Zweiter Auftritt


[335] Wallenstein. Die Herzogin.


WALLENSTEIN.

Nun, Herzogin? Sie haben Wien berührt,

Sich vorgestellt der Königin von Ungarn?

HERZOGIN.

Der Kaiserin auch. Bei beiden Majestäten

Sind wir zum Handkuß zugelassen worden.

WALLENSTEIN.

Wie nahm mans auf, daß ich Gemahlin, Tochter

Zu dieser Winterszeit ins Feld beschieden?

HERZOGIN.

Ich tat nach Ihrer Vorschrift, führte an,

Sie hätten über unser Kind bestimmt,[335]

Und möchten gern dem künftigen Gemahl

Noch vor dem Feldzug die Verlobte zeigen.

WALLENSTEIN.

Mutmaßte man die Wahl, die ich getroffen?

HERZOGIN.

Man wünschte wohl, sie möcht auf keinen fremden

Noch lutherischen Herrn gefallen sein.

WALLENSTEIN.

Was wünschen Sie, Elisabeth?

HERZOGIN.

Ihr Wille, wissen Sie, war stets der meine.

WALLENSTEIN nach einer Pause.

Nun – Und wie war die Aufnahm sonst am Hofe?


Herzogin schlägt die Augen nieder und schweigt.


Verbergen Sie mir nichts – Wie wars damit?

HERZOGIN.

O! mein Gemahl – Es ist nicht alles mehr

Wie sonst – Es ist ein Wandel vorgegangen.

WALLENSTEIN.

Wie? Ließ mans an der alten Achtung fehlen?

HERZOGIN.

Nicht an der Achtung. Würdig und voll Anstand

War das Benehmen – aber an die Stelle

Huldreich vertraulicher Herablassung

War feierliche Förmlichkeit getreten.

Ach! und die zarte Schonung, die man zeigte,

Sie hatte mehr vom Mitleid als der Gunst.

Nein! Herzog Albrechts fürstliche Gemahlin,

Graf Harrachs edle Tochter hätte so –

Nicht eben so empfangen werden sollen!

WALLENSTEIN.

Man schalt gewiß mein neuestes Betragen?

HERZOGIN.

O hätte mans getan! – Ich bins von lang her

Gewohnt, Sie zu entschuldigen, zufrieden

Zu sprechen die entrüsteten Gemüter

Nein, niemand schalt Sie – Man verhüllte sich

In ein so lastend feierliches Schweigen.

Ach! hier ist kein gewöhnlich Mißverständnis, keine

Vorübergehende Empfindlichkeit –

Etwas unglücklich, unersetzliches ist

Geschehn – Sonst pflegte mich die Königin

Von Ungarn immer ihre liebe Muhme

Zu nennen, mich beim Abschied zu umarmen.

WALLENSTEIN.

Jetzt unterließ sies?[336]

HERZOGIN ihre Tränen trocknend, nach einer Pause.

Sie umarmte mich,

Doch erst, als ich den Urlaub schon genommen, schon

Der Türe zuging, kam sie auf mich zu,

Schnell, als besänne sie sich erst, und drückte

Mich an den Busen, mehr mit schmerzlicher

Als zärtlicher Bewegung.

WALLENSTEIN ergreift ihre Hand.

Fassen Sie sich! –

Wie wars mit Eggenberg, mit Lichtenstein

Und mit den andern Freunden?

HERZOGIN den Kopf schüttelnd.

Keinen sah ich.

WALLENSTEIN.

Und der hispanische Conte Ambassador,

Der sonst so warm für mich zu sprechen pflegte?

HERZOGIN.

Er hatte keine Zunge mehr für Sie.

WALLENSTEIN.

Die Sonnen also scheinen uns nicht mehr,

Fortan muß eignes Feuer uns erleuchten.

HERZOGIN.

Und wär es? Teurer Herzog, wärs an dem,

Was man am Hofe leise flüstert, sich

Im Lande laut erzählt – was Pater Lamormain

Durch einige Winke –

WALLENSTEIN schnell.

Lamormain! Was sagt der?

HERZOGIN.

Man zeihe Sie verwegner Überschreitung

Der anvertrauten Vollmacht, freventlicher

Verhöhnung höchster, kaiserlicher Befehle.

Die Spanier, der Bayern stolzer Herzog

Stehen auf als Kläger wider Sie –

Ein Ungewitter zieh sich über Ihnen

Zusammen, noch weit drohender als jenes,

Das Sie vordem zu Regenspurg gestürzt.

Man spreche, sagt er – ach! ich kanns nicht sagen.

WALLENSTEIN gespannt.

Nun?

HERZOGIN.

Von einer zweiten –


Sie stockt.


WALLENSTEIN.

Zweiten –

HERZOGIN.

Schimpflichern

– Absetzung.[337]

WALLENSTEIN.

Spricht man?


Heftig bewegt durch das Zimmer gehend.


O! sie zwingen mich, sie stoßen

Gewaltsam, wider meinen Willen, mich hinein.

HERZOGIN sich bittend an ihn schmiegend.

O! wenns noch Zeit ist, mein Gemahl – Wenn es

Mit Unterwerfung, mit Nachgiebigkeit

Kann abgewendet werden – Geben Sie nach –

Gewinnen Sies dem stolzen Herzen ab,

Es ist Ihr Herr und Kaiser, dem Sie weichen.

O! lassen Sie es länger nicht geschehn,

Daß hämische Bosheit Ihre gute Absicht

Durch giftige, verhaßte Deutung schwärze.

Mit Siegeskraft der Wahrheit stehen Sie auf,

Die Lügner, die Verleumder zu beschämen.

Wir haben so der guten Freunde wenig.

Sie wissens! Unser schnelles Glück hat uns

Dem Haß der Menschen bloßgestellt – Was sind wir,

Wenn kaiserliche Huld sich von uns wendet!


Quelle:
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Band 2, München 31962, S. 335-338.
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