Zweiter Aufzug


[175] Kahles Polizeilokal – Polizei-Inspektor am Aktentisch – viel Gerümpel – Knoblauch kommt gravitätisch herein.


KNOBLAUCH. Gutten Morjen, Monsieur!

POLIZEI-INSPEKTOR steht auf. Was steht zu Diensten?

KNOBLAUCH. Ah! Sehr gutt, dass Sie kennen deitsch in Idalia! Háhaha! Ick bin deitscher Jraff, spräck abber mit internationales Akzent, weil das is serr vornehm und moddern – und pahdriodisch, Empfelle Euck internationalles Akzent – dammit is zu maken guttes Jeschäft bei old Germany.

POLIZEI-INSPEKTOR. Ich habe leider keine Zeit zu verlieren. Was steht zu Diensten?

KNOBLAUCH setzt sich auf einen Stuhl und betrachtet den Inspektor mit Stiellorgnette. Serr gutt!

POLIZEI-INSPEKTOR. Was wollen Sie denn eigentlich, mein Herr?

KNOBLAUCH. Die Belohnung will ick habben.[175]

POLIZEI-INSPEKTOR. Welche Belohnung?

KNOBLAUCH. Drei mal hundert Dausend Francs.

POLIZEI-INSPEKTOR. Sie sind wohl verrückt.

KNOBLAUCH. För de Beleidijung eines deitschen Jraffen habben Se zu zallen – blos fönf hondert Francs.

POLIZEI-INSPEKTOR. Ich habe Sie nicht beleidigt.

KNOBLAUCH erregt aufspringend. Wat? Se meenen woll, ick bin ut Dummsdorf – wat?

POLIZEI-INSPEKTOR. Wenn Sie jetzt nicht vernünftig reden, so werde ich Sie anders behandeln.

KNOBLAUCH. Why? Ick habbe fönf Räubers dotgeschossen – mausedot – mit Mausergewerr. I go always into the black.

POLIZEI-INSPEKTOR. Was? Die fünf Räuber aus den Abbruzzen?

KNOBLAUCH. En effet! Jawoll! Now werrden Se heflich – nit?

POLIZEI-INSPEKTOR. Allerdings, mein Herr, wenn das ist –

KNOBLAUCH. Gensdarm draussen vorm Dohr! Der vertellt die Historia!

POLIZEI-INSPEKTOR. Wo?

KNOBLAUCH. Buten! Draussen! Der Polizei-Inspektor stürzt hinaus und kommt gleich mit dem Gensdarm hinein – sie sprechen hastig italienisch mit einander.

POLIZEI-INSPEKTOR. Mein Herr, Sie haben tatsächlich die 300000 Francs zu bekommen – sofort! Gehen Sie bitte zum deutschen Gesandten mit diesem Schein.


Er schreibt schnell was auf und gibt es dem Knoblauch.


KNOBLAUCH. Werrden Sie sich angewönnen Internationales Akzent? Pêle-Mêle! Janz leicht zu lörnen!

POLIZEI-INSPEKTOR. Ja, mein Herr, wenn Sie mich nicht wegen Beleidigung verklagen.

KNOBLAUCH. No, Sir! Ick make Se zum Direkter miner Konstonterstötzungsanstalt. Wollen Se? Will you?

POLIZEI-INSPEKTOR. Mit Vergnügen.

KNOBLAUCH. Ick zalle fönfzig Dusend Francs för de deitschen Könstler, de in Idalia nich Jeld genuck habben för Wein, Abbendbrott und gutte Ziehgarrs. Sie, Mynheer Direkter, habben de verdammte Pflicht und Schuldigkeit – den deitschen[176] Kinstlern jenne drei Erheiterungsjeggenstände alle Abbend bei bonten Lampions grattis to verabfolken. You understand!

POLIZEI-INSPEKTOR. Meinen herzlichsten Dank!

KNOBLAUCH. Sir! Weltsprak!

POLIZEI-INSPEKTOR. Thank you! Thank you very much!

KNOBLAUCH. International please! For ever! Altid! För alle Ewigkeit! Wietsche watsche – watsche wietsche! Gutten Morjen!


Der Gensdarm verbeugt sich und erhält Banknoten, der Polizei-Inspektor verbeugt sich ebenfalls immerzu. Der Gensdarm öffnet hinten die Türe – und der Graf Knoblauch geht gravitätisch hinaus, während die Beiden sich immerzu verbeugen.

Vorhang!


Quelle:
Paul Scheerbart: Gesammelte Arbeiten für das Theater. Band 1, München 1977, S. 175-177.
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