Zwölfter Auftritt


[470] Gräfin. Herzogin. Thekla.


THEKLA will die Herzogin zurückhalten.

O liebe Mutter, bleiben Sie zurück!

HERZOGIN.

Nein, hier ist noch ein schreckliches Geheimnis,

Das mir verhehlt wird – Warum meidet mich

Die Schwester? Warum seh ich sie voll Angst

Umhergetrieben, warum dich voll Schrecken?

Und was bedeuten diese stummen Winke,

Die du verstohlen heimlich mit ihr wechselst?

THEKLA.

Nichts, liebe Mutter!

HERZOGIN.

Schwester, ich wills wissen.

GRÄFIN.

Was hilfts auch, ein Geheimnis draus zu machen!

Läßt sichs verbergen? Früher, später muß

Sies doch vernehmen lernen und ertragen![470]

Nicht Zeit ists jetzt, der Schwäche nachzugeben,

Mut ist uns not und ein gefaßter Geist,

Und in der Stärke müssen wir uns üben.

Drum besser, es entscheidet sich ihr Schicksal

Mit einem Wort – Man hintergeht Euch, Schwester.

Ihr glaubt, der Herzog sei entsetzt – der Herzog

Ist nicht entsetzt – er ist –

THEKLA zur Gräfin gehend.

Wollt Ihr sie töten?

GRÄFIN.

Der Herzog ist –

THEKLA die Arme um die Mutter schlagend.

O standhaft, meine Mutter!

GRÄFIN.

Empört hat sich der Herzog, zu dem Feind

Hat er sich schlagen wollen, die Armee

Hat ihn verlassen, und es ist mißlungen.


Während dieser Worte wankt die Herzogin und fällt ohnmächtig in die Arme ihrer Tochter. Ein großer Saal beim Herzog von Friedland.


Quelle:
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Band 2, München 31962, S. 470-471.
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