Vorrede.

Festina lente!

Man muß in keinem Stück sich leichtlich übereilen;

Eil schadet öffters mehr, als klügliches Verweilen.


Geneigter Leser!

Das hier angeführte lateinische Dicterium mögen sich, meines Erachtens, die bey den Gebrüder Hn. See-Capitains Horn, so wohl Sen. als Jun. zur Parole, Loosungs-Worte, Feldgeschrey, wie man die Sache etwa zu nennen pflegt, oder wohl gar zu ihrem Haupt-Symbolo und Gedenck-Spruche, ehe sie noch am 4. Jul. des 1735ten Jahres von Amsterdam aus durch den Texel abgelauffen, erwehlet haben.

Ich meines Orts verdencke die beyden Herrn Brüder dieserwegen gar im geringsten nicht, denn sie konten damahls mit Freuden ausruffen:


Acti labores jucundi!


Nach glücklich wohl vollbrachten Sachen,

Kan man sich gute Stunden machen.


Sie haben es auch redlich gethan, so wie man in nachfolgenden Blättern von ihnen lesen kan. Wie lange sich aber der Capitain Horn. Jun. auf seiner Zurück-Reise von Felsenburg, und absonderlich bey dem Gouverneur zu St. Jago verweilet, kan ich eben so genau nicht sagen, weilen derselbe niemahls so treu und offenhertzig gegen mich gewesen, als ehedem sein Bruder, der Capitain Horn Sen.

Jedoch, wie ich aus gewissen Umständen vermuthen können, so mag der Aufenthalt bey seiner Braut ohngefähr ein halbes Jahr lang, auch wohl etwas drüber gewesen seyn; indem er sich bey derselben lieber verweilen, als übereilen wollen.

Dieses Vergnügen mißgönne ich ihm gantz und gar nicht, mir aber hat er damit und solchergestalt von Zeit zu Zeit öfftern nicht geringen Verdruß verursacht, indem ich schon seit 3. biß 4. Jahren daher mit mehr als 100. Briefen, um die Fortsetzung der Felsenburgischen Geschichte heraus zu schaffen, bombardiret worden; der mündlichen Attaqen zu geschweigen. Ja, ich habe mich so gar immer befürchten müssen,daß allzu ungedultigen Neubegierigen mir die Fenster einwerffen, oder gar das Haus stürmen möchten, wenn ich länger damit zurück hielte; zumahlen, da zum öfftern ein falsches Gerüchte ausgesprengt worden, als ob der Capitain Horn bereits angekommen wäre, mithin es nur an meiner Caprice, Bequemlichkeit oder resp. Faulheit läge, diejenigen, denen etwas daran gelegen, zu vergnügen.

Wie nun aber ich in diesem Stücke meine Unschuld gantz besonders erweißlich zu machen, im Stande bin, so versichere dabey, daß mir des Capitain Horns überlanges Aussenbleiben zum öfftern selbst die Galle dergestalt in den Magen getrieben, so daß ich dem Apothecker vor Absorbentia, Præcipitantia und andere Hudeleyen, womit ich mich sonsten sehr gern verschont sehen mag, manchen schönen Batzen zuwenden müssen.

Nun er aber da ist, habe ich ihm Seiten meiner, seine Fehler vergeben, wie er denn mir die meinigen auch vergeben, anbey vor meine Mühe und Reise-Kosten so viel zurück gelassen, daß ich gantz wohl damit zufrieden seyn kan.

Demnach hoffe, es werden meine resp. Geehrtesten Leser auch vor diesesmahl mit mir zufrieden seyn, und diesen vierdten und letzten Theil der Felsenburgischen Geschichte so gütig und geneigt, als die 3. vorhergegangenen auf und annehmen. Wenn mein Stilus von einem oder dem andern nicht so rein, lauter und fliessend erachtet werden solte, wie es heutiges Tages die Mode mit sich bringt, ersuche dienstfreundlich, mir vor diesesmahl in die Gelegenheit zu sehen, weilen viele beschwerliche Reisen, Unpäßlichkeiten und sonsten andere Sorten vom Verdrusse, die eilende Feder zuweilen irrig gemacht. Unterdessen hoffe doch in der Haupt-Sache ein völliges Genügen geleistet zu haben, worbey verspreche, das, was etwa versehen seyn möchte, so GOtt Leben und Gesundheit verleihet, in den andern Herausgaben zu verbessern. Unterdessen, da seit 2. biß 3. Jahr daher so wohl an den Herausgeber, als Verleger verschiedene Briefe, auch so gar von weit entferneten Orten eingelauffen, welche nicht selten ein starckes Porto verursachet; als werden die Herrn Patroni und Gönner der Felsenburger respective dienstfreundlich ersuchet, in Zukunfft Dero Briefe franco einzusenden. Wormit mich zu geneigtem Wohlwollen empfehle und beharre,


Geneigter Leser,

Dein

Raptim

an der Wilde

den 2. Dec. 1742.


Dienstergebenster

Gisander.

Quelle:
Johann Gottfried Schnabel: Wunderliche Fata einiger Seefahrer absonderlich Alberti Julii, [...], Vier Theile, Teil 4, Nordhausen 1743.
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