§. 13. Der Kaiser im Frauenberge.

[356] Im Pfrentsch- oder Frentschweiher ist ein grosser Fisch, so alt, daß er ganz mit Moos überwachsen ist. Um den Hals trägt er ein golden Band, da stehen geheimnißvolle Schriftzeichen drauf, die Niemand lesen mag; im Munde führt er einen Ring von Gold und einen gleichen Schlüssel, in ihrer Form von der heutigen abweichend. Das sah ein Sonntagskind einst bey Vollmond. Wäre der Mond an einem Frauentage voll gewesen, so hätte der Fisch an das alte Schloß schwimmen und Ring und Schlüssel der Frau Edd (Edda?) zu Füssen legen müssen. Denn Ring und Schlüssel gehören der Frau Edd, und diese wäre dann gekommen und hätte das Sonntagskind genommen und auf den nahen Frauenberg (Pfraunberg) geführt, wo mitten im Felsen ein grosser Edelstein zu Tage geht. Dort hätte[356] sie mit dem Schlüssel das Thor zur Burg geöffnet, und der Kaiser wäre dann herausgegangen, um die Schlacht zu schlagen am kalten Baum. Waidhaus.

Der Frauenberg liegt schon auf böhmischem Gebiete, ein hoher Bergkegel, der weithin sichtbar ist. Von ihm geht viele Sage, die auf oberpfälzischem Boden ausläuft. Darnach stammen die Leuchtenberger von einem Kaiser oder sonst einem heidnischen Fürsten auf Frauenberg ab, und von den Leuchtenbergern gehen die sieben Churfürsten des Reiches hervor. Ich habe schon oft die Ueberzeugung gewonnen, daß der Sagenkreis dieß- und jenseits des Böhmerwaldes eine überraschende Aehnlichkeit biete und daß auch die Bewohner in Sitte und manch Anderem zusammenstimmen. Es wäre daher zu untersuchen, weß Stammes diese Deutschböhmen seyen.

Die Sage meldet ferner, daß der Pfrentschweiher auf einer großen verwunschenen Stadt stehe und sie mit seinem Wasser decke. Oefter schon hat man den Fisch gefangen, der den Schlüssel zum Stadtthore anhängen hat; er ist aber so groß, daß er jedesmal das Netz zerriß und entkam. Waldkirch. Einmal hatten sie ihn gefangen, und zogen ihn, weil er so schwer war, auf dem Wasser fort. Er trug einen Bund Schlüssel im Rachen. Als aber die Fischer erstaunt riefen: »Wir sehen schon die Thurmspitzen der Stadt!« zerriß das Netz und der Fisch war verschwunden. Türschenreut.

»Frentsch wird wieder eine Stadt und Nürnberg dann zur Trad,« sagte einst ein Fuhrmann, der des Weges fuhr. Waldkirch.[357]

Der Weiher war so groß, daß, wenn ein Reiter um Mittag 12 Uhr beym Abzug anfing, ihn zu umreiten, er Abends 6 Uhr da wieder ankam.

Sein Damm bekam so lange keinen Halt, bis sie einen Knaben hineinmauerten. Türschenreut.

Wenn man ihn zum Fischen abließ, mußte es ein reitender Bote nach Regensburg melden, damit sie sich dort wegen des Wassers richten konnten. Später wurde nur mit Netzen gefischt. Türschenreut.

Quelle:
Franz Schönwerth: Aus der Oberpfalz. Sitten und Sagen 1–3, Band 3, Augsburg 1857/58/59, S. 356-358.
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