Scena I.

[13] Porphyrius. Peterman.


PORPHYRIUS.

Die Welt hat ein gemein sprichwort,

Das hab ich offt und viel gehort:

Wer sich genügen lesst auff Erd,

Der gdenckt nicht, das er reicher werd.

Darnach hab ich gehalten mich:

Ich hab vollauff vnd bin sehr reich

An glück, gelt, gut, gunst, ehr vnd freund,

An gsind, vieh, korn, wein, zins vnd rent.

Mein Eltern habn mir viel gelassn;

Darauff wer abr wenig zu passn,

Wenn ich nicht selbst auch hett gedacht,

Wie ich mehr hett zuweg gebracht,

Vnd all mein vleis daran gekert,

Wie ich mein güter hett gemehrt;

Wie ich an meinen Brüdern sich,

Die nicht so viel haben wie ich,

Wiewol ich für jn allen doch

Jm Erbtheil ghabt ein fürzug noch.

Denn wer eim dinge trachtet nach

Mit vleis, ers leicht erjagen mag.

Wer nach eim gülden wagen ringt,

Auffs wengst ein Luns er dauon bringt.

Also wo ich was wust zu gwinnen,

Ließ ich mirs nicht on nutz entrinnen;

Abr alles doch mit ehrn vnd recht.

Trotz, wer mirs anders vberbrecht!

Gestoln hab ich niemand sein gut,

Habs nicht geraubt, wie mancher thut,

Hab niemand auch darümb betrogn,

Habs niemand felschlich abgelogn.

On jemands hülff mit meinem vleis

Hab ichs erworben guter weis.

PETERMAN.

Mein Herr hat böser Nachbarn viel,

Das jn sonst keiner loben wil.[13]

Man solt sein Bawrn vnd schuldner fragn,

Die würdn darzu viel anders sagn.

PORPHYRIUS.

Man sagt mir, Gotts wort sprech dergleich,

Gotts segen mach alleine reich.

Das laß ich gleuben, wer da wil;

Ich abr erfahr das widerspiel.

Hett ich mich nicht selbst gschickt darein

Vnd vleissig gsehen auff das mein,

Ich hett wol lang genug verzogn,

Eh mir ein gbratn taub ins maul gflogn.

Gotts segen hett mir nichts gebracht,

Hett mich wol eh zum Bettler gmacht.

PETERMAN.

Insonderheit ein Gottlosn Man,

Der nichts denn prangn vnd schlemmen kan.

PORPHYRIUS.

Ich hab mir selbst sawr werden lassn,

Getracht, gepractiziert dermassn

Mit reisen, wandeln, handeln viel,

Das ich nu hab erreicht das ziel.

Hab viel einkommens jehrlichs guts,

Das ich hinfort kan sein guts muts,

Kan zehren, prassen tag vnd nacht.

Mit meinm vleis hab ichs dahin bracht.

PETERMAN.

Gott vnd Eltern habn nichts gemacht?

Wie wird Gott straffen diese Pracht!

PORPHYRIUS.

Ich geb auch noch acht auff die ding,

Das mir mein gut nicht werd zu gring.

Mein Zins vnd Rent mus man mir ebn

Zu rechter zeit vollkömlich gebn.

Ich borge niemand, wer nichts hat,[14]

Ein Pfand laß er mir an der stat.

Löst ers auff gnante zeit nicht ein,

So ists verstanden, bleibet mein.

Auch leih ich niemand, es sey dann,

Das ers mit gwinn bezalen kan.

Wer dem viel leihet, der nichts hat,

Der macht sich feind vnd hat es schad.

Was mir zu kauff ist, halt ich an,

Biß ichs auffs thewerst geben kan.

Ob mirs nicht halber kost so viel,

So geb ichs doch, wie ich nur wil.

Was ich bin schüldig, zahl ich ebn,

Vmbsonst wil mir niemand was gebn.

Ich geb auch niemand, es sey dann,

Das er die schuld beweisen kan.

