Der achte Auftritt.


[357] Cathrine, Juliane, Nicander.


JULIANE. Seyd ihr noch hier? Cathrine.

NICANDER. Cathrine, deine Frau will dich in Schutz nehmen. Sie will dich ihrem Manne zum Trutz behalten.

JULIANE. Ach! nein! was werde ich thun können. Er wird alles nur ärger machen.

NICANDER. Haben sie die edlen Entschliessungen schon vergessen, die sie den Augenblick faßten?

JULIANE. Wenn Agenor durch meine Zärtlichkeit nicht zu erweichen ist: so wird mein Trutz ihn noch mehr verhärten.

NICANDER. Also ergeben sie sich nur in ihr Schicksal. Ihr Mann wird sie schon wieder mit einer Person versorgen, die ihnen noch dazu manchen guten Rath geben wird. Denken sie, was für eine weise Aufseherin er ihnen zugedacht hat, und ob es der Mühe werth ist, Cathrinen dafür zu behalten.

JULIANE. Ich bitte euch, Cathrine, seht, wie ihr es macht, daß ihr mich nicht verlassen dürft.

NICANDER. Wenn ja ihr Mann von seinem Vorsatze nicht ablassen will. Könnte man ihnen nicht ein andres Mägdchen geben, das Cathrinen an Treue nichts nachgäbe. Wollen sie mir erlauben, mich mit Cathrinen darüber zu berathschlagen.

JULIANE. Thun sie, was sie wollen, ich bin zu nichts geschickt.

NICANDER. Komm hierher, Cathrine. Könnte man nicht deinen guten Freund, Philinte, in eine Frauensperson verkleiden, und zu ihrem Kammermägdchen machen? Er hat ein so hübsches Gesichtchen, daß ich glaube, der größte Kenner sollte ihn unter dem Frauenzimmer verlieren.

CATHRINE. Was? was? was? Sind sie närrisch. Ach! wenn sie gehört hätten, gnädige Frau, was der gottlose Mensch für Anschläge giebt Pfuy! gehen sie mit ihrem guten Rathe.

NICANDER. Nun! nun! verstelle dich nur nicht, Cathrine. Ich merke bald, daß ich es getroffen habe, weil du dich so ungeberdig stellest.

CATHRINE. Vor allen Dingen, Herr Nicander. Darf ich sie bitten, das bischen Aufrichtigkeit, das sie etwa noch in ihrem ganzen Leibe haben, zusammen zu nehmen, und mir zu sagen, ob sie von unsern Freunden, oder meines Herrn sein Spion sind.

NICANDER. Ich kann versichern, ich bin so sehr Philintens sein Freund, daß ich für ihn, für deine Frau, für dich, und für alles, was er liebt, ins Feuer gehen wollte.

CATHRINE. Können sie das wohl – – – Ja so, Leute, wie sie, machen[358] sich nichts aus dem Schweren. Wie soll ich es nun anfangen, daß ich ihnen trauen kann.

NICANDER. Du sollst mir auf mein Wort glauben.

CATHRINE. Ich bitte sie nur, uns weiter keinen Schaden zu thun. Hülfe wird man von ihnen nicht erwarten können. Sorgen sie nichts, gnädige Frau. Machen sie sich meinetwegen gar keine Ungelegenheit. Sagen sie lieber, daß ihnen nichts an mir liegt. Ich will sehen, ob ich meiner wenigen Person allein durchhelfen kann. Und wenn ich zu einem Fenster hinaus geworfen werde: so giebt es zur Noth ein andres, durch das ich wieder herein kommen kann.

NICANDER. Das heißt ein Mägdchen, das Herz hat.

CATHRINE. Bey einem Haare hätte ich es vergessen, daß hier ein fremdes Frauenzimmer ist, das ihnen einen Besuch geben will. Sie ist Philintens seine Schwester, und erst angekommen.

JULIANE. Wie? soll ich itzo Besuch annehmen.

NICANDER. Augenblicklich sind sie dazu nicht im Stande, gnädige Frau. Befehlen sie, daß ich sie unterdessen unterhalte?

CATHRINE. Thun sie es nur. Thun sie es. Sie ist im Zimmer hier darneben. Ich will es ihnen sagen, wenn sie sie hereinführen sollen. Kommen sie, gnädige Frau. Suchen sie sich unterdessen zu erholen, so gut sie können.


Ende des vierten Aufzuges.


Quelle:
Johann Elias Schlegel: Ausgewählte Werke. Weimar 1963, S. 357-359.
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