§. 8. Tauben.

[353] Kauft man Tauben, so wäscht man ihnen, ehe man sie in den Taubenschlag, das Daubürl, einläßt, mit dem Hafenwasser, welches in dem eingemauerten Ofenhafen immer bereit steht, die Füße, damit sie nicht davon fliegen, ein Gebrauch, der nie versäumt wird. Bärnau. Um Velburg und Hemau stellt man einen Todenschädel, in der Christnacht vom Freidhof geholt, in den Schlag der Tauben als Trinkgeschirr, wodurch alle, welche erst angekauft werden, zu bleiben gezwungen sind.

Um dem Nachbarn seine Tauben zu vertreiben, bringt der boshafte Mensch das Bein eines Maders in den Schlag, so bleibt keine mehr darin – oder er bringt das Pulver davon unter das Futter auf dem Platze, wo sie gewöhnlich zusammen kommen, so fliegen Alle fort. Tiefenbach.

Ebenso macht ein Krebs, in den Taubenschlag gebracht, daß keine Taube mehr eingeht. Velburg.

Wer eine Taube stihlt, wird in diesem Jahre um fünf Gulden ärmer. Gefrees.

Auf Taubenfedern kann man nicht schlafen, sie ruhen nicht, sondern stehen immer auf und werfen sich um.[353] Die Tauben ruhen bey Nacht auch nicht. Amberg. Zu Fronau glaubt man, wenn Jemand es mit dem Sterben lang mache, er müsse Taubenfedern im Kopfkissen haben.

Die Taube dient auch in Kinderkrankheiten als Mittel auf Leben und Tod. Hat nämlich das Kind die Fraysen, Gicht oder Gliederweh, so schneidet man einer Taube den Kopf ab und hält den blutigen Hals an den After des gepeinigten Kindes; denn das Blut zieht dem Kinde das Gift aus dem Leibe. Den Kopf vergräbt man unter der »Drüpf« oder Dachtraufe, aber ungesehner und ungeredter; am neunten Tag fängt er zu faulen an, und das Kind wird besser, oder stirbt bald, wenn ihm nicht mehr zu helfen ist. Gefrees.

Daß über die Tauben die Drud komme, und sie »bredlbroad« drücke, siehe oben bey der Drud.

Taubenfleisch, häufig genossen, verursacht Zipperlein; dagegen nehmen Turteltauben im Zimmer gehalten allen Gichtstoff an sich. Amberg.

Quelle:
Franz Schönwerth: Aus der Oberpfalz. Sitten und Sagen 1–3, Band 1, Augsburg 1857/58/59, S. 353-354.
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