Das 59. Capitel.
Wenn eine Weibs-Person den Ohren-Zwang hat / soll sie ein paar Manns-Hosen um den Kopff wickeln /und schwitzen.

[281] Eine herrliche Cur, woraus zu sehen, wie kräfftig ein paar Manns-Hosen seyn müssen! Wunderlich aber ist es / daß dieses Mittel denen Manns-Personen nicht auch selbst hilfft, sondern nur denen Weibs Personen? Woraus ich vermuthe, daß daß Vertrauen und grosse Liebe zur Sache das beste thun mag. Denn das weibliche Geschlecht hält zu weilen viel von dem Manns-Volck. Wie ich mich denn hierbey eines Gemähldes erinnere, welches ich ohnlängst bey einem Freunde gesehen habe, das war ein Bild, wie eine Magd, diese hatte in der einen Hand etwas zusammen gewickeltes, welches man so genau nicht sehen kunte, was es seyn solte, mit der andern Hand kratzte sie sich hinter dem Ohr; unter dem Gemählde war die Erklärung in folgenden Reimen beschrieben:


Es fand ein Magd einen Hosen-Latz,

Sie dacht, es wär ein grosser Schatz,

Als sie ihn nun recht wolt beschauen,

Thät sie sich hindern Ohren krauen.

Sie sprach: Ach du gar liebes Nest,

Hätt ich den Vogel, der drinn gewest,

Der solte mir viel nützer werden,

Denn alle Hosen-Lätz auf Erden.


Woraus ja sattsam abzunehmen ist, warum es denen guten Leuten zu thun sey, nehmlich, nicht um das Nest, sondern um den Vogel, und müssen also die Hosen ihre Hülffe leisten / als wie der Mönche ihre Kutten im Pabstthum. Mancher möchte[282] zwar vermeinen, ob geschehe die Hülffe nicht eben von denen Hosen, und könnte auch wohl etwas anders, an statt der Hosen, um den Kopff gewickelt, und solcher dadurch erwärmet werden / daß sich der Schmertz und das Reiffen in Ohren zertheilen müste; aber nein, es müssen Hosen seyn. Denn man bedencke nur, wie mancherley kräfftige Dünste in manches seinen Hosen verborgen stecken, welche / wenn sie warm werden, herfür und in der Patientin Nasen- und Ohren-Löcher eindringen, und die scharffen Flüsse corrigiren. Auch können die Manns-Hosen so viel gute Gedancken bey dem Frauenzimmer erregen / daß sie aller Schmertzen darüber vergessen; derowegen mag ich sie nicht in ihrer Andacht stören, noch ihnen dißfalls widersprechen / sie möchten mir noch feinder werden, als sie ohne dem schon sind.


Ach kräfftige Hosen!

Ihr riechet wie Rosen,

Ihr stecket voll Künste,

Und köstlicher Dünste,

Ihr stärcket die Krancken,

Bringt gute Gedancken

Von Männern u. Knaben,

Wer wolt sich nicht labē?

Wenn wir euch umhüllen,

So können wir stillen

Den Schmertzen in Ohrē,

Und was uns geschören,

Die aber gar schmecket,

Was in euch gestecket,

Die kan erst recht sagen

Von köstlichen Tagen,

Und wird es hoch preisen,

Als niedliche Speisen.

Quelle:
Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken- Philosophie. 2 Bände, Chemnitz 1718 (Bd. 1), 1722 (Bd. 2), [Nachdruck Weinheim; Deerfield Beach, Florida 1987]., S. 281-283.
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