Das 26. Capitel.
Wenn man einen Schwerdt-Pfennig am Weyynacht H. Abend in den Stamm eines Obst Baumes schlägt / so trägt er dasselbige Jahr gewiß Früchte.

[270] Die so genannte Schwerdt-Pfennige / (Chur-Sächßische Pfennige) müssen sich wohl wunderlich leiden / und zu allerhand abergläubischen Gauckeleyen gebrauchen lassen / da sie doch auf keine einige Weise den allergeringsten Vorzug in solchen Würckungen für andern Pfennigen haben können. Bald will eine Magd durch einen Schwerdt-Pfennig erforschen / was sie werde vor einen Mann kriegen / wie oben im 17. Capitel zu sehen. Bald werden sie zum Schatzgraben angewendet / bald wieder zu etwas anders. Und wenn man es beym Lichte besiehet / ist alles lauter Narrheit und Betrügerey. Besonders aber wird nach ietzt unter der Striegel habenden Bauer-Regel[270] der Schwerdt-Pfennig gantz unvernünfftig angewandt / wenn einige Narren die unfruchtbaren Bäume damit fruchtbar machen wollen / womit man aber dem Geber aller Güter / dem lieben GOtt / sicherlich grosse Unehre erweiset. Denn ein vernünfftiger Christen Mensch soll und muß ja wissen / daß alle Gaben / sie mögen seyn geistlich oder leiblich /von GOtt gegeben / und als Gnaden Gaben uns mitgetheilet werden / alle Früchte der Bäume und der Erden schaffet GOtt uns umsonst / und dennoch giebt es gottlose Narren / die die Früchte mit Gewalt aus den Bäumen zwingen wollen / wenn gleich es bey GOtt noch nicht Zeit ist / daß er Früchte gebe; o Thorheit über alle Thorheit! ich möchte wohl gar sagen: Tollheit! was ist denn ein Schwerdt-Pfennig mehr als ein rundes silbernes und mit vielem Kupffer vermischtes Blechlein / welches nimmermehr so kräfftig werden kan / nur einen einigen Apffel / geschweige viele / zu wege zu bringen / denn es streitet wider die Vernunfft / als auch wider die Natur. Feuchtigkeit kan es dem Baum nicht geben weil der Pfennig selbst keine hat. Weil man nun wohl siehet / daß die abergläubische Rotte das Absehen nicht so wohl auf die Materie des Pfennigs / als vielmehr auf das Gepräge desselben hat / sonst würden[271] sie einen Pfennig so gut / als den andern hierzu æstimiren / so wills rathsam seyn / daß ich die Figur oder das Gepräge examinire / und sehe, was darinnen vor besondere Kräffte liegen? unter allem aber sticht denen abergläubischen Gecken nichts mehr in die Augen / als die zwey über einander liegenden Schwerdter / weil sie Creutz-weiß liegen. Allein / ihre Thorheit ist allzu groß / da sie nicht unterscheiden können / ein Bild / und das Original, denn ob gleich auf dem Pfennig zwey Creutz-weiß über einander liegende Schwerdter abgebildet sind /so sind es doch keine würckliche Schwerdter; und ob es auch würckliche Schwerdter wären / so würden sie doch nicht helffen / einen Baum fruchtbar zu machen /wenn er nicht ohne dem Früchte zu bringen geschickt wär. Also ist abermahl ein Aberglaube aufgedeckt worden.

Quelle:
Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken- Philosophie. Band 2, Chemnitz 1722 [Nachdruck Weinheim; Deerfield Beach, Florida 1987]., S. 270-272.
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