§. 11. Das Element des Feuers.

[82] Das Beßte ist Feuer, sagt die Edda. Doch ist es auch fürchterlich und gefürchtet, so es losgebunden der Ohnmacht des Menschen spottet. Es liegt dann dämonische Gewalt in ihm, auf das Verderben der Menschen gerichtet, gleich um sich zu rächen dafür, daß der Mensch es gewagt, Fesseln ihm anzulegen. Nur gezwungen leistet es seine wohlthätigen Dienste; und immer muß der Mensch, der seiner bedarf, Acht haben, daß er Meister bleibe gegen den feindseligen Trieb des Elementes, durchzubrechen und zu verzehren, was in sein Bereich fällt. Und wie den Menschen ergeht es den Göttern: auch sie haben dasselbe feindselige Element in ihrer Mitte aufgenommen, in der Person des Locki, der ihnen einstigen Untergang bereiten wird. Locki ist das zerstörende Feuer, und im Innern der Erde zwar von den Göttern gebunden; aber auch so treibt er seine Flammen, daß sie nach oben, gen Himmel, züngeln und wenn er sich rührt, schüttelt er die Erde, daß sie bebt. Daher auch die feurigen Nattern, welche besonders an Sümpfen aus der Erde gleich Leuchtern herausfahren. Neuenhammer. Und das Volk weiß, daß einst Alles im Feuer sein Ende nehmen wird, und dieses ist das böse Feuer.

Der Donnergott als himmlischer Feuergott ist es,[82] welcher jenem Verderber Locki gegenüber steht; er tritt in Beziehung mit den vielfachen abergläubischen Gebräuchen, welche jetzt noch dem Volke gelten, um der Feuersgefahr zu begegnen oder ausgebrochenes Feuer zu bemeistern. Nicht zu übersehen ist hiebey, daß diejenigen, so den Feuerbann ausüben, sey es mit Gebet oder Opfer, welche sie in ihrer Weise darbringen, von den Flammen verfolgt werden. Da sie an die Stelle der heidnischen Priester getreten sind, und hier insbesondere der Priester des Thor, so ist nicht anzunehmen, daß der eigene Gott sie verfolge, sondern daß es ein anderes feindliches Wesen ist, welches bezwungen werden soll, gehorchen muß, aber dafür auch sich zu rächen sucht, was vollkommen zu Locki stimmt. Und wird auch Manches von einstiger Verehrung des Ofens berichtet, so mag es wieder nur darum geschehen seyn, weil er der Behälter ist, der zugleich das Feuer beschließt und dessen Wärme mittheilt.

Berühmt durch ihre Kunst, das Feuer zu bannen, sind die Zigeuner; das Volk weiß viel davon zu erzählen, weil es früher von den Zigeunern gar gerne besucht war, und in solcher Anzahl, daß sie zur wahren Geisel des Landes wurden, wovon an anderem Orte.

Harmloser sind jene Menschen, welchen die Eigenschaft innewohnt, zum voraus das Gesicht einer künftigen Feuersbrunst zu haben, besonders Nachtwächter und Sonntagskinder. Solche Leute sehen den Brand ganz so wie er sich ereignen wird, eine Helle, wie von Abendroth, gehen auch mitten durch das Feuer,[83] gerathen dann plötzlich in äusserste Aufregung und rufen: Feuer!

Ein solcher Prophet war einst zu Muschenried und zu Tiefenbach: jener sagte den Brand eines Nachbarhauses voraus, dieser sah das Thal beym Nachhausegehen in Feuer stehen und bald brannte ein grosser Theil des Ortes ab.

An letzterem Orte waren auch einmal mehrere Bursche in einem Hause beym Spiele versammelt: da tanzten plötzlich die Eymer in der Stube. Kaum sahen sich die Spieler erschrocken an, so läutete die Sturmglocke schon.

Auch manche Thiere zeigen das Feuer an, so der Hase, wenn er in's Dorf gelaufen kommt, der Hund, wenn er aufwärts heult, Störche, wenn sie um den Thurm flattern.

Quelle:
Franz Schönwerth: Aus der Oberpfalz. Sitten und Sagen 1–3, Band 2, Augsburg 1857/58/59, S. 82-84.
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