1077. Das Zauberbüchlein.

[127] Mündlich.


Unweit Helmbrechts liegt die Götzenmühle. Da hauste einst ein alter Kriegsmann, der als Husar in vielen Schlachten mitgefochten hatte. Trug der nun einmal Verlangen, mit seinen alten Kameraden, die auf dem Felde der Ehre geblieben waren, wieder beisammen zu sein, so nahm er ein[127] Büchlein hervor und las darin. Und siehe – sowie er las und las, kam einer seiner braven Genossen nach dem andern aus dem Ofenloche heraus und gesellte sich zu ihm. Das that er gerne und oft. Einstmals nun war er verreist, da gerieth das Zauberbüchlein in die Hände des Müllerburschen. Wie der es öffnet und zu lesen beginnt, kommen im Nu die alten gespenstigen Reiter aus dem Ofen heraus, und schaaren sich schweigend in der Stube zusammen. Der Geselle erschrickt wohl heftig, aber es hilft ihm nichts; die stummen Gäste wollen nicht mehr weichen, weil der Bursche den rechten Bann nicht findet. So muß er denn in Furcht und Angst ausharren, bis endlich sein alter Meister nach Hause kommt und ihm die ungebetenen Gäste vom Halse schafft.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 127-128.
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