306. Finnberg bei Aschaffenburg.

[300] Von W.v.Kleudgen.


Ein rother Stein ragt in die Luft

Hoch auf des Berges Firne,

Die Wolken und ein leichter Duft

Bekrönen seine Stirne.


Zu seinen Füßen grünt der Hain,

Um Zuflucht zu gestatten,

Führt in den Berg ein Gang vom Main,

Geheim in Waldesschatten.


Und wenn der liebe Hag erwacht,

Ein Schäfer seine Schafe

Zur Tränke treibt aus Berges Schacht,

Kehrt dann zum sichern Schlafe.


Zwei Fräulein sind in großer Noth;

Im Schloß, von dem sie stammen,

Ach! liegen ihre Eltern todt,

Auf geht's in lichten Flammen.


Ach, Schäfer, unser Leid ist groß,

Dein Schutz mög' uns auch frommen!

Nur Lämmlein in des Berges Schooß

Mit mir zur Ruhe kommen.


Des Hirten Schutz und Hut sie heiß,

Bis er willfährt, begehrten.

Und siehe da, als Lämmlein weiß

Vermehrten sie die Heerden.


Bei lautem Kriegsgedröhn und Streit,

Bannt sie im Berg' ein Grauen,

Man sieht sie nur wenn Friedenszeit

Beglückt die deutschen Gauen.


Wem dieses Schau'n so engelrein

Nur einmal ward beschieden

Auf goldner Trift im Sonnenschein,

Der lebt fortan im Frieden.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 300-301.
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