Das 69. Capitel.
Vor den Tollen-Hunde-Biß soll man ein Zettelgen aufbinden / worauf die Worte geschrieben sind: [396] Hax, Pax, Max, Deus, Adimax.

Dieses Hax, Pax etc. ist nicht anders, als des Teufels sein Hoccus poccus, damit er und seine Diener denen Leuten ein Blendwerck machen, an sich selbst aber hat es nicht mehr Krafft, als ob es hieß: Ars, Lex, Mulier, foeminina sunt, wiewohl in diesen Worten doch noch ein Verstand wäre, in jenen aber nicht. Zwar hat es das Ansehen, ob habe der Erfinder dieser Gauckel-Possen[396] ein sonderlich Absehen mit solchen Wörtern, die sich mit dem Buchstaben x enden, weil dieser Buchstabe ein Creutz formiret: Allein, zu geschweigen, daß der zehende Practicus dieser Bärenhäuter-Kunst hierauf nicht sinnet, und gleichwohl ohne des Menschen Vertrauen, Glauben und Begierde, wie auch von der Sachen rechte Wissenschaft zu haben, ein signum vor das andere keine Krafft kriegen kan, eben das zu würcken, was das andere hätte würcken sollen; also kan auch das würckliche Creutz-Zeichen, welches ebenfalls zuweilen von solchen Haasen-Cantzlern zwischen die Wörter oder Sylben ihrer Zauberschriftt gemahlet wird, nicht einen Pfifferling helffen. Wenn der lateinische Buchstabe X so viel, als ein Creutz, würcket, und das Creutz vertreibet die Hexen; warum haben denn die HeXen das Creutz in der Mitten? Was demnach solche Narren-Possen wider den Tollen-Hundes-Biß würcken können, kan ein verständiger Mensch sich leichte einbilden. Ist es ja irgend einmahl geschehen, daß einer, der von einem tollen Hunde ist gebissen worden, nach dem Gebrauch dieser Gauckeley ist genesen / so stehets dahin, ob der Biß eben so gefährlich gewesen sey, daß er einiger Cur bedurfft habe? Uber diß hat man auch wohl nebst diesen auch natürliche heilsame Artzneyen gebraucht, die dem Ubel gesteuert haben / und ist hernach der Gauckeley und Narren-Schrifft die Hülffe beygeleget worden. Wer aber ein redlicher Christ ist, der wird sich für solchen abgöttischen Wesen zu hüten wissen.

Quelle:
Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken- Philosophie. 2 Bände, Chemnitz 1718 (Bd. 1), 1722 (Bd. 2), [Nachdruck Weinheim; Deerfield Beach, Florida 1987]., S. 396-397.
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