Interscenium

Actus secundi.

[207] Personæ.


Telsche die Jungfraw / Hans Knapkäse / Laban der Bawrenknecht / Lurco der Aufschneider.


TELSCHE gehet allein auff. Summe Gott / ydt ys likers ein selßsam Dinck inner Warlt / ydt geiter likers wunierlik her / sünnerlik mittem frien: Ys dat nicht ein bedrövet Hannel / dat alle Kerls nu wilt dull werden / vnde mitter tydt alle de Bengels / de kuhm dröge achter den Ohren syn / willen Wyfer hebben / denn dat weht ick by my sülvest woll: Jck hebbe ock ree so mannigen Frier hat / dat ydt ein grouwel anthohören ys / man ick hebbe se ock ein dehls redliken lahten anlopen. Wenn de jungen Bradtvögels so erst anquemen / vnde my düchte datter wat Geldt by was / so stelde ick my jegen se ydel fründlick / vnde gaff ehnen so gude Worde / dar de dummen Düvels vaken so lustig auer würden / dat se spenderden all wat se im Huse vnnd Have hadden / man wenn my den vpt lateste düchte / dat de ripesten Fedderen darvan vnd eer Gelleken vp was / so gaff ick ehnen de Schüffel / edder alse man ydt an anderen Ohrden nömet / den Korff / so gingen denn die Martelers / als ein Hundt de dem Schwantz verlahren hefft / vnde klaweden sick wat achter den Ohren / dat se ehr gode Geldt so schendtliken vorleffelt hadden. Man nu dünckt my likesehr mitter tydt / dat ydt so in de lenge den Stick nicht holten will / ick moht oock man ins thor Ehre grypen. Auerst wennick so eenen na mynem Koppe krigen künne / de wat rick wehre / vnde dat so ein schlicht Blodt edder dummen Düfel wehre / (denn dahr wardt nu vaken nah sehen) de kan man wat brüden / vnde dwingen alß man se[207] hebben will / wo man auerst so einen strammen edder brauen Kerel nimpt / de sick mitter Welt wat hefft ümb de Ohren kilet / dem darff men ydt so nicht beden. Nu nu / ick mag sehen wat Gott geuen will / ick weht doch woll dattidt nicht lange wahret / so hebbe ick echter ein nien Frier / Hans trit auff / hat sein bestes Narrenkleidt angethan. man wo he nicht na mynem Koppe ys / so laht ick ehn afflopen alse ein ohlt Schüt. Nun sicht sie Hans. Auerst süe dahr / wat ys datfür ein Narr watten dusent Kranck wat mag de willen.

HANS sicht die Jungkfraw nicht. Glück zu jhr Herren / glück zu. Ja / ich finde euch noch alle bey einander sehe ich wol? Das ist mir elementisch lieb. Ja was mehr jhr Herren / wisset jhr wer ich nun bin? Kein Cornet, kein Rittmeister / kein Capitain, der Teuffel lasse sich mehr so scheren / mein Geleit ist nun auff / dazu sindt mir alle meine Soldaten entlauffen / aber daß schwere ich jhnen bey meinem Martialischen Degen / kriege ich die Diebe einmahl am Ohrte wieder / ich will sie dermassen zerfetzen / vnnd zerhawen / daß die Stücke sollen herümmer fliegen / insonderheit den groben Bawrschelmen den Laban, denn der hat mir gahr greulich viel Possen gemachet. Aber Messieurs, wisset jhr was mir denn nunmehr fehlet? Hört ich wils euch sagen: Jch muß ein Weib haben / oder auch ein pahr grössere Hosen / denn der heilige Ehestandt liegt mir gahr zu sehr im Hertzen / ja es trawmet mir auch des Nachtes davon / ich hette trefflich gern so ein braff / frisch / jung / schön / from / reich Medlein / Nun siehet er die Junckfraw. Aber / potz schlappermest / da sehe ich eine / stille stille! Ja daß wehr wol ein rechtes Vnterbette vor mich / ich muß hin zu jhr / vnnd mich jämmerlich gravitetisch stellen / da werdet jhr Possen sehen jhr Herren / was vnzehlich viel Laverentzen, oder wie mans a la mo do nennet / beselo manus ich machen vnd hindenauß scharren werde / ja da muß ich auffschneiden /[208] was gilts ich werde Partes kriegen: Nun gehet er zu jhr / machet ohnzeliche viel Ceremonien vnd redet sie also an. Einen sehr außbündigen / hochglückseligen vnnd wol qualificirten guten Tag / hoch vnnd viel-ehren-tugendtreiche Jungfraw Machet abermahl grosse reverentz.

