Das 6. Capitel.
Wenn eine Braut getrauet wird / und regnet unterwegens / so hat sie gewiß geweinet; scheinet aber die Sonne / so hat sie gelacht.

[270] Weil der Autor der Philosophiæ Colus, die Anno 1662. zu Arnstattgedruckt worden, eben über diesen Punct nicht uneben Canon. LXXXIV. glossiret; so trage ich kein Bedencken, (ob ich schon dergleichen noch nirgends gethan) seiner Worte mich hier zu bedienen, auch es dabey bewenden zu lassen. Es lauten aber solche also: Freylich, daß die Tropffen vom Himmel fallen: denn kein unerhörtes ist es, daß der Regen solte ein Weinen genennet werden. Sintemahl ein andächtiger Poet saget: Quod Deus cœlum solvat in lacrymas propter peccata nostra. Im Gegenspiel sagen sie: daß die Braut gelachet habe; so die Sonne scheinet: (ridet Apollo.) Hierauf philosophiren die armen Schöpse immer drauf, daß es raucht: Hoho, die Jungfer Braut hat gewiß geweinet, weil es regnet; & contra. Aber wovon solte sich denn das Weinen und das Regnen her causiren? kömmt etwan, daß, wenn die Braut mildiglich weinet, die Sonne solche Zähren in die Höhe zeucht, und bald wiederum herunter resolviret fallen lässet? Nach dem: Wie du kömmest, so gehest du. Siehe, also stammete der Regen von den Bräuten her / und wäre also zu folgern / wenn es viel und offte regnete / daß alsdenn viel Hochzeiten gewesen wären, da die Bräute geweinet: Ach das wäre ein gut Thun um dieselbige Zeit, da es dürre ist, und nicht regnen will. Traun gienge das Ding an, so solte man alsdenn freyen lassen, was freyen wolte: Ja man solte zugeben, daß ein Mann zwey oder drey Weiber (nicht aber ein Weib etliche[271] Männer, denn ihrentwegen regnet es nicht, wenn sie auch schreyen und heuleten wie Schafs-Hunde) nähme; daß es nur fein dichte oder häuffig regnete: Ja, so es noch nicht bald angehen solte, so möchte auch ein Bräutigam drüber her seyn /und zu prügeln seine Stutte, daß sie immer vor Grausen vergehen dürffte: Was gilts, es würde Wasser geben: Hinwieder, wenn es zu viel regnete, so könnte man es auch bald ändern: Nehmlich, es müste der Bräutigam seine Liebste immer kützeln, damit sie lachete, daß das Braut-Bette wackelte: was gilts, es würde die Sonne scheinen? Höret dieses ihr Neogami! wollet ihr also, daß es regnen soll, so nehmet einen Stock, und zuschlaget eure Nymphen, daß beyde Wangen voll Thränen schwimmen, und stecket hernach den Stecken hinter das Hochzeit-Bette in Winckel, und lauffet auf die Gassen herum schreyende als ein Zahnbrecher: Baculus stat in angulo, ergo cras pluet! etc. So weit ermeldter Autor. Woraus das Frauenzimmer sattsam wird ersehen können, daß ich, ob ich gleich keiner politischen Complimenten gewohnet / dennoch ein wenig mitleidiger in allen Puncten mich gegen sie aufführe, als wohl andere vor mir gethan haben, und noch thun dürfften. Von diesem Puncte aber sey es hiermit genung.

Quelle:
Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken- Philosophie. 2 Bände, Chemnitz 1718 (Bd. 1), 1722 (Bd. 2), [Nachdruck Weinheim; Deerfield Beach, Florida 1987]., S. 270-272.
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