Scena VIII.

[77] Oeconomus. Kelner. Peter Koch.


OECONOMUS.

Sich, was hat der Kelner im Sinn?

Wo wil er mit der Kandel hin?

Zur Küchen zu, was gilts, wolan,

Des Kochs er wol gedencken kan.

KELNER.

Glück zu, mein Peter, denckst auch mein?

PETER.

Ja warlich, ich vergeß nicht dein;

Denn ich hett lengst gern ghat ein Trunck.

KELNER.

So sey getrost, ich bring dir gnug.

Hast nicht gut Bißlein auch für mich?

PETER.

Ich weiß wol zu versorgen dich.

Drümb setz dich her zu mir vnd iß![77]

KELNER.

Warlich, das sein gut Leckerbiß,

Das schmeckt mir aus dermassen wol.

PETER.

Ey, das ich nu verdürsten soll

Beim Kelner, der Wein hat vollauff!

KELNER.

Sich da, mein Gsell, nur weidlich sauff!

PETER.

Ich mein, das war ein guter Stich,

Nu hab ich recht erquicket mich.

KELNER.

Wie, wenn der Hoffmeister kem an

Vnd fünd mich hier, was meinst wolan,

Ein gute Saw dürfft er mir gebn?

PETER.

Ein Saw, die dient zur Küchen ebn,

Darnach macht man gut Würste von.

KELNER.

Mit nicht, er mag sie selber hon.

PETER.

Sich aber da, was bringt vns der?

KELNER.

Ey, welcher Hencker führt jn her?

Ich halt, das ers geriechen kan,

Wenn ich eins komm ind küchen gahn.

OECONOMUS.

Was machestu, Kelner, alhier?

Der Keller ist befohlen dir,

Vnd dir die Küch, das kein verzug[78]

Am Essn vnd Wein fürfallen müg.

Nu gsellt jr euch bereit zu hauff,

Das jr euch je bey zeit vollsaufft.

KELNER.

Nein, drümb ich nicht herkommen bin.

OECONOMUS.

Wo kömpt die Kandel hie herein?

PETER.

Ich hab sie nicht getragen her.

OECONOMUS zum Kelner.

Du hasts gethan.

KELNER.

War sie doch leer.

Soll ich sie nicht außspülen dann,

Weil ich kein Wassr im Keller han?

OECONOMUS.

Jr spült euch selber, wie ichs halt.

Nu hin zum Keller mach dich bald!

Denn man dich jetzt schon sucht vmbher,

Weil man soll Wein aufftragen mehr.

Vnd, Peter, richt du wider an!

Dromo, bring du das Essen dann!

KELNER.

Das war gut, das ich das bedacht,

Sonst hett er sich mehr vnnütz gmacht.

Jetzt wil ich thun, was mir gebürt,

Darnach mein theil mir noch wol wird.

Wenn nu der Herr sich schlaffen legt,

Sich dennoch wol ein Zech zutregt.


Quelle:
Georg Rollenhagen: Spiel vom reichen Manne und armen Lazaro. Halle a.d.S. 1929, S. 77-79.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Meyer, Conrad Ferdinand

Das Leiden eines Knaben

Das Leiden eines Knaben

Julian, ein schöner Knabe ohne Geist, wird nach dem Tod seiner Mutter von seinem Vater in eine Jesuitenschule geschickt, wo er den Demütigungen des Pater Le Tellier hilflos ausgeliefert ist und schließlich an den Folgen unmäßiger Körperstrafen zugrunde geht.

48 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon