1263. Die Wahrzeichen von Wasserburg.

[263] Nach Notiz. d. vor.


Graf Engelbert war von einer harten Fehde zurückgekehrt. Er hatte seines eigenen Vaters (Arnolds von Diessen) Bruder – den unruhigen Rocke, im siegreichen Kampfe getödtet. Land und Leute hatten jetzt Ruhe, aber das Gewissen des Grafen wurde zuweilen von dem Gedanken, einen Blutsverwandten ermordet zu haben, geängstigt. Der Graf gedachte an ein gottgefälliges, frommes Werk der Versöhnung. Da kam ein Anliegen des benachbarten Prälaten von Attl zu rechter Zeit und fand williges Gehör. Nächst dem Kloster Attl erhob sich das Schloß Lymburg, daneben lag der zahlreich bevölkerte Burgflecken gleichen Namens. Das war wohl für die Klosterbewohner eine beschwerliche und unruhige Nachbarschaft. Bald waren sie durch das Leben im Dorfe, bald durch das Lärmen und Zechen auf dem Schlosse in der Stille ihres beschaulichen Lebens gestört. Nun kam der Graf auf den Gedanken, das Kloster von seiner lästigen Umgebung zu befreien, den Lymburgern aber zu gleicher Zeit Vortheile und Rechte der Bürger von Wasserburg zu gewähren. Rasch ging er an's Werk. In wenigen Tagen war die Veste Lymburg gebrochen; darnach riß man die Häuser des Dorfes nieder und versetzte sie in den Burgfrieden[263] der Stadt, so daß die Lymburger in Wasserburger umgewandelt waren. Solches Werk aber zu krönen und die Vereinigung der Gemeinden durch ein Denkmal zu verewigen, ließ der Graf die zwei Kirchen unter einem Dache aufrichten. Die Bäcken haben darnach auch das Ihrige gethan und die bekannten übereinander gebackenen Kreuzersemmeln gebacken. Die Doppelkirche und dieses Brod – auch in Stein an der Kirche gebildet – sind von selber Zeit die Wahrzeichen der Stadt Wasserburg.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 263-264.
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