit / Mars, sondern ich rede die Warheit.

MARS. Was? wiltu leichtfertiger Balg / deine grobe stinckende Lästerlügen noch für Warheit außgeben? Verberat Irenen.

IRENE. Ach schone / schone / vnd bedencke / daz mich der höchste Gott Jupiter hieher gesand. Fugit.

MARS. Lügen die müssen gestraffet werden / Darumb hastu dich gar nicht zubeklagen: gehe nur hin vnd sage dem Jovi, daß du wegen deiner Lästerung vnnd Lügen seyst von mir / als der kein Vnrecht leyden kan / geschlagen. Also muß man die Gäste tractiren / so vberlauffen sie einem auff ein ander mahl nicht mehr! Aber solte wol Jupiter sie her gesandt haben? Das kan ich nicht glauben! Denn wenn er hette wollen Friede schicken auff Erden / were[78] Apollo erst kommen / vnnd hette die vervneinigte Gemüther wiederumb reconciliiret, vnd die grosse Vneinigkeit componiret / vnd der were billich etwas mehr respectirt. Aber Weiber müssen wie Weiber tractirt werden. Dennoch wenn ich jrgend darumb besprochen würde / daß ich den Friede von der Welt vertrieben / muß ich gehen vnd mich mit füglichen Entschuldigungen gefast machen Bedencket sich. aber was? laß sie ankom men / ich wil jhr wol begegnen! vnter dessen aber frisch wider daran! Heisa! fort wider geschlachtet vnd gemetschet. Abit.


Irene. Tritt wieder auff.


IRENE. Warlich / warlich / wenn mich (die ich doch vnschuldig vnd solches niemals verwircket habe) die Leute auff Erden zu jhrem selbst eigen Nutzen dergestalt / wie leyder geschicht / hasseten / vnd auffs eusserste auß jhren Grentzen vertrieben / wolte ich nur eintzig vnnd allein / vber das vnrecht / so meiner Person zugefüget wird / vnd vber jhre Bestialische Vnbillichkeit vnnd vnbescheidenheit klagen / vnd dieselbe mit heissen Threnen beweinen / Weil aber ich / der vrsprung vnd Brunnquell deß Glücks vnd aller wolfahrt der lebendigen Menschen / ja auch deß dummen Viehes vnd nützlichen Gewächse auff Erden / so hönisch von jhnen verwiesen werde / dagegen aber sie alles Vnglück auch das eusserste Verderb sich durch meine Verachtung an den Halß hencken / vnnd mit Gewalt auff sich ziehen / als habe ich vielmehr vrsach jhr vnheyl als meine injuri zubedawren / mich jhres Elendes zuerbarmen / als vber jhre / mehr dann Bawrische Importunitet vnd vnwissene Grobheit zuzürnen. Denn ein vnhöfflichs ists einem der den andern nur ein wenig liebet / von sich treiben; eine rechte vndanckbarkeit / den jenigen so sich wolverdienet gemacht / nicht vmb sich wissen wollen; vnd eine vberauß böse Gottlosigkeit / die Mutter vnd Erhalterinne alles guten beleidigen: Aber jhr eygen bestes wissen sie[79] nicht / sie wollen vnnd könnens auch nicht erkennen / Denn sie sind jhrer selbst nicht mächtig / die Gottlose furien vnnd der vnbendige Kriegesteuffel / der Brunn aller Laster vnd Vnheyls / der verfluchte Mars regieret vnd treibet jhre hertzen vnd gemüther / ja sie selbst gantz vnnd gar / daß sie mich vnd meine Wolthaten müssen wie der Hund das feiste außspeyen / vnd wie die volle Säw das liebe vnd anmuhtige Futter vnter die Füsse tretten. Aber was hilfft viel klagen? Wann meine Augen lauter Wasserquellen wehren / könten sie doch das Vnheil nicht alles beweinen / so die verhärteten vnd von dem Kriegesgurgeln dem Marte, bezauberte vnmenschen auß jhren viehischen Kriegen schon empfunden / vnnd noch gewißlich zugewarten haben! Vnnd was sol oder kan ich dawider machen? Warlich die Götter meynens gut mit den thörichten Menschen auff Erden. Mich / die Göttinnen deß Friedes / deß heylsamen Friedens! haben Sie zu den Menschen gesand / den Frieden widerumb zustifften auff Erden / nachdem die Leute so lange Noth gelitten / vnd grosse gefahr außgestanden: aber mich wollen sie nicht wissen: Vnd warlich zu jhrem eigen Verderb vnd vnvermeidlichen Vntergang. Sol ich die Leute zwingen? darzu ist mein vermögen viel zu schwach / zu dem ists nicht in meiner Commission begriffen: vnd vber dieses alles kompt der grawsame Tyrann / Mars turbiret mich in meiner function, daß ich / wenn sich schon die Menschen noch erbitten vnd vberreden liessen / dennoch meines H. Vatern deß allerhohesten Jovis befehl nicht außrichten kan. Sol ich das in mich fressen? sol ich dazu still schweigen? vnd mich einer bösen suspition bey meinem H. Vattern vnd allen himlischen Göttern theilhafftig machen? O nein Mars, weit gefehlet: Das kan ich nicht vber das Hertze bringen / Denn ob ich schon die Göttinne deß Friedes bin / vnnd von Natur allen streittigen Sachen vnd dem Gezenck feind bin /[80] so wil sich dennoch keines weges geziemen / sothane schreckliche Injuri, so mir durch die gewaltthätige Turbation Martis, in meiner auffgetragen Commission zugefüget / auff mich ersitzen zulassen; aber mit gewalt mich jhm zuwidersetzen / ist meinen krefften so wenig als meiner Natur gemeß! Die Injuri redundiret warlich auch auff meinen H. Vatern / ich werde einen günstigen Richter an jhm haben / wo der nur gedencket mich bey der auffgetragenen Sach gebürlich zu manuteniren vnd zu schützen. Drumb bin ich gäntzlich entschlossen / den grawsamen Bluthundt Rechtlich / zugefügter Gewaltthat wegen zubesprechen: Darumb gehe ich alsbald / diese meine rechtmessige Sach in der Göttlichen Cantzley anhängig zu machen / vnd mich also per viam Juris zurechen.


Act[us] 2. Finis.

Musica.
[81]

Quelle:
Johann Rist: Sämtliche Werke. Berlin und New York 1972, S. 54-82.
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