Das 50. Capitel.
Wenn in einem Hause eine Feuers-Brunst entstehet /soll man den Backtrog heraus schleiffen / wo man diesen hinschleifft / da schlägt die Feuerflamme auch hin.

[320] Ob dieses ein schlechter Aberglaube / oder gar eine völlige Zauberey sey / das will ich ietzt nicht ausmachen. Mir ist bewust / daß bey entstandenen Feuersbrünsten diese Gauckeley practiciret worden ist / aber mit was vor effect, das habe selbst nicht gesehen / und so es ein und andere mahl einen effect erwiesen haben solte / so wird es ohne mehrern Mißbrauch ein und anderer beygefügten Worte wohl nicht geschehen seyn, welches dann / wenn es also geschehen / ein unstreitiges Zauberstück wär. Ich erinnere mich / daß wegen practicirung dieses Stückleins an einem gewissen Orte ein Bauer Kerl in eine harte Inquisition verfallen ist / da es so weit gekommen / daß ihm der Staupbesen zuerkannt worden / welchen er auch gewiß würde bekommen haben / wenn ihn nicht ein Advocate / welcher zugleich ein guter Physicus gewesen / noch davon befreyet hätte. Unterdessen hats dem armen Bauer bey nahe sein gantzes Vermögen gekostet / und hat dennoch[321] noch 3. jährige Landes-Verwei sung zur Straffe erhalten. Wie wohl ich nun zwar das harte Urtheil wider diesen Bauer nicht tadeln kan /weil mir nicht alle accidentia bekannt sind / so kan ich doch nicht glauben / daß es nur auf dieses einfältige Vornehmen / da der Bauer / wie mir erzehlet worden / sich auf das hören sagen beruffen wollen / als ob er dieses Kunststücklein einst erzehlen hören / und in entstandener Feuersbrunst probiren wollen / so hätte gesprochen werden können; sintemahl bey solcher Bewandniß gantze Dörffer voll Bauern in dergleichen Inquisition verfallen würden; weil bekannt ist / daß manche Bauern sich weder niederlegen noch aufstehen / weder anziehen noch ausziehen / weder aus dem Hause noch ins Hauß ohne practicirung gewisser Aberglauben gehen können / und würde also des inquirirens kein Ende werden. Doch muß ich auch frey bekennen / daß ein besseres Einsehen wider solche viele Aberglauben höchst nöthig wäre / weil doch gleichwohl mit allen diesen Beginnen Zauberey-Sünde begangen wird. Auf daß ich aber recht darhinter möchte kommen / ob dieser ietzt unter meiner Striegel habende Punct irgend natürlich in der Physica gegründet sey / so habe ich ohnlängst eine Probe machen lassen / und zwar also: als mein Nachbar[322] seine Bierfässer ließ pichen / ließ ich aus curiosität einen Backtrog vorbey tragen / und das hohle Theil (denn also sagen die Abergläubischen / müste es seyn) gegen die aus dem Fasse schlagende Flamme halten / ich kan aber mit Wahrheit sagen / daß ich in geringsten nichts mercken können / daß die Flamme nach den Backtroge sich gelenckt hätte. Wenn nun die Sache natürlich wär / so müste folgen / daß alles Feuer sich nach der Höhle des Backtroges lencken würde / da aber dieses nach gemachter Probe nicht geschicht / so ist leicht zu erachten / daß entweder zauberhafftige Worte dabey gebraucht werden / welche verdammlich sind / oder es ist die gantze Gauckeley ein aberglaubig Narren-Spiel.

Quelle:
Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken- Philosophie. Band 2, Chemnitz 1722 [Nachdruck Weinheim; Deerfield Beach, Florida 1987]., S. 320-323.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Die gestriegelte Rocken-Philosophie
Die gestriegelte Rocken-Philosophie
Die gestriegelte Rocken - Philosophie