Sechster Auftritt


[371] Gräfin Terzky zu den Vorigen.


GRÄFIN pressiert.

Mein Mann schickt her. Es sei die höchste Zeit.

Er soll zur Tafel –


Da jene nicht darauf achten, tritt sie zwischen sie.


Trennt euch!

THEKLA.

O! nicht doch!

Es ist ja kaum ein Augenblick.

GRÄFIN.

Die Zeit vergeht Euch schnell, Prinzessin Nichte.

MAX.

Es eilt nicht, Base.[371]

GRÄFIN.

Fort! Fort! Man vermißt Sie.

Der Vater hat sich zweimal schon erkundigt.

THEKLA.

Ei nun! der Vater!

GRÄFIN.

Das versteht Ihr, Nichte.

THEKLA.

Was soll er überall bei der Gesellschaft?

Es ist sein Umgang nicht, es mögen würdge,

Verdiente Männer sein, er aber ist

Für sie zu jung, taugt nicht in die Gesellschaft.

GRÄFIN.

Ihr möchtet ihn wohl lieber ganz behalten?

THEKLA lebhaft.

Ihr habts getroffen. Das ist meine Meinung.

Ja, laßt ihn ganz hier, laßt den Herren sagen –

GRÄFIN.

Habt Ihr den Kopf verloren, Nichte? – Graf!

Sie wissen die Bedingungen.

MAX.

Ich muß gehorchen, Fräulein. Leben Sie wohl.


Da Thekla sich schnell von ihm wendet.


Was sagen Sie?

THEKLA ohne ihn anzusehen.

Nichts. Gehen Sie.

MAX.

Kann ichs,

Wenn Sie mir zürnen –


Er nähert sich ihr, ihre Augen begegnen sich, sie steht einen Augenblick schweigend, dann wirft sie sich ihm an die Brust, er drückt sie fest an sich.


GRÄFIN.

Weg! Wenn jemand käme!

Ich höre Lärmen – Fremde Stimmen nahen.


Max reißt sich aus ihren Armen und geht, die Gräfin begleitet ihn. Thekla folgt ihm anfangs mit den Augen, geht unruhig durch das Zimmer und bleibt dann in Gedanken versenkt stehen. Eine Gitarre liegt auf dem Tische, sie ergreift sie, und nachdem sie eine Weile schwermütig präludiert hat, fällt sie in den Gesang.


Quelle:
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Band 2, München 31962, S. 371-372.
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