Zwanzigster Auftritt


[486] Vorige. Terzky kommt zurück.


TERZKY.

Botschaft von unsern treuen Regimentern.

Ihr Mut sei länger nicht zu bändigen,

Sie flehen um Erlaubnis anzugreifen,

Vom Prager- und vom Mühl-Tor sind sie Herr,

Und wenn du nur die Losung wolltest geben,[486]

So könnten sie den Feind im Rücken fassen,

Ihn in die Stadt einkeilen, in der Enge

Der Straßen leicht ihn überwältigen.

ILLO.

O komm! Laß ihren Eifer nicht erkalten.

Die Buttlerischen halten treu zu uns,

Wir sind die größre Zahl und werfen sie,

Und enden hier in Pilsen die Empörung.

WALLENSTEIN.

Soll diese Stadt zum Schlachtgefilde werden,

Und brüderliche Zwietracht, feueraugig,

Durch ihre Straßen losgelassen toben?

Dem tauben Grimm, der keinen Führer hört,

Soll die Entscheidung übergeben sein?

Hier ist nicht Raum zum Schlagen, nur zum Würgen,

Die losgebundnen Furien der Wut

Ruft keines Herrschers Stimme mehr zurück.

Wohl, es mag sein! Ich hab es lang bedacht,

So mag sichs rasch und blutig denn entladen.


Zu Max gewendet.


Wie ists? Willst du den Gang mit mir versuchen?

Freiheit zu gehen hast du. Stelle dich

Mir gegenüber. Führe sie zum Kampf.

Den Krieg verstehst du, hast bei mir etwas

Gelernt, ich darf des Gegners mich nicht schämen,

Und keinen schönern Tag erlebst du, mir

Die Schule zu bezahlen.

GRÄFIN.

Ist es dahin

Gekommen? Vetter! Vetter! könnt Ihrs tragen?

MAX.

Die Regimenter, die mir anvertraut sind,

Dem Kaiser treu hinwegzuführen, hab ich

Gelobt, dies will ich halten oder sterben.

Mehr fodert keine Pflicht von mir. Ich fechte

Nicht gegen dich, wenn ichs vermeiden kann,

Denn auch dein feindlich Haupt ist mir noch heilig.


Es geschehn zwei Schüsse. Illo und Terzky eilen ans Fenster.


WALLENSTEIN.

Was ist das?

TERZKY.

Er stürzt.[487]

WALLENSTEIN.

Stürzt! Wer?

ILLO.

Die Tiefenbacher taten

Den Schuß.

WALLENSTEIN.

Auf wen?

ILLO.

Auf diesen Neumann, den

Du schicktest –

WALLENSTEIN auffahrend.

Tod und Teufel! So will ich –


Will gehen.


TERZKY.

Dich ihrer blinden Wut entgegenstellen?

HERZOGIN UND GRÄFIN.

Um Gotteswillen nicht!

ILLO.

Jetzt nicht, mein Feldherr.

GRÄFIN.

O halt ihn! halt ihn!

WALLENSTEIN.

Laßt mich!

MAX.

Tu es nicht,

Jetzt nicht. Die blutig rasche Tat hat sie

In Wut gesetzt, erwarte ihre Reue –

WALLENSTEIN.

Hinweg! Zu lange hab ich schon gezaudert.

Das konnten sie sich freventlich erkühnen,

Weil sie mein Angesicht nicht sahn – Sie sollen

Mein Antlitz sehen, meine Stimme hören –

Sind es nicht meine Truppen? Bin ich nicht

Ihr Feldherr und gefürchteter Gebieter?

Laß sehn, ob sie das Antlitz nicht mehr kennen,

Das ihre Sonne war in dunkler Schlacht.

Es braucht der Waffen nicht. Ich zeige mich

Vom Altan dem Rebellenheer und schnell

Bezähmt, gebt acht, kehrt der empörte Sinn

Ins alte Bette des Gehorsams wieder.


Er geht. Ihm folgen Illo, Terzky und Buttler.[488]


Quelle:
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Band 2, München 31962, S. 486-489.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Wallenstein
Lektürehilfen Friedrich Schiller 'Wallenstein'
Wallensteins Lager /Die Piccolomini
Wallensteins Tod.
Wallenstein: Ein dramatisches Gedicht Tübingen 1800
Wallenstein: Ein dramatisches Gedicht (Fischer Klassik)

Buchempfehlung

Stifter, Adalbert

Der Condor / Das Haidedorf

Der Condor / Das Haidedorf

Die ersten beiden literarischen Veröffentlichungen Stifters sind noch voll romantischen Nachklanges. Im »Condor« will die Wienerin Cornelia zwei englischen Wissenschaftlern beweisen wozu Frauen fähig sind, indem sie sie auf einer Fahrt mit dem Ballon »Condor« begleitet - bedauerlicherweise wird sie dabei ohnmächtig. Über das »Haidedorf« schreibt Stifter in einem Brief an seinen Bruder: »Es war meine Mutter und mein Vater, die mir bei der Dichtung dieses Werkes vorschwebten, und alle Liebe, welche nur so treuherzig auf dem Lande, und unter armen Menschen zu finden ist..., alle diese Liebe liegt in der kleinen Erzählung.«

48 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon