Scena I.

[116] Iehoua. Raphaël. [Michaël.] Vriel.


IEHOUA.

Woher, mein Diener Raphael?

RAPHAËL.

Herr, von deinem Volck Israel.

IEHOUA.

Was machen Abrahms Kinder doch?

RAPHAËL.

Gar wenig jm recht folgen nach.

IEHOUA.

Wie stets mit Lazaro, meim Knecht?

RAPHAËL.

Der ist Gottfürchtig vnd gerecht;

Allein dweil er ist so elend,[116]

All Man sein Augen von jm wend,

Das er für Hunger stirbet schier,

Vnd leider für des Reichen Thür,

Der doch treibt all Tag mit seim Gut

Jn Kleidrn vnd Essen Vbermnth.

IEHOUA.

Ich habs gesehn, weiß alles wol.

Drümb er dir jetzt befohln sein sol,

Das du zu Lazaro hinfehrest

Vnd allen vleiß auff jn nur kerest,

Das, wenn die Seel von jm wil scheidn,

Du sie in Abrahms Schoß solt leitn.

Es wird sich auch der Satan wol

An jm versuchen, aber soll

Erhalten werden durch mein Gnad,

Dweil er mein Namen kennet hat.

Drümb hab sein acht, ist mein beger,

Vnd nim noch etlich mehr zu dir!

Dem Reichen solls vbel bekommn,

Das er mein Gut hat eingenommn

Vnd ghalten vbel haus dauon;

Wolan, er kriegt auch seinen Lohn.

Sich, Reicher, das sey dir gesagt,

Du rhümpst dich jetzt in dieser Pracht,

Weist nicht, du narr, heut wird man noch

Dein Seele von dir fordern doch.

Wes wirds denn sein, das du mit Sünd

Gesamlet hast biß auff die Stund?

MICHAËL.

So kommet jr, das wir erfülln

Vnsers Herren Zebaoths willn!

VRIEL.

Ja warlich, last vns jmmer fort!

Denn seht, der Sathan ist schon dort

Vnd schleicht herümb mit sein Geselln,

Das er mit hauffn erfüll die Helln.


Quelle:
Georg Rollenhagen: Spiel vom reichen Manne und armen Lazaro. Halle a.d.S. 1929, S. 116-117.
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