TELSCHE. Danck hebbet gude Fründt / weset willkahmen: wat ys juw begehren?

HANS. Ach Ehrwürdige Damatzelle, es ist zwahr mein begehren nicht viel besonders / aber doch von grosser wichtigkeit / vnnd mechtiger importantz.

TELSCHE. Ey wat jy segget / mag man ydt denn nicht wehten?

HANS. Ach ja / wolte ich doch ein Ducaten drumb geben / daß jhr es all wüstet: Ach höret doch mein allerliebstes Kätzgen / ich bin so schwerlich geschossen.

TELSCHE. Süe doch / sij jy schaten? Wohr ys dat geschen / vör der Lückstadt / edder vor der Krempe?

HANS. Ach elementische braue Dahme / jhr müsset es nicht so verstehen / besondern ewre heltrieffende vnd fliessende Aüglein / so da leuchten wie die glentzende Schleiffstein / haben mir mein verfauletes Hertz dermassen zerfressen / durchbohret vnnd verschoren / daß ich auch das Instrument meines Lebens / ja auch meinen Adelichen Mannhafften vnd wunderschönen Leib / dem langbeinichten Todt vnd Menschenfresser werde hingeben vnd spendiren müssen / wo nicht jhr o allerehrwürdigste Göttin euch meiner werdet erbarmen / vnd mich annehmen vor ewren allerliebsten Haußhanen / daß ich mit den Flügelen meiner beyhangenden Glieder / nemlich der Armen / daß wunderbahre Firmament ewres allerschönsten goldtgelben Leibichens mög ümbfahen / erwärmen vnd beschützen / vnd daß schwehre ich euch bey meinen höchsten Ehren![209]

TELSCHE verwundert sich. J / J / help Marie / help Peter / wat ys my dat ein Narr! Ja de mahlet my dar ein Sennip her / dar ick vam ersten so veele verstah alse vam lesten. Höret doch gude Fründt vnd verdencket my nicht: Jy sydt wisse im Höuede nicht all tho woll bewahret / woll pflegt woll so toh Praten.

HANS. Ach was praten / was praten? Hole mich mit gunst zu reden der Kuckuck mit Leib / Seel vnd Füssen / habe ich euch nicht / so greulich / schrecklich / grimmig vnd abschewlich lieb / ich wolte euch wol vor grosser Liebe im Arse lecken.

TELSCHE. Pfui dy an du graue Esel / wust du frien? Wust du ein redlike Junffer hebben? Ja vorwahr bist woll entschüldiget. Seht doch ins wat he sick inbildet: Drewes Drümpel / Asmus Jöcksack / by dy ys my so dünne / alß wenn mick ein Buhr up de Scho mege / du rechte Jüchengerichte? Pfhy wohr leht man dy doch? De Tange her / da man dy mit int Water drigt / dat man de Hanne nicht besöhle / heruht Sipp / heffst du ock Flöie?

