Scena V.

[125] Dromo. Plusia. Galenus. Hippocrates. Theophrastus.


DROMO.

Das Spiel hat sich gar bald gewend,

Die Frewd, wie ich seh, hat ein end.

Denn mein Herr ist gar tödlich kranck,

Vnd geht von jm ein solcher Stanck,

Das ich gleube, er sey halb tod.

Noch find sich gleichwol in der Noth

Der Brüder keiner jetzund hie,

Vnd Dæmones ist auch noch nie

In seiner Kranckheit hie gewest;

Vor waren sie die besten Gest.

Ich muß lauffen vnd mit zusehn,

Das sie vnter wegens nicht stehn,

Sondern eilend her zu jm gehn.

PLUSIA.

Ach hertzer Doctor, lieber Herr,

Wisset jr denn keinen Rath mehr?

Ich bitt durch Gott, erbarmbt euch mein!

Es soll euch woluergolten sein.

GALENUS.

Die Kranckheit ist gefehrlich schwer

Vnd wol dreyfacht nach vnser Ler.

Denn erstlich ist das Seiten stechn,

Das eim allein den Halß kan brechn;[125]

Darnach die brennend Entzündung

Der Brust, insonderheit der Lung,

Dabey die Roß vnd hellig ding,

Darümb ist die Noth nicht gering.

PLUSIA.

Wie kömpts, das er brent wie ein Fewr

Vnd das jm kein schlaff kömpt zur stewr?

Das er dem durst gar nicht kan wehrn,

Das jn die Seitenstich beschwern

Vnd das er nicht gleich ligen kan,

Wil die Brust nur erhoben han?

GALENUS.

Das kömpt dauon, wie vor gesagt.

PLUSIA.

Er hat die gantze Nacht gefragt,

Wie er dazu mag kommen sein.

GALENUS.

Wie anders on von starckem Wein!

Vnd das er nach dem Zorn vnd Schweiß,

Als er jetzund war Fewrig heiß,

Kalt Getrenck heuffig eingegossn

Vnd sich nackend außziehen lassn,

Auff reusche kalte Pulstr gelegn,

Von allem ort den Wind zu wegn.

Wie er denn selber hat bekant,

Die Hitz hab sich in Kelt verwant

Vnd die Kelt widerümb in Hitz.

PLUSIA.

Vermag denn keines Menschen Witz

Jn solcher Noth ein wenig Rath,

Das er bekem ein wenig Gnad?

GALENUS.

Es ist kein Rath on, wie gesagt,

Das jr jm bald die Ader schlagt,[126]

Das ein Clistier eröffn den Leib,

Das man Flüß, Hitz vnd stich zertreib

Mit trencklein, Lambetieff vnd Schwam,

Den er mus auff der Seiten han.

PLUSIA.

O Gott, solt er ein Ader schlagn,

Das könt er nimmermehr vertragn.

Clistier sind auch der bitter Tod;

O nein, O nein, behüt mich Gott!

HIPPOCRATES.

Mein Fraw, wort helffen nichts hiebey;

Vnd wenn jr gleich braucht die Artzney,

So ist doch vngewiß die sach,

Ob sie jn so fort gesund mach.

Denn wenn ein solcher Patient

Allzeit will sitzen vber end

Vnd dazu mit anhebt zu schwermn,

So mag sich Gott seiner erbarmn.

Der Tod ist nahend für der Thür.

PLUSIA.

Da sey ja der liebe Gott für!

Ach, das jr mich so Trostloß last!

O Gott lob, Doctor Theophrast

Kömpt auch daher zu vns gegangn;

Von dem werd ich mehr trost empfangn.

HIPPOCRATES.

Es wer besser, jr fordert her

Des Herren Brüder, vnd viel mehr

Den Pfarrer, der jm beten ler

Vnd seine Seel zu Gott bekehr.

PLUSIA ad Theophrastum.

O kompt, Herr Doctor! Es ist zeit.

THEOPHRASTUS.

Wolt jr mich brauchn, ich bin bereit.


Ingrediuntur relictis medicis.


Quelle:
Georg Rollenhagen: Spiel vom reichen Manne und armen Lazaro. Halle a.d.S. 1929, S. 125-127.
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