Den Bettlern bin ich schuldig nicht;

Warümb thun sie nicht auch wie ich?

Wer gut wil han, der seh sich vmb,

Das er wie ich was vberkum.

Denn die Welt ist wie ein hewhauffn,

Wer mag vnd kan was daruon rauffen.

PETERMAN.

Wie wird der Teufl mit seinen Tatzn

Dich ein mal wider rauffn vnd kratzn!

PORPHYRIUS.

Gleichwol bin ich kein karger Hund,

Ders spare für seinm eignen Mund,

Sondern leb wol von meinem gut

Vnd hab dauon ein guten mut

Mit köstlichem Essen vnd Tranck,

Mit prechtign Kleidern ich herprang.

Kein guter Biß mus mir entstan;

So er mir schmeckt, muß ich jn han.

Mit Kleidung streich ich mich heraus,

An pracht vnd zier nichts mangeln muß.

Mit seiden, Purpur zier ich mich,

Das jederman verwundert sich.[15]

Mit fingern weist man denn auff mich,

Spricht: Sich zu, sich, das ist der Reich!

Vnd thut mir jederman gros ehr;

Wer mich grüst, spricht: Gnad Herr, Gnad Herr.

Dauon wechst mir das Hertz im Leib,

Das ich denn grösser prangen treib.

Sag, was man wol, so ehrt die welt

Für kunst vnd frömbkeit gut vnd gelt.

Dem Reichen viel Leut günstig seind;

Wer Gelt gnug hat, der hat viel freund,

Den grüsst vnd schwagert jederman.

Den armen man nicht sihet an;

Der arm ist bey niemand geacht,

Er wird von alleman verlacht.

Er kam, wohin er wil auff Erd,

So ist er doch gring vnd vnwerth.

Hat er zu handeln für gericht,

Sein Grechtigkeit jm hilffet nicht,

Es ist allzeit des Schultzen Kue.

Was darffs viel wort, im stimt niemnd zu.

PETERMAN.

Im Himml ist noch ein frommer Man,

Der den armn auch erretten kan.

PORPHYRIUS.

Derhalbn meins guts frew ich mich sehr,

Ich hab dauon freund, gunst vnd ehr,

Zier mich auffs köstlichst, eß das best,

Leb allzeit wol, hab vielmahl Gest.

Denn weil ich so viel an mich gbracht

Durch grosse mühe tag vnd nacht,

Das mir hinfort nichts mangeln kan,

Warümb solt ich nu nicht dauon

Hernach haben ein guten muth?

Nach ghabter müh ist feiren gut.

Denn drümb ists mein, das ich es brauch.

Drümb wil ich heut wie lang zeit auch

Mit guten Freunden zu Mittag[16]

Vnd denn den gantzen tag hernach

Biß in die Mitternacht hinein

Frölich vnd guter dinge sein.

PETERMAN.

Sprich erst: Ob Gott wil, lieber Herr!

Für mittrnacht her leufft viel beschwer,

Es kan sich mancherley zutragn,

Eh man darff guten abend sagn.

PORPHYRIUS.

Wil aber vor befragen mich

Mit meinem schreibr, wie es geschicht,

Das noch die Zins nicht all auffkömpt,

Das er die zeit mir nicht verseumpt

Vnd ich darnach dest freyer mag

In frewd zubringen diesen tag. –

Sich aber, dort er kömmet ebn.

Nu mus er mir bescheid drümb gebn.


Quelle:
Georg Rollenhagen: Spiel vom reichen Manne und armen Lazaro. Halle a.d.S. 1929, S. 13-17.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Ebner-Eschenbach, Marie von

Bozena

Bozena

Die schöne Böhmin Bozena steht als Magd in den Diensten eines wohlhabenden Weinhändlers und kümmert sich um dessen Tochter Rosa. Eine kleine Verfehlung hat tragische Folgen, die Bozena erhobenen Hauptes trägt.

162 Seiten, 9.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon