Scena III.

[139] Demetrius vnd Poris zugleich.


DEMETRIUS. Was saget jhr Herr Stadthalter / ist woll müglich / daß mein Herr Vater ein solches bey sich solte beschlossen haben?

PORIS. Ja warlich Durchleuchtigster Printz / nichtes gewissers ist / als das Jhre Königl[iche] Majest[ät] gentzlich gesinnet ist / mit jhrer grössesten Heeresmacht sich den Römeren zu wiedersetzen / denn er nicht allein zu dem Ende vnterschiedliche mahl Kriegesraht gehalten / besonderen auch auffs newe auff 20. Regimenter Patenta außgetheilet / wird also bey diesen jetzigen leufften durch daß gantze Macedonische Reich ein mechtiges Volck beydes zu Rosse vnd Fuß zusammen gebracht / vnd hin vnd wieder geworben. Eins aber wundert mich über alle massen / was doch nemblich der König vor Vrsachen gehabt / daß er Ewer Durchleuchtigkeit nicht so wol alß die andere in den Kriegesraht gefodert / angesehen man sich vor diesem E[wer] Durchleuchtichkeit guten vnd heilsamen Rahtschläge gebraucht / vnd so offt man denselbigen gefolget / sie jederzeit nützlich vnd bewehrt erfunden. Nun aber vernehme ich (nicht ohne seltzames Nachdencken /) daß dieselbe gantz vnd gahr ausgeschlossen worden.

DEMETRIUS. Herr Statthalter / er lasse sich ein solches gantz vnd gar nicht wunderen / mir zwar ist die Vrsache dieses geheimen Rahtschlagens sehr wol bekandt; Mein Herr Vater[140] weiß gar wol / wie getreulich ich jhm zu allen vnd jeden zeiten / den hochbeschwerlichen Krieg (welchen er mit den vnüberwindtlichsten Römern anzufangen gedencket) habe wiederrahten / vnd zweiffele ich gantz vnd gar nicht / er würde nicht allein mir / besonderen auch vielen anderen hochverstendigen Leuten gerne hierin gefolget haben / wenn nicht die grosse Vngestümigkeit / vnnd vnbedechtiges Anhetzen meines so stoltzen vnd ruhmsüchtigen Bruders Persei, solche wolgemeinte Rahtschläge verhindert vnd vmbgestossen hetten / in deme er den Herrn Vater nunmehr gäntzlich beredet / als könne er mit sehr leichter Mühe / auch einem geringen Kriegesher den mechtigsten Römeren grossen Abbruch thun / welches ich doch (wenn die vngläubliche Tapfferkeit / Großmühtigkeit / Glück / Macht / Stärcke / gute Kriegs-Ordinantz der Römer jhme so wol alß mir bekandt wehre) niemahls gedencken / vielweiniger reden dörffte.

PORIS. Ja warrlich gnedigster Herr / mit höchster Verwunderung habe ichs wahr genommen / daß E[wer] G[nädiger] Herr Bruder Perseus, dieses so tapffere Volck / daß seines gleichen nunmehr vnter der Sonnen nicht hat / so schmehlich verlachen vnd verachten darff / da doch fast die gantze Welt (anderer jhrer vortrefflichen thaten zugeschweigen) annoch vor Augen schweben hat / den / so weit der Himmel geht / berümbten Triumph vnnd herrlichen Sieg / welchen sie von der mechtigsten Stadt Chartagine erlanget / vnd mit jhren höchsten Ehren davon getragen haben. Es ist in aller Welt gnugsam bewust / was diese gewaltige Stadt / so nicht allein gantz Africam, besondern auch die mechtige Königreiche Hispaniam, Siciliam, sampt den Jnsulen / Corsica, vnnd Sardinia vnter jhrem Scepter vnd Gebiete gehabt / vor ein grosses vnnd wollgeübtes Volck / sehr viel Jahre nach einander / in so vielen vnterschiedlichen Provincien zu Wasser vnd Lande hat vnterhalten; Dieses aber alles[141] ohngeachtet / hat es der Römer hoher Verstandt / beharrliche Streitbarkeit / vnd standthafftes Gemühte entlich dahin gebracht / daß jhre Feinde die Chartaginenser, fast auß den freiesten Leuten / Knechte / auß Herscheren vnd Gebiehtern / Leibeigene / auß gewaltigen vnd grossen Herren / armselige Vnterthanen werden müssen.