HANS. Behüte Gott / behüte Gott / meine allerschönste / liebste vnd tugendtlichste Jungkfraw / wie ists doch müglich / daß in ewrer überauß trefflichen / ja greulichen Schönheit / eine so grosse Hartigkeit verborgen seyn kan / insonderheit gegen einem so hochberühmbten Cavallier alse ich bin:

TELSCHE. Ey ja / dat dat yo nicht schlimmer werde / seht doch welck ein ehrbahr Kohfiller / Cavillere meene ick! Ja du bist de rechte Gast / seht doch: Jüche ys dat ock Flesk? Spurren syn dat ock Fiske? Süe doch wat he sick inbildet / Lüder vnd syn Mate / Hans mit dem Hümmelcken / laht doch sehn / heffstu ock Hänschen an? Wanne wo stincket de Buhr na der verkrüderden Jüche / ja du / du bist jo woll[210] entschüldiget / hastu man ein natten Sack ümme / vnde eine Ruchen vppem Marse.

HANS. Wie nun zum Zeuffel / was bildet jhr euch endtlich wol ein? Meinet jhr / daß jhr etwa einen Cujon oder Narren für euch habet? Sihe doch Annemetien Kinkanges / Schwinkschwanges / vor dem Marse ys yuw dat Hembd toh lange / Agnese mit den föfftein Titten / Annemetien Buckes / Sybilleke mit der holten Ehrßkarre / Wöbbeke mit der ströeren Klöve / Aleke mit der Brackenschnute / Orselcke Dirikedam / du rechte Meßhamel / laht Aleken fry gahn / tiß ehr woll ehr im Schlape gedahn.

TELSCHE. J / J / dat dick de qualm schlah allen Skrobbert henin / dahr du geist vnnd steist. J / denket doch / Arent Plattvoht wat de sick inbildet! Drewres mit dem legen Lyfe / ja by dy Nesewahter ys mick so foi / alß wanmick eine Lues anhojahnde / mit dy stickt man de Döhretoh / du rechte Lüetke Maen mit den Musselen / Hänske Möhrachter / Magnus Fuelbehn / Matz Niesenase / Chel Waterbueck / scher mick vht den Ogen.

HANS wird gahr zornig. Potz schlapperment wie werde ich denn geschoren? Du leichtfertige Courannie, wilt du mich nicht haben / so lecke mich im Arse vnnd laß bleiben / ich wol an ein anderen Ohrt kommen / da man etwas schönere vnd redlichere Tungkfrawen findet / vnnd solte dich heßliches Rabenaas der Teuffel bescheissen.

TELSCHE. Gah / dat du lahm vnnde krum wahrest / allen Flegel vnnd Berenheuter henin der du bist. Hans schleichet vom Platz schüttelt den Kopff / vnd wincket mit dem Finger. Hefft / mick de grothe Henger by den Narren föhret ick kan nicht löuen / dat he se alle viefe hadde / brocht te jo so[211] ein seltzahm Schnack hervör / was ock jo so Narrhafftig vhtgekledet / Laban gehet auff. dat ick nicht wüste wat ick daruth maken skulde / Man sühe doch / wat mag dat vor ein wesen / de dahr kümpt?

LABAN hat ein Beutel voll Geldt. Juch / lustig / hei courasi, hei lustig / nu frage ikker nicht ein Huniesfott mehr nah / hei frisk / juch hei / lustig holla / ick hebbe nu Gelles vnnd Godes genoch / de Knüfel müchte nu lenger ein Saldate wesen. Nu Gott loff vnde danck / dat myn ole Vaer vnde Möme so fyn süuerken van düier Warelt syndt affescheden / twas ock hoge Tydt / dat se ins stüruen / my heffter ock all so mannige leue Jahr na verlanget / dattick inß by de olen Dalerkens quehme. Nu ys ydt inse lücket / man alle myn liffske Dage hadde ichet nicht löuet / dat use Möme de olen JosephsDahlers vnde gladden Teinschilling stücke / so hüpsken hadde in de Kante settet / de kahmet my nu summe Gott rechte woll toh passe. Nu hebket / alsket hebben will. Jck hebbe ein goht Höffte / dartho woll 10. Morgen Lannes / 8. stücke Queckes / twee gude Ruhnen / twee Töten / elfen pahr Dufen / vnde süß noch allerley Hußraht van eggen vnde ploegen / vnnde in duiem Büdel hebbe ick ock ein passelck deleken redt Geldt / nu mangelt my nu nichtes mehr / alß man ein egen Wyff / dahr ick by schlapen kun / vnde demick de Hußhollinge wat in acht nehme.

