Scena XVIII.

[113] Syrus. Byssinus. Merimnus. Lampros. Euphrænon.


SYRUS abducto domino redit.

Wie kömpt es, das der Herr die Gest,

Eh sie weggangen, so verlest?

Das Mnemon weg ist, ist nicht new,

Der hat am sauffen stets ein schew.

Beim Herrn bin ich es nicht gewohnt;

Es mus nicht recht sein, wie mirs ahnt.

Doch weil mein Herre mir befohl,

Das ich der Geste warten soll,

Mus ich nicht lang von jnen sein,

Das jn vielleicht nicht mangel Wein.

BYSSINUS.

Wie, bringst den Herren wider nicht?

SYRUS.

Er hat das seine schier verricht.

BYSSINUS.

Wird er denn nicht herwider kommn?

SYRUS.

Seid frölich vnd trinckt nur herumb!

MERIMNUS.

Vnd Dæmones bleibt aussen auch.

EUPHRÆNON.

Mich deucht, er hat auch sein gefug;

Er hett mehr, denn er tragen kund.

LAMPROS.

Wir kommens zwar auch schier zu fund;

Drümb wers auch mit vns zeit fürwar,

Dweil doch der Wirt nicht mehr ist dar.


Reliqui fratres surgunt.
[114]

MERIMNUS.

Ey, auff dem Pferde, wie man spricht,

Noch eines!

BYSSINUS.

Ich versag dirs nicht.

Trinckt her! Ich nehm es willig an,

So wolln wir mit einander gahn.

CHORUS.

Wir sind geboren hie auff Erd

Mit Schmertzen vnd mit Sorgen;

Eh wir recht wol verstendig werdn,

Thut vns der Tod erwürgen.


Was hilfft vns denn vnsr Geld vnd Gut,

Was hilfft vns Lust vnd Ehre?

Gar bald ergreiffet vns der Tod,

So brauchen wirs nicht mehre.


Denn mus auch mancher stoltzer Leib

Verfaulen in der Erden

Vnd, der zuuoren Hoffart trieb,

Ein Speiß der Würmer werden.


Wer reich ist, treib kein Vbermuth,

Thu nicht arm Leut vernichten.

Jm hilfft doch nichts sein Geld vnd Gut,

Wenn Gott einmal wird richten.


Wer arm, elend, verlassen ist

Vnd Gott mit Gdult kan trawen,

Der befind, daß auff Gott zuletzt

Nicht sey vergebens bawen.


So last bey zeit vns Busse thun

Vnd bessern vnser Leben,

Das, wenn der Tod vns greiffet an,

Vns Gott sein Fried mag geben!


Dum recitatur Chorus, reliqui fratres more vacillantium discedunt; quo facto inter canendum mensa tollitur.


Das vierde Theil.

Quelle:
Georg Rollenhagen: Spiel vom reichen Manne und armen Lazaro. Halle a.d.S. 1929, S. 113-116.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Auerbach, Berthold

Barfüßele

Barfüßele

Die Geschwister Amrei und Dami, Kinder eines armen Holzfällers, wachsen nach dem Tode der Eltern in getrennten Häusern eines Schwarzwalddorfes auf. Amrei wächst zu einem lebensfrohen und tüchtigen Mädchen heran, während Dami in Selbstmitleid vergeht und schließlich nach Amerika auswandert. Auf einer Hochzeit lernt Amrei einen reichen Bauernsohn kennen, dessen Frau sie schließlich wird und so ihren Bruder aus Amerika zurück auf den Hof holen kann. Die idyllische Dorfgeschichte ist sofort mit Erscheinen 1857 ein großer Erfolg. Der Roman erlebt über 40 Auflagen und wird in zahlreiche Sprachen übersetzt.

142 Seiten, 8.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.

428 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon