3.

[183] Die Besitzer eines Edelhofes hatten in alter Zeit einen Vertrag mit den Wassermännchen abgeschlossen, daß diese die kleinen Fische, welche beym Steigen des Wassers in die offenen Aushöhlungen der Steine getrieben und beym Fallen darin zurückgelassen würden, für sich nehmen dürften. Der Vertrag ward treu gehalten, und die Letzte des Stammes erlaubte ihnen sogar zeitweise auch in dem grossen Wasser zu fischen. Nun zogen aber andere Herren auf, welche den Zwergen feindlich gesinnt waren; insbesondere waren es die ungezogenen Jungen, welche in ihrem Uebermute die kleinen Wasserlachen ausschütteten oder die Fischchen verdarben. Da schickten die Zwerge Gesandte an den Edelherrn, um sich über den Treubruch zu beschweren. Der aber fertigte die kleinen Leute mit Hohnlachen ab und die bösen Buben trieben es nun ärger denn zuvor. Nun trat eine neue Gesandtschaft der Zwerge vor den[183] Burgherrn und führte dießmal eine ernstere Sprache. Sie beriefen sich auf den Vertrag und die althergebrachte Uebung: erst gestern hätten sie ein Fest gefeyert und keinen Fisch wie früher auf die Tafel bringen können. Die Gesandten aber wurden vor den Augen des Vaters von den Buben mit dem Schimpfworte: »Fort, ihr Wassermäuse!« hinaus gejagt aus dem Schlosse, gestossen, geschlagen, und auf der Flucht fielen die armen Zwerge, und die Buben über sie hin.

Als sie endlich an's Wasser gekommen waren, kehrte sich der Zwerge Aeltester, welcher auch das Wort geführt hatte, um, und fluchte den Buben, daß es ihnen nach ihrem Tode übel ergehen solle; sie sollten zu Wassermäusen werden, und in den Steinlöchern herumirren müssen, sie und Alle ihres Geschlechtes, bis Einer käme, der sie erlöse.

So wurden diese und alle ihre Nachkommen zu Wassermäusen. Neuenhammer.

Quelle:
Franz Schönwerth: Aus der Oberpfalz. Sitten und Sagen 1–3, Band 2, Augsburg 1857/58/59, S. 183-184.
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