§. 6. Wetterhorn.

[120] An manchen Orten, wie zu Oberbernried am Fahrenberge, zu Waldkirch, zu Rötz, bläst man das Wetterhorn, wenn ein Wetter in Anzug ist; dann wendet es sich rechts oder links und verschont den Ort.

Zu Oberbernried ist es ein Nautilus, so groß wie ein Kindskopf. Ein Pilger hat es gebracht vor mehreren hundert Jahren und um ein Stück Geld dagelassen.[120] Es ist hochgeweiht, von einem Kapuziner, oder gar vom Papste; daher wird es auch in ein weisses Tuch eingeschlagen, als Heiligtum verehrt, und soll es ein Weib nicht anrühren. Es kostet Anstrengung, darauf zu blasen: denn es zittert der Erdboden davon.

Die Waldthurner behaupten zwar, das Wetter werde dadurch zu ihnen in's Thal herabgeblasen, und zogen vor nicht langer Zeit aus, um in Bernried das verhängnißvolle Horn zu nehmen. Die Bernrieder aber sind klug, und verwahren das Wetterhorn nicht immer in demselben Hause. Sie lassen es in der Gemeinde herumgehen, und so weiß Niemand, wo der Schatz verborgen liegt. Er wird daher auch Neugierigen nicht gezeigt.

Man bläst es dort an dem Platze, wo das Johannesfeuer gebrannt wird, oder sonst auf erhabener Stelle, zu Rötz vom Thurme herab.

Quelle:
Franz Schönwerth: Aus der Oberpfalz. Sitten und Sagen 1–3, Band 2, Augsburg 1857/58/59, S. 120-121.
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