280. Der Todtemannsberg.

[271] Die vor. Schrift S. 121.


Unter den schwarzen Bergen, die sich in der südlichen Nähe des Kreuzberges zwischen Brückenau und Kissingen düster bewaldet erheben,[271] liegt eine Höhe, der Todtemannsberg geheißen, deren Namen die Sage folgender Begebenheit zuschreibt. Ein Reisender verirrte sich zur Winterszeit in diese etwas unwirthbare und öde Gegend, in welcher die Dörfer ziemlich einzeln liegen. Die Nacht übereilte den Mann, er suchte Schutz gegen die Kälte, fand aber keinen andern, als einen Busch, in welchen er, da er vor Ermattung nicht weiter konnte, sich niederkauerte, und entschlief. Er erwachte nicht wieder aus seinem Schlafe und Niemand wußte, wohin der Reisende gekommen. Er ward vermißt, überall gesucht und sein Signalement in Zeitungen beschrieben, doch vergebens: er kehrte nicht zurück. Erst im Vorsommer ließ ein Zufall auf einem hohen Baume am Berg einen todten Körper entdecken.

Der Baum war so tief eingeschneit und der Schnee so fest gewesen, daß der Reisende den Baumgipfel für einen Busch gehalten, in welchen er sich gebettet, und als der Schnee hinwegthaute, war sein Leichnam droben ruhig hängen geblieben. Daher vom todtgefundenen Mann des Berges Name.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 271-272.
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