Eine harte Probe

[125] Da mich der Frau v. F. niedliches Gesicht hintergangen hatte, suchte ich unter meiner Bekanntschaft, ob ich wohl irgendeinen Ersatz für die unangenehme Stunde fände, und meine Wahl fiel auf die Gräfin T–g.

Sie war höchstens vierundzwanzig Jahre alt, zwischen Brünette und Blondine, hatte eine sehr feine Haut und war fleischig.

Ich forschte in ihren strahlenden Augen, ob ich wohl zurückgewiesen würde, und fand zu meiner freudigen Überraschung, daß ihr mein Forschen nicht entging, ja sogar ihren Beifall hatte. Nur war eine große Frage, wie ankommen. Ihr sechzigjähriger Gemahl bewachte sie nämlich wie ein Argus.

Ich machte verschiedentlich meine Aufwartung, aber nie traf ich sie allein und konnte keinen Augenblick finden, um ihr auch nur ein Wort zu sagen.

Fast gab ich alles auf, denn mein warmes Temperament verlangte Befriedigung, als ein blinder Zufall günstig für mich entschied. Der Herr Graf wurde nämlich krank. Ich wußte nichts davon, war auf der Maskerade und hatte mir vorgenommen, eine liebreiche Maske aufzusuchen.

Plötzlich redete mich ein häßliches Bauernweib an, nahm meine Hand und zeichnete mit ihrem Finger T–g hinein.

Ich verstand es nicht und die Maske führte mich in ein Nebenzimmer, zog dort ihre Larve ab und siehe da, die Gräfin stand vor mir. –

Welche Überraschung![126]

Vor Freude küßte ich sie.

»St! – Mein Gemahl ist krank; wenn Sie glauben, bei einer Dame, welche aus Ihrem bisherigen Betragen geschlossen hat, daß sie Ihnen nicht gleichgültig sei, mehr Vergnügen als hier zu finden, so folgen Sie mir.«

Sie entfernte sich, ohne meine Antwort abzuwarten.

Ich folgte ihr, gab meinen Domino und Maske meinem Bedienten und stieg mit ihr in den Wagen.

Wie wir in ihr Haus kamen, führte sie mich in aller Eile in ein dunkles Zimmer, küßte mich und entfernte sich.

Fast eine Stunde saß ich hier und wäre bald ungeduldig geworden, als die Türe geöffnet wurde. Meine Gräfin erschien und führte mich ins Nebenzimmer.

»Wenn ich Sie aber besserem Vergnügen entzogen hätte?«

Ich schloß beide Arme um ihren Körper.

»Besseres Vergnügen? Einen so weichen schönen Körper in seine Arme zu schließen, einen so rosigen, frischen Mund küssen zu dürfen? Welches Vergnügen könnte dies überwiegen?!«

Ich muß gestehen, wie ich ihren fleischigen Körper so an mich preßte, verfiel ich in einen wahren Taumel, und der heiße Atem der Gräfin war Beweis genug dafür, was in ihr vorging.

Es stand ein niedliches Bett an der Wand: ich nahm die Gräfin bei der Hand, führte sie hin und ihre Hand zitterte; ich setzte sie und sie seufzte. Ich löste ihre Busenschleife und staunte, wie mir zwei Schneebälle von ungewöhnlicher Größe entgegenrollten. Es war, als ob meine Hände in Milchschaum wühlten.[127]

Ich sog an ihren Lippen, ward feurig, sprang auf und riß meine Kleider ab.

»Was wollen Sie? So sicher sind wir nicht!«

Ich hörte nicht, stand da im bloßen Hemde, riß das zögernde Band von ihrem Rock und war im Nu mit meiner fleischigen Göttin unter der Bettdecke.

Es war kein geringes Vergnügen für mich, das versichere ich auf meine Ehre, wie ich so den flaumenweichen Körper an mich drückte. Es war mir neu, so dicke, weiche Schenkel und Hinterbacken zu befühlen, in denen meine Hände fast versanken. Und noch mehr neu war es mir, wie ich nach der Wollustgrotte hinging und Gott; Hymen vor dem Eingang fand.

Die Gräfin schauderte, wie ihn meine Finger berührten, und der Schalk fuhr zurück. Ich streckte mich über ihren weichen Körper hin.

Legt euch auf ein weiches Daunenbett und ihr habt einen Begriff, wie mir zumute war. Wie man in dieses sinkt, so sank ich hier in schaumähnliches Fleisch. Meine Gräfin empfing mich mit einem wollüstigen Seufzer, drückte meinen Mund auf den ihrigen und sog an meiner Zunge, als wollte sie mir sie aus dem Munde ziehen.

Ich leitete meinen Amor zurecht. Gott Hymen machte ihm den Eingang streitig, und erst nach einigen Neckereien ließ er ihn ein.

Noch nie war mein Amor mit so wollüstigen Gefühlen in die Grotte gelangt und noch nie ward er mit so lautem Jubel empfangen. Ich nahm all mein Fassungsvermögen zusammen, um nicht sogleich von meinen Gefühlen überwältigt zu werden, und fand außerordentliches[128] Vergnügen, meine schöne Gräfin zu betrachten. Denn da sie einen ziemlichen Hängebauch hatte, so mußte ich mich, ungeachtet sie sich ziemlich hoch hielt, doch auf die Hände stützen, um die Richtung zu behalten, und also lag sie ganz vor meinen Augen; ich konnte jede Äußerung des steigenden Gefühls bemerken.