TELSCHE ad Spectatores. Dat wehre woll de rechte Gast / ick marcke woll de hefft Geldt / de ehm dat affbrüden künde dat wehre hoch tydt.

LABAN. Jck gab füste / vnde dencke ümmeher / hier vnde so dar / wohr ick doch so eene kriegen könde / de my toh passe wehre / kwull woll dat se frahm wehre / vnde dat se ock wat glat ümb den Schnauel wehre / vnnde dat se ock wat vele Gelles hadde. Nun sicht er Telschen. Man[212] süe dar / dar steit eene / wat mag dat vor eene wesen? My düncket lükers / datkse woll ehr sehen hebbe / tiß ein gauwe Teue / kmuttse man inß anspreken / vnnde hören wat se secht. Er gehet zu jhr. Goien Dach / goien Dach Junffer / wat mak jy doch goes.

TELSCHE. Danck hebbet / weset willkahmen gude Fründt.

LABAN. Hebbet jy danck / ja wo isset den / sy jy so allene?

TELSCHE. Ja / hier sehket so wat an / kahmet settet juw hier wat dahl / vnde doht my ein weinig selschop.

LABAN. O Jck dancke juw / ick bin nicht rechte möde.

TELSCHE. Ey dorch Gott / settet juw wat / settet juw doch / ehr jy möde wardet.

LABAN. Nu Junffer / dewyle dat jy my so nötiget / so maggick my ein betten dalen / ey kahmet jy doch den ock ein hülick by my sitten.

TELSCHE. Wo ja van Harten geren Sie setzen sich.

LABAN weiß nicht was er sagen soll / fehet doch endtlich also an. Tiß Gott loff ein guht Wedder vör den Hußman / ick hape wisse / de Beeste skölet diet Jahr woll dien.

TELSCHE. Ja dat kan scheen / man segget doch / lüstet juw ock wohr eins tho drincken?

LABAN. Ja wenn jy wat hadden / ick versegge den Heren nenen Toeg.

TELSCHE. Verdencket my nicht dattick juw so allene lahte / ick will strax wedder by juw wesen / Gehet ab.[213]

LABAN alleine. Nun sittick hier alse ein anier Hunnesfott / vnd weht nicht wattick seggen skall / kwull woll dattset wüste dattick na ehr frien wull / man ick darffet so nicht driste wagen / Telsche kompt wieder. kunikse dar man ins by kriegen / datkse ins leeff hadde / so skult woll angahn / man süe / dar kumpt dat leue Aaß all wedder tho drillen / tiß semme Gott likers ein schmucke Tefe.

TELSCHE. Weset willkamen.

LABAN. Danck hebbet.


Telsche / hat ein Glaß vnd Kanne Bier / schencket frisch ein / drincket Laban zu vnd nöhtiget jhn sehr fleissig / endtlich so wagts Laban / vnd spricht.


LABAN. Junffer wo düncket juw / wullie wohr nicht mitter tydt frien?

TELSCHE. Datten weht ick nicht gude Fründt / mit vörlöff dat ick juw frage / wo ys doch juw Nahme?

LABAN. Wo / vorlöfes genoch / myn Nahme ys Laban.

TELSCHE. Ja Laban, jy seht myne Gelegenheit woll / ick bin noch wat jungk / ick hebbe noch ein halffstige Jahr tydt.

LABAN. J / Junffer wo jy nu schnacket / ne / ne / twer nu juwe rechte euen Tydt. Man holt my ydt tho goe Junffer Telsche: Gott geue dat my de barlicke Knüuel hale / wo ick dehren weht in düien heelen Lanne / de ick vör myne Parsohn leuer hebben wull tohm echten Gaden alse juw.

TELSCHE. Jck dancke juw deß Laban, ja / dar stünne noch van toh schnacken.[214]

LABAN. Dat ismk leeff / dat jy so segget / man dar wull ick juw woll flitig ümme beden hebben / jy wullen my doch neenen langen Dach setten.

TELSCHE. Neen ick sümme Gott / vppet allerhögste söß edder söuen Weken.

LABAN. Nu / nu / dar binnick mee toh freen / dar gelt ydt einmahl up.

TELSCHE. Woll bekahm ydt juw. Man höret doch Laban, will wy nicht ein betien tydtkorten / vnd wat in de Kahrte spelen.

LABAN. Wo ja mynenthalffen / ick frager nu hundert vnd twintig dusendt Elemente nah.


Nu fahen sie an zu spielen / Telsche gewinnet jhm zum theil das Geldt ab / zum theil stielet sie es ihm /vnter dessen seuffet Laban frisch fohrt / vnd wie er nun halb voll ist / spricht er.


LABAN. Wo isset Telsche / skullem hier wohr nicht ein Speelman kriegen könen.

TELSCHE. Wo ja / schele Bartelt / vnnde syn Mahte de finnige Lammert / de wahnet hie dichte by / kwill man gahn vnde ropen se inn.


Telsche kommet mit den Spielleuten / Laban jauchtzet / vnd singet in die Geigen / tantzet mit Telschen auff dem Platze herümmer / spendieret jhnen in die Geigen / vnter dessen stehet Hans /vnnd gucket auffs Theatrum, endtlich kompt er herauß mit einem guten starcken Prügel / fehet an zu schreien.


HANS. Sa / sa / sa sa / finde ich dich hier du ehrlicher Vogel / du verlauffener Schelm / harre harre / nun will ich dir die 3. Reichsthaler auß dem Kopffe schlagen / die ich dir habe[215] auff die Handt geben. Hiemit schlecht er tapffer auff ihn zu / Laban leufft immer vorher / schreiet Mordio, Mordio, Hans aber jaget jhn sampt den Spielleuten auff dem Platze herümmer / vnterdessen stehet Telsche vnd lachet von Hertzen / endtlich lauffen sie gahr davon / Hans schnaubet wie ein Behr / geht zu Telschen vnnd spricht.

HANS. So / so / muß man seine refensie suchen / wie düncket euch nun bey mir / meine hochehrentugentreiche Jungkfraw / wie gefiehl euch dieser Scharmützel? Habe ich mich nicht frisch gehalten / vnd die Berenheuter tapffer gekeilet? Nein Per dieu, ich fürchte mich nicht vor 20. Kerls / wenn ich schon gantz mutter alleine bin.

TELSCHE. Nu summe Gott / dat moth ick seggen / alle myn liffske Leuedage hadde icket nicht löuet / dat jy so ein Hart in juwen Panssen hat hadden / man seget my / worümb schlöge jy doch den armen Düfel so / wat hadde jy mit ehm toh dohn?

HANS. Ey der leichtfertiger Schelm hat vor diesem vnter meiner Compagnie gedienet / vnnd ich habe jhm etliche Gelder auff die Handt geben / aber der Galgendieb ist mir damit entloffen.

TELSCHE. Ey so höre ick woll / jy sydt ein Böuerste / dat hebbick toh vören nicht wust.

HANS. O Ja / was ist das / ich bin all vor 10. Jahren Major gewesen / aber sagt mir doch meine ahrtige / schmucke / schöne / braue Jungkfraw / warumb habt jhr mich zuvorn so elementisch außgemachet / alse einen Beutelschneider / es war schier ein bissen zu viel.

TELSCHE. O Herr Major verdenckt ydt my nicht / ick meende warhafftig / dat ydt juw ernst nicht was / dat jy my hebben wullen / dartho was ydt ock man myn kortwill.[216]

HANS. Was / nicht Ernst seyn? ich habe euch noch diese Stunde so gottsjämmerlich lieb / daß ich schier toll vnd vnsinnig darüber werde.

