Das I. capitel.

[207] Von der meuse rüstung.


Wie nun der kriegesrat gehalten

Von den jungen und von den alten,

Fiengen beide teil an sich zu rüsten

Auf das allerbest, wie sie wusten;

Machten ihr ordnung mancherlei,

Die meus sind gar hurtig dabei.

Erstlich, wie denn die krieger pflegen,

Sie ihren beinharnisch anlegen,

Den sie aus frischen bonen machten

Und fast die ganze nacht zubrachten,

Damit die schelen wurden hol

Und sich zun beinen schickten wol.

Der brustharnisch der war aus ror,

Künstlich gefaßt hinten und vor

Und mit ein wiesels haut verbunden,

Den sie neulich hatten geschunden.

Ihr schild waren aus horn gebissen,

Von einr alten latern gerissen;[207]

Ihr spieß nateln, spitzig und schmal,

Aus dichtem erz geschmiedet all.

Zuletzt namen sie groß nußschlauben

Und satzten sie auf für sturmhauben.

Sie musterten auch jederman,

Und wer da war an feusten lam

Oder sein finger nicht hat all,

Etlich gelassen in der fall,

Das er kein spieß wol füren kunt,

Dem legten sie ein gbiß in mund

Und brauchten ihn gleich wie ein roß.

Das war ein lecherlicher poß.

Jedoch hat ein jedes geschlecht

Damit sein eigen weis und recht

Nach seines landes sitt und brauch,

Davon nachmals wird folgen auch. –

Der könig abr insonderheit

Hat angetan ein wunderkleid,

Eines kolschwarzen maulwurfs haut,

Dafür den meusen selber graut.

Der augen stat war raum gezerrt,

Das maul auch schrecklich aufgesperrt,

Das man die weiße, scharfe zeen

Ordentlich sahe beinander sten.

Die handschue waren abgeschnitten,

Die beinlein gereumt in der mitten,

Das er könt füren schwert und stangen,

Den feind erlegen oder fangen.

Von der achsel aber zur hand

Vom wieselschwanz ein ermel stand.

Der beinharnisch war hell und klar,

Wie ein krystall durchsichtig gar,

Von einem federkeil gedrehet,

Mit des maulwurfs schuen unternehet. –

Zu schürzen er sich auch anfieng

Mit einem gülden gürtelring,[208]

Darein viel schöner glöcklein hiengen,

Die prechtig konten einher klingen.

Darnach legt er an das halsband,

Darauf viel geldes war gewandt

Für gold, für edlgestein und perlen

Von den hoffertign mantierkerlen,

Die es den zarten königskinden

Für armring pflegen anzubinden.

Sein großvater hatt es erworben,

Als des kaisers son war gestorben

Und die mutter dasselb halsband

Aus zorn hinwarf unter die wand,

Da sein großvater hielt die wacht

Und gab auf seinen vorteil acht. –

Die königliche kron zuletzt

Er auf des maulwurfs haupthar setzt,

Befestigt zur seiten mit heften

Und viel gülden nateln und steften,

Damit sie nirgend weichen kunt;

Sie war von gold formieret rund

Mit zwölf geraden spitzenstralen,

Wie man die sonn pflegt abzumalen.

Die hatten des königs vorfaren

In einem aufrur für viel jaren

Aus den kirchenschetzen bekommen

Und den götzen vom haupt genommen,

Dieweil es doch sonst würd entfürt

Von andern, den es nicht gebürt.

Wie er also war angekleidt,

Hieng er das schwert an seine seit,

War ein zweischneidig federmesser

Und auch nirgend zu finden besser,

Das heft von weißem helfenbein,

Jedoch wars abgebissen klein,

Das es füglich wer und bequem,

Wenn man es in die feuste nem.[209]

Die scheide war derselben art,

Wie der beinharnisch gemacht ward,

Aber nach der kling fein gebogen,

Mit gold und seiden überzogen

Von jungfrauen, die ihren lieben

Geruchblümlein zierlich dreinschieben,

Ja auch zettel darein verstecken,

Der knaben lieb damit zu wecken.

Das ward alhie gebraucht zum streit;

Alles endert sich mit der zeit. –

Zu dem er an dem arm zur link

Von erz gemachten schild aufhieng:

Am rand die meus die katz anbunden,

Sie erbermlich und kleglich schunden;

In der mitt stand ein fledermaus,

Breitet flügel und klauen aus,

Hat drei köpf und ein katzenschwanz,

Die farb war schwarz, die oren glanz,

Welchs der meuse reichswappen war

Und solt bedeuten offenbar,

Es wer der meus monarchia

Europ, Afrik und Asia,

Ihr regiment in finsterniß,

Ihr letztes end der katzen biß,

Ihr bester rat die wacker oren,

Wer der nicht braucht, der wer verloren.

Es stund ein reimlein auch dabei,

Bedeut die katzenschinderei:

Ein kleinen feind laß unveracht,

Denn wenn du schlefst, so helt er wacht! –

Mit dieser rüstung, schild und schwert

Sprang er gleiches fußes auf sein pferd,

Und nam den spieß von seim trabant

Großmütig in die rechte hand,

Und warf sein pferd künstlich herum,

Zur rechten, linken, quer und krum,[210]

Und sprach: "Das walt der liebe got,

Helf mich rechnen meines sones tod!"

Sein pferd aber war stark und geschwind,

Wie man die ackermeuse findt,

Nicht, als die kleinen, ascherfal,

Sondern braun und größer zweimal,

Beinah an der hausratzen stand,

Und ward eine Nülmaus genant,

Mit kurzen oren, heupt und hals,

Als ehmals war des Bucephals,

Den Alexander pflag zu reiten,

Wenn er seinen feind wolt bestreiten.

Es war auch auf ein besonder art

Mit einr wieselshaut verwart,

Die war mit spangen also besetzt,

Das es drunter blieb unverletzt. –

Die andern fürsten, grafen, herrn,

So dem könig zogen zun eren,

Hatten sich nicht minder gerust,

So gut als jeder kunt und wust:

Wer hie viel zu lang zu beschreiben,

Wir lassens der kürz halben bleiben.
[211]

Quelle:
Georg Rollenhagen: Froschmeuseler. Zwei Theile, Teil 2, Leipzig 1876, S. 207-212.
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