Scena II.

[66] Nickel Vnkraut. Hans Hon. Porphyrius. Daemones.


NICKEL VNKRAUT.

Wir sein potz veltn zween fein Geselln,

Als man nicht leicht hett finden solln

In sechs Königreich solch zween Knecht,

Die so vnternander weren gerecht.

Wir schlaffen gerne beide lang,

Der Arbeit thun wir keinen drang

Vnd sein liebr, da man Hüner jagt,

Als da man halt fürm Feind ein schlacht,

Trincken auch beide gern rein aus,

Sein beid frölich, lebn stets im sauß.

HANS HON.

Drümb habn wir auch beid gleich viel geld,

Ich mein, wir sein beid ja fein Held.

NICKEL VNKRAUT.

Was wir nicht han, habn ander Leut,

Wir kriegen gleichwol manche Beut,

Gilt gleich, wo wirs bekommn odr nemn.

Wer was wil han, mus sich nicht schemn.

HANS HON.

Sich aber, potz Nickl, wer sein die Herrn,

Die vns da kommen her von fern?

NICKEL VNKRAUT.

Sümmer potz velten, das ist recht,

An die mus vleiß werden gelegt.[66]

Ein Reuterzerung müssn sie gebn,

Dauon wir können habn gut Lebn.

HANS HON.

Ja warlich; aber sich wolan,

Das mans an vns nicht mercken kan,

Das wir mehr habn sagen gehört

Denn selbst gewest, da Krieg geführt!

NICKEL VNKRAUT.

Ey, habn wir denn nicht eh gelogn

Vnd solche Leut vmbs Geld betrogn!

Großsprechen dienet zu der sachn.

HANS HON.

Wolan, sie kommn; wir wollns wol machn.

NICKEL VNKRAUT.

Ehrnvheste Juncker alle beid,

Gestreng Heubtleut, odr wer jr seid,

Wir sein Kriegßleut vnd tapffer Held,

Habn manchen Herrn gedient vmb sold;

Jetzt aber habn wir nichts zu zern.

Drümb bitten wir, lieben Junckern,

Ein Reutrzehrung wolt vns beysammn

Mittheiln, damit wir weiter kommn

Vnd vns so erhalten in Ehrn,

Biß das wir kriegen einen Herrn.

PORPHYRIUS.

Von wann seid jr? Wo kompt jr her?

NICKEL VNKRAUT.

Lieber Juncker, wir sein Syrer

Vnd habn gedient dem Römischn Reich,

Dem Keisr August, der hat kein gleich.

Vnsr Heubtman war Quintilius,

Der sonst genennet ist Varus.

Mit dem sind wir aus Syrien zogn[67]

Ins Deutschland, da ist er geschlagn

Vom Harminio, wie euch bekant

Vnd rüchtbar ist in alle Land.

DÆMONES.

So hör ich wol, so habet jr

Gefolget dem Hasen Bannir?

NICKEL VNKRAUT.

Die Landßknecht hielten tapffer an,

Es feihlet an dem Heubtman.

Der war den Feinden viel zu schlicht,

Er kent der Deutschen Manheit nicht;

Drümb ward er nieder glegt im Feld,

Vnd starb bey jm gar mannich Held,

Das gar wenig dauon sein kommn.

DÆMONES.

So habt jr gleich die Flucht genommn?

HANS HON.

Ja, lieber Junckr, es thet auch noth,

Kein besser Rath war für den Tod.

PORPHYRIUS.

Wie kompt jr denn in diese Land?

HANS HON.

Ein Wasser wird der Rein genant,

Darauff schifften wir in das Meer

Vnd sein also hier kommen her.

DÆMONES.

Wie köndt jr denn hieher kommn sein?

Leufft doch der Rein ind See hinein?

NICKEL VNKRAUT.

Durch die Columnas Herculis

Sein wir gezogen, das jrs wisst.[68]

DÆMONES.

So hab jrd Land vmbd Ohrn geschlagn?

HANS HON.

Ja, so mus mancher Kriegßman wagn.

Drümb, lieben Junckern, ist vnsr bitt,

Ein Reuterzerung theilt vns mit,

Das wir nicht suchn zu heisse Bratn,

Jn die böse Gsellschafft gerathn,

Da Pfarrer vnd Henker mitlauffen

Vnd wir im hohen Holtz ersauffn,

Da eim die Augen vbergehn,

Wenn man durch ein Henffn Brill mus sehn.

Ewr Mildigkeit wollen wir rühmn

Bey alle Mann, da wir hinkommn,

Vnd sein es zu verdienn bereit

Vmb euch mit Leib vnd Blut allzeit.

PORPHYRIUS.

Mich deucht, jr seid zwar gut Compan.

Seht, die vier Kronen solt jr han,

Nempt die für lieb vnd hawet hin!

NICKEL VNKRAUT.

Des wollen wir stets danckbar sein. –

Das Bettelwerck vnd gartn darnebn

Thut warlich gute Beute gebn,

Besser, denn da man Lermen schleit

Vnd da es an ein Stürmen geit.

Drümb ist mein Rath allwege das:

Weit dauon dienet für den Schoß.

HANS HON.

Warlich das ist ein gute Beut,

Nu habn wir gnug zu schlemmen heut.

Wer wolte dafür pflügn vnd seen

Vnd dreschen, wie wol eh geschen!

Drümb, mein Gesell, so ziehn wir hin,

Da wir finden den besten Wein.[69]

Wenn das auff ist, so kriegn wir mehrn;

Wo nicht, mus vns der Bawr ernehrn.


Quelle:
Georg Rollenhagen: Spiel vom reichen Manne und armen Lazaro. Halle a.d.S. 1929, S. 66-70.
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