TELSCHE. Ja Her Capitein jy seht woll / den Gesellen ys so nicht allerdinges toh truwen. Man höret inß / ick will juw eener wegen mit braberen / wo jy my dat toh willen doht / so will ick woll löuen / dat ydt juw rechte Ernst ys.

HANS. Was? Jch wolte lieber / daß mir die Leber zur Lenden herauß geschnitten wehre / wenn ich nicht eurenthalben thun wolte alles was jhr nur begehret / O meine kleine / feine / reine / braue Kungkfraw / eurenthalben wolte ich wol biß nach Rom / ja wol hundert Meilweges lauffen.

TELSCHE. Nu nu Her Böuerste / ich truwe juwenn Worden / seht hier hebbick einen Sack / will jy darin krupen / vnnde my toh willen vnde gefallen man eene Nacht darinne schlapen / so will icket woll balde marcken / effte ydt juw Ernst ys / vnnde wer jy my van grundt juwes Harten leeff hebbet.

HANS. Potz ackermest / wo das ist eine schlechte Sache / in einen Sack kriechen / ich wolte ewrenthalben wol zwantzig tausendt Nachte darinnen schlaffen.

TELSCHE. Nu nu / myn allerleueste / nu sehe ick dat jy my recht van Harten meenet / nu deyt miet ydel leedt / dat ick juw nicht ehr leeff hat hebbe / Nu so krupet dar mann henin / vnnde ligget ock ydel stille / man dat segge ick juw vör allen dingen / jy möhtet by Liue vnde Halse vör allen dingen nicht een Wörtlien spreken.[217]

HANS. O Ja / ja mein Hertzgen / ich will gerne alles thun was jhr mir befehlet. Nun kreucht er mit seltzahmen Ceremonien in den Sack / machet viel Auffzüge dabey ehe er hinein kompt. Telsche geht von jhm / vnd spricht zu den Spectatoribus. Ys my dat nicht ein redlike Kortwyl / dat sick de Narr so in den Sack brüden leht / dar mag he nu liggen / dat he krumm vnde dröge wardt / de erste de dar man wedder kumpt / den will ick vp ein andere Maneer vpthen / Lurco gehet auff. denn dat ys myn gröteste Lust / de ick vpper Warlt hebbe / dattick de jungen Schnußhanen / so anföhren vnnde tumlen mag. Man süe doch / kumpt dar nicht myn ole Frier her / de Grohtspreker Lurco? Ja summe Gott he ysst / nu / den moht ick ock redlik brüden / de ysset wehrt / he skall rechtschapen ankamen / dat laue ick ehm.

LURCO. Du lieber Gott / was ist es doch ein seltzahmer Handel auff dieser Welt / daß sich die Menschen auff so mancherley Ahrt vnd Weise müssen ernehren. Aber sich da / woher / woher? Glückzu hochehrentugendtreiche Jungkfraw / wie gehts / wie stehts?

TELSCHE. Jck dancke juw fründtlick Monsör Lurco, wor hebbe jy so lange steken / dat men juw nicht ins hefft könen toh sehende kriegen?

LURCO. Ach halbgöttliche Jungkfraw / himlische Hertzenzwingerin / ewre in den Wolcken schwebende Tugendt weiß sich ja noch sehr wol zu erinneren / was massen ich vnwürdiger Madensack / mit ewigwehrender vergiessunge der klaren Wasserquellen / meiner fliessenden Fonteinen oder Augen / ewre sehr ansehnliche Liebe / Gnade / Hulde / Gunst / Freundtschafft vnd Favor, vor diesem habe gesuchet. Ach was hab ich mich die Zeit über gegremet / zerheulet / zerweinet vnd zerklaget / vnd hat die elementische Liebe / mein feuchtes vnd auffgeblehetes Hertz dermassen zermalmet / daß ich[218] mir auch endtlich vorgenommen / wofern ich ewren schönen viereckichten vnd klafftermessigen Leib nicht würde vor mein eigen bekommen / mich selber allsobaldt mit einem hanffenen / zuziehenden Instrument henckermessig an einem Baum zu knüpffen vnnd meine veramorirte Seele auß dem zermarteten Cörper / gantz vnd gar hinweg zu spediren, das ist (kürtzlich geredet) sterben.

TELSCHE. Wo nu Monsör Lurco, behöde Gott davör / dat ys (kort geredet) hengen / wehte jy nicht dat dat eenen plegt im Halse weh toh dohn? Auerst my düncket dat syn man Wörde mit juw / wat leht sick nickt seggen / jy fraget de Süke na my / ick löue wenn ick juw um ein geringe Ding bede / jy skullent my woll kuhm toh gefallen dohn.

LURCO. Was hochehrentugendtreiche Dahm? zweiffelt jhr noch an meiner offtprobierten / eysenfesten / steinharten Trew? Begehret nur von mir was jhr wollet / ich soll es euch gewehren / ja solte ich auch ewrenthalben durch ein brennendes Fewer daß eine halbe Meile breit wehre / lauffen oder auch in einen Brunnen / der 50000. Klaffter tieff wehre / springen / ja ich wolte mir ewrer Liebe wegen / wol Arm vnd Bein abhawen.

TELSCHE. Behöde Gott Junckcr Lurco / wo nu toh? Dat begehre ick nicht / dat jy juw minenthaluen Arm vnde Been affhauwen / edder in den Soht vnd dörch dat Füer springen skullet; Neen / doht my man so vehle toh willen / vnnde blyfet my eene Nacht by dem Sacke stahn de jent hen ligt / dar hebbick ein leuendig Deert in / dat my dat man nemandt weg nimpt / man jy möhtet den Sack by lyue nicht upmaken / ock neen Wort darby spreken / wo jy my düsse Fründtschop dohn wilt / so kan ick juw sekerlick so truwen / dat jy my van Harten meenet vnde leeff hebbet.[219]

LURCO. O ho Jungkfraw Telsche / was ist das? Ewrenthalben wolte ich wol hundert Nachte im tiefesten Schnee stehen / ja wens auch Bickelsteine fröre.

TELSCHE. Och neen dat wehre toh veel / blyfet jy hier man düsse eene Nacht / man seht jo by liue toh / dat jy dar neen Wohrt by spreket.

LURCO. Daß soll kein noht haben / ich will schweigen alß ein Stein / vnd stehn alß ein Mann.

TELSCHE. Nun Gott bewahre juw myn leue Lurco.

LURCO. Vnd euch mein allerliebstes Kindt.


Lurco stehet gahr stillschweigendt bey dem Sacke /Hans liegt drinnen vnd bebet / Telsche lachet gahr hönisch vnd spricht zu den Spectatoribus.


TELSCHE. Dat syn my ein pahr Narren auer alle Narren / de eene let sick dartho brüden / dat he in den Sack krupt / Laban gehet auff. vnd de ander Geck steit darby vnde holt de Schiltwacht / dat ehn nemandt wegstelen schal. Man sühe dahr / föhret nicht de Henger den Laban dar weeder her?

LABAN. Süe dahr / süe dahr / Junfer Telse / goen Dach geuesk Gott / ja finne ick juw hier noch?

TELSCHE. Ja Laban, noch bin ick hier. Man segget my doch wohr thom krancket bleue jy tohvören?

LABAN. Wohr skullick bliuen? Dahr föhrede de grothe Vhle den schmachtigen Skrubbert den Hanß Knapkäsen[220] her / vnd de Narrenkop nam mik inß an vor ein gefrieter Capperal / man hadik so wahrliken vpperstede wat inner Handt hatt / alsk nu hebbe / he skull vor angst de Brock vull scheten hebben / dat wulkem likers wol lauet hebben. Man höret doch min allerleueste Telsche / wehte iy ock noch wol wat iy vppersten seden / dat iy mick hebben wullen vnd iymick ock nenen langen Dach setten wullen.

TELSCHE. Ja Laban datten weet ik noch jdel wol / man my döncket iy wilt my man so wat tho hien fahten / dat iß doch yuw ernst nicht / dat kannick sachte dencken / ik bin so dumm nicht.

LABAN. J Junffer Telsche wo thom knüvel sy iy so vnlöuisch / ik wul leuerst dat my de Kranckt halede / wan ikt nicht hartliken menne / löuet doch mynen worden / tiß by golle min ernst.

TELSCHE. Nu Laban ik wil yuv twahr truwen / man einerley möchte iy my tho willen dohn / dar willick yuw flitigen vmme beden hebben.

LABAN. Wo ja van harten geren wilket dohn all wat iy man hebben wilt wenket man weht.

TELSCHE. Nu nu / dat is recht. Seht doch inß min gude Laban / dahr steith vp gönnen Orde ein Kerel / de heft ein Kalff im Sacke / vnd dat wullick wol gerne van ehm hebben / man he willet nicht missen / doht iy doch dat beste / datt iy ydt van ehm krieget / mit gude edder mit quade. Jk weth wol iy sündt ein dullen Düfel de dar nicht veel nah[221] fraget / iy seht wol tho / wo iy ydt maket / dat iy my dat Kalff herbringet.

LABAN. Wo dat schal neen noht hebben / dahr willick sachte mede tho rechte kamen / he skal my dat Kalff dohn / edder ick schla my mit ehm herdör / datter dat rode Sap na geiht / ik frager nicht ein Hunjesfott nah / kwill man strax tho ehm hengahn / dat Kalff iß all min / Gehet hin zu jhm.

TELSCHE ad Spectatores. Help Godt dahr hebbick de Narren tho hope skünnet / dar wart wol ein herlick Leuendt vth wahren. Telsche schleichet heimlich vom Platze.

LABAN ad Lurconem. Goien Dach / goien Dach Fründt.


Lurco. Wincket mit dem Kopfe spricht aber kein Wordt.


LABAN. Goien dach iy Mann / höre iy nicht?


Lurco. Wincket abermahl vnd sicht gar böse auß.


LABAN zeucht Lurconem beym ärmel. Hört hier goie Fründt / wo dühr dat Kalff im Sacke.


Lurco stosset jhn zornig zu rücke.


LABAN. Wo nu thom Düfel / wo ysset mit dy wat schadt dick / bist du stumm / doh de Flabbe vp vnd sprick.


Lurco wincket abermahl daß er schweigen soll.
[222]

LABAN. Watten feldtswunien skadt dem Kerel? Js he ock rechte wyß? Wult du spreken so sprick / edder di skall de störten schite in de Keke fahren.


Lurco stösset jhn abermahl im zorn zu rücke.


LABAN. Nu nu / schwieg du so lange alß du wult minenthaluen / ik gah mittem Kalue dör.


Laban greiffet nach dem Sacke / Hanß zittert vnd bebet darinnen.


LURCO fehet an zu reden. Du Berenheuter laß mier hie den Sack liegen / oder wir werden vns so darümb zerkeilen / daß die Hunde das Bluht mitt hauffen lecken.

LABAN. Wo du wult mick likers wol jo nicht freten / nu wilket likers hebben / vnd süe dat frage ik nah dy Schlegt ein Knipchen.

LURCO. Dier sol gleichwol der Hencker baldt auff die Ohren fahren / wo du mich beginnest zu cujoniren.

LABAN. Cujaneren hen / cujaneren her / ik gah mitten Sacke dör Greiffet abermalen darnach Lurco schlegt auff jhn zu / Laban wehret sich / zausen sich also wacker auff dem Theatro herümb / biß endtlich Hans im Sacke beginnet zuschreyen. Hola hola jhr Herren / wie zum Teufel seid jhr toll. Hanß stehet auff / hat den Sack noch halb über dem Leibe / Lurco vnd Laban erschrecken für Hanß seinem Geschrey / lauffen hinein / Hanß schleget hinden nach / vnd leufft auch endlich mit hinein.


Finis interscenii Actvs secvndi.
[223]

Quelle:
Johann Rist: Sämtliche Werke. Berlin und New York 1972, S. 207-224.
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