1.

Dante

[316] Wes ist das Lied, das mit geweihten Zungen

Des Weltalls Höhn und Tiefen ernst verkündet;

Erst langsam durch des Abgrunds Nacht sich windet,

Der Prüfung Gipfel kühner schon errungen;


Dann, neu gekräftigt, himmelan gedrungen,

Daß Religion und Poesie verbündet

Noch nie so Cherubinen-gleich entzündet

Sich mit den Sphären schwungen und erklungen?


Zugleich der Tempel und des Baues Meister,

Schuf dieß lebend'ge Grabmal seiner Liebe,

Die er, beseligt, Beatrice nannte,


Verbannt hier, Bürger nur im Reich der Geister,

Wo in der Gottheit Schaun die Kraft dem Triebe

Nicht mehr erliegen muß, der große Dante.

Quelle:
August Wilhelm von Schlegel: Sämtliche Werke Band 1, Leipzig 1846, S. 316.
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Poesie der Welt: Renaissance Sonette