Scena III.

[121] MORS.

Denckt, wer ich bin! Kurtz ist die zeit.

Denckt, wer jr seid! Ich bin nicht weit.

Ich bin der Tod, so jrs nicht wisst.

Der Sünden vnd des Teufels List

Habn in die Welt geboren mich.

Da Adam sündigt, entstund ich,

Das ich der Sünd geb jren Lohn;

Ich mein, ich hab es auch gethan.

Von Adam her biß auff die Stund

Hat mir noch keinr entlauffen kund.

Ich hab alln brochen Leib vnd Lebn,

Den Lohn wil ich euch alln noch gebn.

Niemand verlaß sich auff sein Macht;

Kein Geld, kein Sterck, kein Schön ich acht.

Niemand darff meiner sicher gahn;

Eh ers versicht, sprech ich jn an,[121]

Er sey jung, alt, arm oder reich,

Man oder Weib; gilt alles gleich.

Das ist mein Ampt in dieser Welt;

Drümb bin ich auch alhier bestelt,

Das ich fürs erst den Armen hier

Erwürg vnd streck jm alle vier;

Darnach wil ich dem Reichen wol

Auch kommen, eh ers hoffen soll.


Satan cum Angelo congreditur circa Lazarum.


Ho ho, da sein sie schon im Streit,

Gott geb, wer vntn odr oben leit.

Doch eh ich kom, wirds nicht verricht;

Drümb mus ich lengr verziehen nicht,

Allein mus vor mein Stachel wetz,

Das ich jm scherff recht das Gesetz.


Quelle:
Georg Rollenhagen: Spiel vom reichen Manne und armen Lazaro. Halle a.d.S. 1929, S. 121-122.
Lizenz:
Kategorien: