39. Ergebung

[301] Mag immerhin der Strom entgleiten,

Der meines Lebens Kahn entführt,

Indes der Bord der Jugendzeiten

Sich mir in Fernungsduft verliert.


Zwo Töchter der Erfahrung stiegen

In meinen Kahn und weichen nie:

Verklärten Schmerz in trüben Zügen,

Süßlächelnde Melancholie.


Die andre, die mit leisem Dämpfer

Der Seele Saiten reiner stimmt,

Ergebung, die geprüfte Kämpfer

In ihres Schilds Umschattung nimmt.


Wenn jene tief in meine Laute

Nach rührenden Akkorden greift,

Ruft die, der höhern Welt Vertraute:

Getrost! auch deine Palme reift.


Still seh' ich, wie zu seiner Mündung

Des Lebens Wellenspiel mich reißt.

Erhöht die Schwermut die Empfindung,

So hebt Ergebung meinen Geist.

Quelle:
Deutsche Nationalliteratur, Band 41, Stuttgart [o.J.], S. 301-302.
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