Ihr Auge verkleinerte sich mehr und mehr, je mehr sich die Röte ihres Gesichtes erhöhte. Ihr Mund ward halb offen und ihre Zunge in beständiger Bewegung. Ihr Atemholen ward abgebrochener und immer lauter. Ihr Busen war in fortdauernder, manchmal wellenförmiger Bewegung, und bei jedem Nachdruck, den ich gab, zuckte sie und gab ein leises, abgekürztes Ach! von sich.

Jetzt hatte ihr Gefühl den höchsten Grad erreicht; sie verdrehte die Augen, öffnete den Mund, schnappte nach Luft und machte allerhand konvulsivische Bewegungen.

Ich überließ mich nun meinem Gefühle und gab jeder Bewegung mehr Nachdruck.

Es schien in ihr zu kochen. Gewaltsam strömte ihre Quelle. In demselben Augenblick brach auch bei mir der Damm und ein reißender Strom stürzte hervor. Die Gräfin schloß ihre Augen, der Atem blieb aus und ihr Körper sank schlaff unter mir hin, mein Amor verließ die Grotte.

Es war eine wirkliche Ohnmacht, die sich ihrer bemächtigt hatte.

Ich lauschte, bemerkte keinen Atem und mir wurde bange.[129]

Ich suchte im Zimmer frisches Wasser, fand jedoch nichts.

Kein Streicheln, Schütteln, Küssen half. Ich drückte ihre Milchhügel, befühlte die nasse Wollustquelle und fand Hymen in zitternder Bewegung; er allein hatte sein Leben behalten.

Meine Leser können versichert sein, daß meine Verlegenheit aufs höchste stieg.

Endlich – schlug sie die Augen auf.

»Gott! Wo bin ich?«

»In den Armen des feurigsten Liebhabers, gnädigste Gräfin.«

»Ach ja, so feurig, daß es mich das Leben hätte kosten können.«

Sie nahm meinen Amor in ihre weiche Hand.

»Kann der kleine Bösewicht jedesmal mit solcher Kälte ein Feuer zu verzehrendster Glut anblasen?«

Ich küßte sie – und bestieg von neuem mein weiches Lager.

»Wollen Sie die Probe sehen, meine Schöne?«

»Nur mit Feuer und Aktivität, Herr v. H., sonst halte ich es nicht aus.«

Sie faßte meine Hinterbacken, dirigierte die Bewegung und genoß mit mehr Besinnung wie vorhin das entzückende Vergnügen.

Die Gräfin war die wollüstigste Frau, die ich bisher kennengelernt hatte; allein sie war auch die unersättlichste, sie dachte an kein Aufsparen für die Zukunft, im Gegenteil ward ihr jede Zwischenerholung zu lang, und kaum war ihre Wollustschale zum Überfließen angefüllt, so war sie auch schon wieder trocken,und sie suchte alles hervor, um meinen Reiz wieder zu beleben und sie aufs neue zu füllen.

Ich mußte eine harte Probe aushalten. Sechsmal war der Venusbecher geleert und sie reichte ihn zum siebenten Male dar.

Schon die beiden letzten Male waren mir schmacklos gewesen und jetzt –

Ich fand das weiche Fleisch, welches mir anfangs so sehr gefiel, jetzt wie mit Öl übergössen, schwammig und unangenehm, und ihre Ausdünstung war widerlich.

Indessen, was wollte ich tun?!

Wohl oder übel – ich nahm meine Kräfte zusammen und durch beständiges Reiben und Spielen am Köcher meines Amors richtete er sich endlich auf.

»Nun lassen Sie uns keine Zeit verlieren!«

Sie suchte alles Mögliche hervor, um mir ihr immer gleiches Feuer mitzuteilen, doch ohne den geringsten Erfolg.

»Ein so junger Ritter und schon ermüdet?!«

Und damit faßte sie mich fest an und fing mit solcher Hitze an unter mir zu arbeiten, daß sie laut keuchte. Sie drückte mich fest in sich hinein und überschwemmte meinen Amor fast ebenso stark wie beim ersten Male. Jetzt glaubte ich meine Demission zu erhalten.

Sie hielt mich fest.

»Nein, mein Herr, Sie sind mir Rückgabe schuldig; ich habe jetzt allein verloren, dafür verlange ich Ersatz.«

Kaum hatte sie einige Minuten geruht, so hob sie sich wieder.[133]

»Nun, lieber H., ich fühle, daß Sie aufleben, krönen Sie das Werk.«

Ich mußte mir alle Mühe geben, meinen Ekel zu überwinden, und aus halbem Verdruß fing ich mit solchem Ungestüm an zu stoßen, daß ich glaubte, der schwammige Venusberg würde unter mir zerfließen.

Ich fühlte in allen Nerven eine schmerzhafte Erschütterung, sobald der Wollustbecher überfloß. Sie drückte mich fest an sich, um nichts zu verlieren, leerte ihre Wollustschale und linderte dadurch die brennende Empfindung meines Amors.

Ich fand keine Neigung mehr, die schöne fette Gräfin allein zu sprechen.

Quelle:
Gustav Schilling: Die Denkwürdigkeiten des Herrn v. H., Paris 1966, S. 125-131,133-134.
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