123. Die weiße Jungfrau auf der Schützenwiese.

[95] Auf der Schützenwiese zwischen Dassel und Sievershausen hat ehemals eine Kirche gestanden, die später zerstört wurde. Vor wenigen Jahren war noch die Treppe davon zu sehn, jetzt ist nur noch ein unkenntlicher Steinhaufen davon vorhanden. An dieser Stelle hat sich mehrmals eine weiße Jungfrau sehn lassen. Einst kehrte gerade im Mittage ein junges Mädchen von Dassel nach Sievershausen zurück; die weiße Jungfrau rief ihr nach, aber das Mädchen hörte nicht darauf, sondern ging weiter.

Einige erzählen, die Jungfrau halte Mittags um zwölf und dann wieder Nachts um zwölf Uhr die Vorübergehenden an und reiche ihnen ihre Hand hin. Wer ihr dann die Hand giebt, dem greift sie sie ab; wird ihr aber ein Stock hingehalten, so faßt sie diesen nicht an.

Quelle:
Georg Schambach / Wilhelm Müller: Niedersächsische Sagen und Märchen. Göttingen 1855, S. 95.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Niedersächsische Sagen und Märchen
Niedersächsische Sagen und Märchen : Aus dem Munde des Volkes gesammelt und mit Anmerkungen und Abhandlungen herausgegeben. Nachdruck 1979 d. Ausgabe Göttingen 1855.