1.

[255] Wag' ich endlich auszusprechen,

Was sich längst in mir bewegt?

Darf ich nun das Schweigen brechen,

Das du selbst mir aufgelegt?


Ave dir in deiner Krone,

Jüngste Heil'ge, sei gegrüßt!

Schönste Braut am Königsthrone,

Wo die Sternenblume sprießt.


Vor den Menschen will ich preisen

Dich und deine Seligkeit,

Mit den Hymnen, mit den Weisen

Aus der glaubenvollen Zeit.


Aber ach, ich kann nicht singen,

Wie ich gerne will und soll,

Mit dem Weinen muß ich ringen,

Und mein Herz ist kummervoll.


Sieh mich an in meiner Demuth,

Deinen Jünger, deinen Freund,

Lindre mir die tiefe Wehmuth,

Heil'ge, die mit Gott vereint.


Quelle:
Max Schenkendorf: Gedichte, Leipzig o.J, S. 255.
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