72. Das Erdloch bei Elvese.

[52] Auf einer Wiese bei Elvese, nicht weit von der Heerstraße, die nach Nörten führt, befindet sich ein tiefes mit Wasser angefülltes Loch, welches für unergründlich gilt und dem sich keiner gern nähert. Es führt den Namen »Runden Theils Brunnen.« Einst hüteten Jungen an einem Sonnabend auf dieser Wiese die Pferde und bekamen Lust die Tiefe des Loches auszumessen. Zu dem Ende nahmen sie von ihren Pferden die Halftern (halteren) und banden dieselben an einander, unten befestigten sie einen Stein daran. Als nun einer der Jungen diese in das Loch hineinhielt, wurden sie ihm dicht vor dem Finger von einer unsichtbaren Hand abgeschnitten, so daß sie alle in das Loch hineinfielen und untergingen. Am Abend mußten nun die Jungen die Pferde ohne Halftern nach Hause bringen, was schlecht genug ging. Am andern Morgen, es war Sonntag, hingen diese in den herum stehenden Weidenbäumen ganz zerrissen und zerfetzt. Kein Mensch weiß, wie sie aus dem Loche in die Weidenbäume gekommen sind.

Quelle:
Georg Schambach / Wilhelm Müller: Niedersächsische Sagen und Märchen. Göttingen 1855, S. 52.
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Niedersächsische Sagen und Märchen
Niedersächsische Sagen und Märchen : Aus dem Munde des Volkes gesammelt und mit Anmerkungen und Abhandlungen herausgegeben. Nachdruck 1979 d. Ausgabe Göttingen 1855.