Dritter Aufzug


[177] Auf der Strasse vor dem Portalzelt eines Berliner Hotels. Knoblauch kommt mit einer kleinen Zahl »bekannter« deutscher Dichter, die sämmtlich Zylinder tragen und sehr fidel sind, nach Hause und will sich von seinen Begleitern verabschieden. Morgengrauen.


KNOBLAUCH. Serr erfreut, mine gutten Hörrschaften, dass Se mich nach Hause gebbracht habben. Gestatten Se mirr, dass ick Ihnen gebbe Diamantdossen zum Angedenk an dissen Abbend. Se sind wöltbekannte deitsche Dichter – und ick bin Ihr Mäcen – your Mäcenas! Wenn ick nich wärre jekommen Er verteilt eifrig blitzende Zigarettenetuis. so wärre die deitsche Litteratur längst futschikato. Ick – seien Se öhrlich! – ick musste kommen. Ick habbe Ihnen widder uff die Beene geholfen. Na – schadet nix. Ick kam zor ricktigen Zeit – Time is money. Die[177] deitschen Dichter sollen hoch lebben! Hoch! Alle schreien drei Mal »Hoch!« Strassenkehrer kommen herbei.

EIN STRASSENKEHRER. Du, Aujust, biste nich ooch en deitscher Dichter? Goh doch henn und vertell dat dem Herrn mit den roden Kotelettes.

ZWEITER STRASSENKEHRER nimmt die Mütze ab und sagt. Gnädiger Herr, ick bin ooch een deitscher Dichter. Schenken Se mir doch ooch wat.

KNOBLAUCH. Infamer Bengel! Was verstehst Du vom internationalen Akzent? Gibt ihm eine schallende Ohrfeige, dass er gleich hinfällt – Die Strassenkehrer schreien und ziehen das Messer – Knoblauch zieht seinen Revolver – und die Strassenkehrer – auch der Geohrfeigte – laufen schreiend davon. Die Dichter stehen ganz starr da.

EIN DICHTER. Graf Knoblauch – Hurrah!


Alle schreien Hurrah.


KNOBLAUCH. Schlaffen Se woll, mine gutten Hörrschaften! Alle Zylinder werden in der Luft herumgeschwenkt. Und vörgessen Se nich den vorrnehmen internationalen Akzent! Thallatta! Thallatta! Wietsche watsche! Vörgessen Se ooch nich mine Monnetten! Juten Morjen! Schlaffen Se woll! Gravitätisch durchs Kellnerspalier ins Hotel.


Vorhang!
[178]

Quelle:
Paul Scheerbart: Gesammelte Arbeiten für das Theater. Band 1, München 1977, S. 177-179.
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