DEMETRIUS. Herr Stadthalter / dieses ewer Vorbringen / habe ich offt vnd vielmahls auff daß fleissigste bey mir erwogen / auch endtlich dahinge schlossen / daß / so die mechtigste Stadt Chartago, ein Beherscherin des gantzen Africæ, auch vieler anderen Provincien vnd Länder / den Römeren nicht hat wiederstehen können / dem Macedonischen Reiche ein solches zuthun / viel weiniger möglich sein würde / angesehen selbiges / der Chartaginenser Macht / Volck / Reichthumb vnd Vermügen im weinigsten zuvergleichen; O wolten die Götter / daß mein Herr Vater dieses alles so viel reifflicher bey sich möchte erwegen / es würden warlich solche vnd dero gleichen vnnöhtige jedoch aber hochgefehrliche Kriege / zu des gantzen Königreiches Verderben / nicht so leicht vor die Handt genommen vnd practiciret werden.

PORIS. Jch zwahr / gnedigster Herr / möchte meines theils nichtes so sehr vnd hefftig wünschen / alse daß Jhr Königl[iche] Majestät / vor allen aber der Printz Perseus doch nicht so vnbedächtig in jhren Rahtschlägen wehren / aber / es hilfft leider kein wünschen / kein bitten / kein ermahnen; Perseus der weiß daß das gantze Macedonische Volck jhme seiner Vntugenden halber zu wieder / E[wer] Durchleuchtigkeit aber sonderlich geneiget ist / Damit nun er (alse der da eines ruhmsüchtigen vnnd sehr ehrgeitzigen Gemühtes ist) jhme selber einen gewaltigen Namen vnd Ruff machen möge / alß schreiet er allenthalben auß / wie er so grosse Ehre[142] einlegen / die von den Römeren dem Macedonischen Königreiche zugefügte Injurien rechten / ja die Römer gentzlich vertilgen wolle. Solches aber desto besser ins Werck zu richten / alß lieget er dem Herren Vater stetigs in den Ohren / diesen nunmehr beschlossenen Krieg auff daß schleunigste fortzusetzen.

DEMETRIUS. Das habe ich vorlengst gemercket / daß mein Bruder Perseus, nur Ehr vnd Ruhm durch solche verderbliche Kriege zuerlangen gedencket / vnterdessen bemühet er sich auff das hefftigste / wie er mich vnterdrücken möge / ich aber wil eintzig vnd allein dahin sehen / wie ich sein falsches vnd betriegliches Hertz mit Brüderlicher affection vnd vngeferbter Liebe endtlich vberwinden möge / Dabenebenst will ich allen müglichen Fleiß anwenden / meinen Herrn Vater zubereden / daß er doch von seiner vorgesetzten Meinunge abstehe / vnd die schedliche vnd hochverderbliche Kriege gantz vnnd gar fahren lasse / will derowegen auch euch / Herr Statthalter / auf daß fleissigste ermahnet haben / ihr wollet euch benebenst mir das Heil vnd die Wolfahrt des Macedonischen Reiches / mehr alß die Mißgunst meines neidigen Bruders zu allen vnd jeden Zeiten angelegen sein lassen.

PORIS. Durchleuchtigster Printz / nichtes bitte ich so sehr von den vnsterblichen Götteren / alß daß sie das Gemühte des Königes dahin wollen lencken vnd führen / daß er ja die nützlichste An- vnd Rahtschläge möge annehmen vnd jhm selbige gefallen lassen / damit nicht das höchlöbliche Königreich Macedonien in eussersten Jammer vnd Elendt gesetzet werde; Denn ich meinem weinigen Verstande nach / welchen mir die Götter verliehen / zur genüge kan erkennen / was so Krieg vnnd Bludtvergiessen in den Provincien vnd Länderen / für Vnglück vnd Noht anrichte / derowegen ich es an[143] meinem Fleisse vnd Trewe gantz vnd gar nicht will erwinden lassen.

DEMETRIUS. Nun / wollan Herr Statthalter / ich zweiffele durchauß nicht / jhr werdet solchem ewrem Erbieten ein völliges Genügen thun / wollen vns derowegen hinein verfügen / vnsere wolgemeinte Rahtschläge auff daß ehiste in das Werck zurichten.


Quelle:
Johann Rist: Sämtliche Werke. Berlin und New York 1972, S. 139-144.
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