Das 10. Capitel.
Wer einen Enten-Schnabel in seinen Hosen-Saum nehet / dem muß das Frauenzimmer gut seyn.

[278] Ey hader / ey hader! welch ein Ding hat unser Bader? hatte jene Magd gesagt: Ob diese nun die Leder-Feile, worauf die Bader ihre Scheermesser zu streichen pflegen, gesehen oder gefühlet, und nicht gewust hat, was es vor ein[278] Ding sey, kan ich so eigentlich nicht erfahren, wiewohl ich mich auch darum unbekümmert lasse. Dieses fällt mir aber um deßwillen bey, weil ich hier einen sehr lächerlichen Punct zu untersuchen, und zu striegeln habe, wie sich nehmlich mancher Hasen-Zwirn durch einen in den Hosensaum geneheten Entenschnabel gedencket beliebt beym Frauenzimmer zu machen. Bey welchen närrischen Unternehmen auch gar leicht geschehen könnte, daß bey Fühlung solches Schnabels eine in solchen Worten heraus bräche, als wie oben angeführte Magd gethan. Es ist sicherlich dieser Punct so etwas närrisches und lächerliches, daß ich solches nicht besser, als mit lächerlichen Gespötte zu beantworten vor dienlich achte. Denn gleichwie auf einen lustigen Tantz-Platz ein sauertöpffiger Kerl sich gar nicht schicken würde; also will sichs auch nicht wohl schicken, daß ich diesen spöttischen Aber glauben mit einer spanischen oder gar zu ernsthafften Striegel überfahren wolte. Mein! was mag sich doch wohl mancher Hasenkopff, der in seinen Hosensaum einen Entenschnabel, um dadurch dem Frauenzimmer gefällig zu werden, eingenehet hat, vor Gedancken und speculationes machen? wie und auf welche Weise doch wohl ein solcher Entenschnabel also operire, und warum er also würcken möge? Ich zweifle nicht mancher wird gedencken / es sey ein sonderliches Geheimniß darunter verborgen, wenn allhier in Sachsen-Lande die Enten gewöhnlich geruffen werden: bey, bey, bey, bey Entel bey! auf welches Ruffen[279] denn die Enten gemeiniglich ihre Schnäbel aufsperren und gleichsam antworten, wie ihnen die Natur an die Hand giebt, oder wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Das offt wiederholte Wort, bey, oder herbey, erwecket ohne Zweifel bey denen verliebten Latten-Läuffern die Meynung, als ob sie durch den Entenschnabel eben auch die Eigenschafft derer Enten bekämen, und von dem Weibes-Volck hernach auch, als wie die Enten, bey, bey oder herbey geruffen würden. Das lasse ich zwar an seinen Ort gestellet seyn. Ich weiß aber wohl, daß die Enten nicht an allen Orten also geruffen, oder Bey-Enten genennet werden; sondern es werden an vielen Oertern diese auch Bil-Enten genennet, und geruffen: bil, bil, bil etc. Hierüber nun viel Auslegung zu machen, erachte vor unnöthig zu seyn. Beobachte ich aber die dritte Benennung derer Enten, so hat es das Ansehen, als ob die Ziegeuner solchen Nahmen aus Egypten in unser Teutschland gebracht hätten / wenn man sie nehmlich von dem Egyptischen Flusse, dem Nilo, her ruffet, und daher Nil-Enten benahmet. Letzlich fällt mir auch ein / wie einsmahls ein Bauer gesagt haben solle, daß es sehr vielerley Enten gäbe, aber seine Tochter hätte unter allen die Stut-Enten am allerliebsten. Bey so gestallten Sachen nun ist kein Wunder, daß mancher eine verborgene Krafft dem Entenschnabel andichtet, dem Frauenzimmer damit zu gefallen, wenn die Enten dem Weibs-Volck zum theil so angenehm sind. Ich will hier nicht[280] anführen, wie sich mancher geiler Huren-Hengst bemühet, zu gewisser Zeit, einem Enterich die über dem Schwantze stehende und aufwarts gelegene krumme Feder auszurauffen und derselben theilhafftig zu werden; und erinnere ich mich noch eines solchen liederlichen Kerls, welcher einen Ducaten vor eine solche Feder zu geben versprach. Da ich denn nicht zweiffelte / es bestehe die Krafft solcher Feder auch nur in der blossen Einbildung eines geilen Huren-Hengsts, sintemahl natürlicher Weise solche so wenig, als der Schnabel effectuiren kan. Wenn ein Schnabel von einer Enten soll so grosse Krafft haben, so wird vermuthlich ein Storch-Schnabel noch viel kräfftiger seyn; aber was sagt hierzu theils Frauenzimmer?


Ach nein, ach nein, bey leibe nein,

Storchschnabel möcht zu spitzig seyn,

Der Entenschnabel kulbig-rund

Ist allen lieb und auch gesund.

Drum sind es angenehme Chosen,

Wenn wir ihn wissen in den Hosen.

Quelle:
Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken- Philosophie. 2 Bände, Chemnitz 1718 (Bd. 1), 1722 (Bd. 2), [Nachdruck Weinheim; Deerfield Beach, Florida 1987]., S. 278-281.
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